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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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ten hat, "och zumuthet, sich um ein Geschäft, welches so viel Detailkenntnisse ver¬
langt, um die Vcrproviantirung der Armee zu bekümmern. Wenn dieser Mangel
an harmonischem Ineinandergreifen der verschiedenen Behörden, an raschem Ent¬
schluß und raschem Handeln im Frieden vorkommt, wie .schlimm muß es dann erst
im Kriege werden! Ueber die Nothwendigkeit einer Abänderung ist man so ziem¬
lich einig, nur bezweifeln einige, ob es jetzt grade Zeit sei, die alte, obgleich
schlechte Maschinerie durch eine neue zu ersetzen, die zwar besser sein könnte, deren
einzelne Stücke aber erst miteinander arbeiten lernen müssen. Lord Grey brachte
die Frage vorige Woche im Oberhause in Anregung, und in der Presse wird sie
lebhaft besprochen. Die Times ist für die Ernennung eines eigentlichen Kriegs¬
ministers, der in gegenwärtigem Falle nicht blos die Organisation der Armee, son¬
dern auch die politische Leitung der KricgSopcrationen, wie einst Lord Chatham,
unter sich haben müßte. In diesem Falle würde Lord Aberdeen freilich nicht
Premier bleiben. --


An den großherzoglich oldenburgischen Herrn Staatsminister Freiherr" v. Berg
in Oldenburg. --

Ew. Hochwohlgeboren kann das Mißliche des Weges nicht entgangen sein,
welchen Oldenburg, mit Verlassung des früheren, seit einigen Jahren mehr und
mehr in der Bcntinckschen Sache eingeschlagen hat. Schreiber dieses'(der, um
sich bequemer mittheilen zu können, sich zwar nicht unterzeichnet, sich deshalb aber
durchaus nicht verstecken will), glaubt nicht zu irren, wenn er annimmt, daß Sie
am längsten nnter Ihren Herrn College" an dem von Ihrem seligen Herrn Vater
s^der noch ein Jurist aus der Ncichszcit und ein Kenner des RcichSrechteö war^*)
für Oldenburg eingeschlagenen Wege festgehalten haben.

Indem die-Negierung des hochseligen Großherzogs von Oldenburg
den factischen Besitzer von Kniphausen bis auf weiteres, d. h. bis zu rechtlich aus¬
gemachter Sache in dem Besitze ließ, worin sie ihn bei dem Tode seines Vaters
vorfand, handelte sie weder willkürlich noch parteiisch, sondern folgte nur der Recht'S-
ansicht, welche sie später in den BnndcstagSprotocvllen niedergelegt hat, .nachdem
dieselben auch durch d,le'Entscheidungsgründe des Jenaer Urtheils (deren Verfasser
gleichfalls "och el" Jurist aus der Ncichszeit) ,gerechtfertigt und bekräftigt wor¬
den war. '

Der Bnndcsbcschluß vom 12. Juni -I8is war eine Ungehörigkeit, welche die
Sache verwickelt hat, aber auf den Ausfall des Rechtsstreites keinen Einfluß haben
kann. Sollte, wie freilich bis jetzt mir die Anhänger der einen der proccssircnden
Parteien auszusprengen scheinen, das großherzoglichc Ministerium beabsichtigen,
denselben auel in Oldenburg zu publiciren, so kann dies dem beklagten Grafen
Bcntinck durchaus keinen Nachtheil bringen, denn, wenn jener Beschluß auch erst auf
ihn Anwendung finden würde, nachdem er rechtskräftig für ein Mitglied, und dann



*) Derselbe war Professor, der Rechte in Göttingen, trat dann in oldcnbnrgschc Dienste,
vertrat Oldenburg auf dem Wiener Kongreß, dann mit Auszeichnung am Bundestage die
-16. Stimme (Oldenburg, Anhalt und Schwarzburg) und war znlcht bis an seinen Tod her¬
zoglich und großherzoglich vldenburgscher Staate-minister.
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ten hat, »och zumuthet, sich um ein Geschäft, welches so viel Detailkenntnisse ver¬
langt, um die Vcrproviantirung der Armee zu bekümmern. Wenn dieser Mangel
an harmonischem Ineinandergreifen der verschiedenen Behörden, an raschem Ent¬
schluß und raschem Handeln im Frieden vorkommt, wie .schlimm muß es dann erst
im Kriege werden! Ueber die Nothwendigkeit einer Abänderung ist man so ziem¬
lich einig, nur bezweifeln einige, ob es jetzt grade Zeit sei, die alte, obgleich
schlechte Maschinerie durch eine neue zu ersetzen, die zwar besser sein könnte, deren
einzelne Stücke aber erst miteinander arbeiten lernen müssen. Lord Grey brachte
die Frage vorige Woche im Oberhause in Anregung, und in der Presse wird sie
lebhaft besprochen. Die Times ist für die Ernennung eines eigentlichen Kriegs¬
ministers, der in gegenwärtigem Falle nicht blos die Organisation der Armee, son¬
dern auch die politische Leitung der KricgSopcrationen, wie einst Lord Chatham,
unter sich haben müßte. In diesem Falle würde Lord Aberdeen freilich nicht
Premier bleiben. —


An den großherzoglich oldenburgischen Herrn Staatsminister Freiherr» v. Berg
in Oldenburg. —

Ew. Hochwohlgeboren kann das Mißliche des Weges nicht entgangen sein,
welchen Oldenburg, mit Verlassung des früheren, seit einigen Jahren mehr und
mehr in der Bcntinckschen Sache eingeschlagen hat. Schreiber dieses'(der, um
sich bequemer mittheilen zu können, sich zwar nicht unterzeichnet, sich deshalb aber
durchaus nicht verstecken will), glaubt nicht zu irren, wenn er annimmt, daß Sie
am längsten nnter Ihren Herrn College» an dem von Ihrem seligen Herrn Vater
s^der noch ein Jurist aus der Ncichszcit und ein Kenner des RcichSrechteö war^*)
für Oldenburg eingeschlagenen Wege festgehalten haben.

Indem die-Negierung des hochseligen Großherzogs von Oldenburg
den factischen Besitzer von Kniphausen bis auf weiteres, d. h. bis zu rechtlich aus¬
gemachter Sache in dem Besitze ließ, worin sie ihn bei dem Tode seines Vaters
vorfand, handelte sie weder willkürlich noch parteiisch, sondern folgte nur der Recht'S-
ansicht, welche sie später in den BnndcstagSprotocvllen niedergelegt hat, .nachdem
dieselben auch durch d,le'Entscheidungsgründe des Jenaer Urtheils (deren Verfasser
gleichfalls »och el» Jurist aus der Ncichszeit) ,gerechtfertigt und bekräftigt wor¬
den war. '

Der Bnndcsbcschluß vom 12. Juni -I8is war eine Ungehörigkeit, welche die
Sache verwickelt hat, aber auf den Ausfall des Rechtsstreites keinen Einfluß haben
kann. Sollte, wie freilich bis jetzt mir die Anhänger der einen der proccssircnden
Parteien auszusprengen scheinen, das großherzoglichc Ministerium beabsichtigen,
denselben auel in Oldenburg zu publiciren, so kann dies dem beklagten Grafen
Bcntinck durchaus keinen Nachtheil bringen, denn, wenn jener Beschluß auch erst auf
ihn Anwendung finden würde, nachdem er rechtskräftig für ein Mitglied, und dann



*) Derselbe war Professor, der Rechte in Göttingen, trat dann in oldcnbnrgschc Dienste,
vertrat Oldenburg auf dem Wiener Kongreß, dann mit Auszeichnung am Bundestage die
-16. Stimme (Oldenburg, Anhalt und Schwarzburg) und war znlcht bis an seinen Tod her¬
zoglich und großherzoglich vldenburgscher Staate-minister.
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[0163] ten hat, »och zumuthet, sich um ein Geschäft, welches so viel Detailkenntnisse ver¬ langt, um die Vcrproviantirung der Armee zu bekümmern. Wenn dieser Mangel an harmonischem Ineinandergreifen der verschiedenen Behörden, an raschem Ent¬ schluß und raschem Handeln im Frieden vorkommt, wie .schlimm muß es dann erst im Kriege werden! Ueber die Nothwendigkeit einer Abänderung ist man so ziem¬ lich einig, nur bezweifeln einige, ob es jetzt grade Zeit sei, die alte, obgleich schlechte Maschinerie durch eine neue zu ersetzen, die zwar besser sein könnte, deren einzelne Stücke aber erst miteinander arbeiten lernen müssen. Lord Grey brachte die Frage vorige Woche im Oberhause in Anregung, und in der Presse wird sie lebhaft besprochen. Die Times ist für die Ernennung eines eigentlichen Kriegs¬ ministers, der in gegenwärtigem Falle nicht blos die Organisation der Armee, son¬ dern auch die politische Leitung der KricgSopcrationen, wie einst Lord Chatham, unter sich haben müßte. In diesem Falle würde Lord Aberdeen freilich nicht Premier bleiben. — An den großherzoglich oldenburgischen Herrn Staatsminister Freiherr» v. Berg in Oldenburg. — Ew. Hochwohlgeboren kann das Mißliche des Weges nicht entgangen sein, welchen Oldenburg, mit Verlassung des früheren, seit einigen Jahren mehr und mehr in der Bcntinckschen Sache eingeschlagen hat. Schreiber dieses'(der, um sich bequemer mittheilen zu können, sich zwar nicht unterzeichnet, sich deshalb aber durchaus nicht verstecken will), glaubt nicht zu irren, wenn er annimmt, daß Sie am längsten nnter Ihren Herrn College» an dem von Ihrem seligen Herrn Vater s^der noch ein Jurist aus der Ncichszcit und ein Kenner des RcichSrechteö war^*) für Oldenburg eingeschlagenen Wege festgehalten haben. Indem die-Negierung des hochseligen Großherzogs von Oldenburg den factischen Besitzer von Kniphausen bis auf weiteres, d. h. bis zu rechtlich aus¬ gemachter Sache in dem Besitze ließ, worin sie ihn bei dem Tode seines Vaters vorfand, handelte sie weder willkürlich noch parteiisch, sondern folgte nur der Recht'S- ansicht, welche sie später in den BnndcstagSprotocvllen niedergelegt hat, .nachdem dieselben auch durch d,le'Entscheidungsgründe des Jenaer Urtheils (deren Verfasser gleichfalls »och el» Jurist aus der Ncichszeit) ,gerechtfertigt und bekräftigt wor¬ den war. ' Der Bnndcsbcschluß vom 12. Juni -I8is war eine Ungehörigkeit, welche die Sache verwickelt hat, aber auf den Ausfall des Rechtsstreites keinen Einfluß haben kann. Sollte, wie freilich bis jetzt mir die Anhänger der einen der proccssircnden Parteien auszusprengen scheinen, das großherzoglichc Ministerium beabsichtigen, denselben auel in Oldenburg zu publiciren, so kann dies dem beklagten Grafen Bcntinck durchaus keinen Nachtheil bringen, denn, wenn jener Beschluß auch erst auf ihn Anwendung finden würde, nachdem er rechtskräftig für ein Mitglied, und dann *) Derselbe war Professor, der Rechte in Göttingen, trat dann in oldcnbnrgschc Dienste, vertrat Oldenburg auf dem Wiener Kongreß, dann mit Auszeichnung am Bundestage die -16. Stimme (Oldenburg, Anhalt und Schwarzburg) und war znlcht bis an seinen Tod her¬ zoglich und großherzoglich vldenburgscher Staate-minister. 20"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/162>, abgerufen am 22.12.2024.