Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.derholt, wie so unermeßliche Rüstungen mit den schon in Friedenszeiten zerrütteten Der Frühling hat uns diesmal gefoppt, und ist wieder verschwunden, ehe Wenn nicht alles trügt, so wird die Entladung des europäischen Gewitters Sie wissen bereits ans den Zeitungen, daß der Krieg zwischen der Pforte und Die bei anderer Gelegenheit erwähnte Berufung der östreichischen Handels- derholt, wie so unermeßliche Rüstungen mit den schon in Friedenszeiten zerrütteten Der Frühling hat uns diesmal gefoppt, und ist wieder verschwunden, ehe Wenn nicht alles trügt, so wird die Entladung des europäischen Gewitters Sie wissen bereits ans den Zeitungen, daß der Krieg zwischen der Pforte und Die bei anderer Gelegenheit erwähnte Berufung der östreichischen Handels- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0158" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97938"/> <p xml:id="ID_491" prev="#ID_490"> derholt, wie so unermeßliche Rüstungen mit den schon in Friedenszeiten zerrütteten<lb/> türkischen Finanzen zu vereinbaren gewesen sind, und ich muß gestehen, daß vor<lb/> allem dieser Punkt auch mich in Erstaunen setzt. Mir fehlen noch die nothwen¬<lb/> digsten Data und Zahlen, um Ihnen ein Expose" des gegenwärtigen Budgets geben<lb/> zu können, indeß hoffe ich, daß ich dies im Lause des eben begonnenen Monats,<lb/> im Stande sein werde. Im voraus bemerke ich, daß man die Kosten sür die<lb/> Armee und Flotte auf jährlich etwa 700 Millionen Piaster anschlagen-darf, wobei<lb/> vorausgesetzt wird, daß- mau dauernd 300,000 Mann unterhält. Die Civiladmi¬<lb/> nistration und alle sonstigen Ausgaben beanspruchen eine Summe von mindestens<lb/> 400 Millionen Piaster; wonach das ganze Ausgabenbudget auf etwa -1100 Millionen<lb/> Piaster (70 Millionen Thäler) ansteigt, wogegen die Einnahmen auf uicht mehr<lb/> als 630 Millionen zu veranschlagen sind. Die Deckung des Deficits im Belaufe<lb/> von 430 Millionen scheint allein die Priesterschaft ans den ersten Fonds des Waknf<lb/> zu bewirken, eine Institution, über die ich die Ehre hatte, im vergangenen Monat<lb/> oder noch ftühcr, Ihnen ausführlicher zu schreiben.--</p><lb/> <p xml:id="ID_492"> Der Frühling hat uns diesmal gefoppt, und ist wieder verschwunden, ehe<lb/> man es sich versehen. Aufs neue weht der Wind recht scharf aus Nord, nud<lb/> gestern, um Mittag, hatten wir Schnee und Hagel. In der - Perastraße waren<lb/> keine Blumenhändler erschienen, als hätte das Unwetter von den grünen Fluren<lb/> Bythinicns alle Veilchen 'und Himmelsschlüssel hinweggefegt, und Marmoramcer<lb/> wie Bospor haben das tiefe Blau verloren und selbst der Rasen rings auf den<lb/> Bergen leuchtet uicht mehr, wie noch vor wenig Tagen im hellen, smaragdnen Grün. —</p><lb/> <p xml:id="ID_493"> Wenn nicht alles trügt, so wird die Entladung des europäischen Gewitters<lb/> kaum mehr lange auf sich warten lassen. Von allen Seiten her ziehen drohend<lb/> die Wolken herauf. Der^ erste englische oder französische Kanonenschuß, welcher im<lb/> Enxin donnert, wird das Signal zum Losbruch sein. Man harrt darum seiner<lb/> in gespanntester, athemloscr Erwartung.</p><lb/> <p xml:id="ID_494"> Sie wissen bereits ans den Zeitungen, daß der Krieg zwischen der Pforte und<lb/> Griechenland, der schon bei Abgang meines letzten Berichtes unvermeidlich erschien,<lb/> nun ganz nahe bevorsteht. Am Montag schifften sich gegen -10,000 Griechen von<lb/> hier, zumeist auf eignen Schiffen, nach Hellas ein, und am heutigen Tage ist ein<lb/> zweites Geschwader mit weiteren 3000 abgegangen. Noch vor Ausgang dieser<lb/> Woche, meint man, werde kein griechischer Unterthan hier mehr verweilen. Sie<lb/> wollen dabei zwischen den griechischen Rcijahs, die Unterthanen der Psorte sind und den<lb/> unter griechischem Schutz hier lebenden Hellenen, welche die Maßregel allein betrifft,<lb/> unterscheiden. Die türkische Regierung sieht darauf, daß die Abreisenden keinerlei<lb/> Waffen mit sich nehmen. Zu ,dem Ende sind starke-Meth an den Paßbureaux<lb/> aufgestellt, wo eine strenge Visitation vorgenommen wird und auch die längeren<lb/> Messer, wie überhaupt alle Dinge, die zum Angriffe oder zur Vertheidigung allen¬<lb/> falls dienen können, der einstweiligen Confiscation verfallen. Demnach betrachtet<lb/> man Griechenland bereits als einen Staat, gegen welchen man sich im Kriegs-<lb/> zustande befindet.</p><lb/> <p xml:id="ID_495" next="#ID_496"> Die bei anderer Gelegenheit erwähnte Berufung der östreichischen Handels-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0158]
derholt, wie so unermeßliche Rüstungen mit den schon in Friedenszeiten zerrütteten
türkischen Finanzen zu vereinbaren gewesen sind, und ich muß gestehen, daß vor
allem dieser Punkt auch mich in Erstaunen setzt. Mir fehlen noch die nothwen¬
digsten Data und Zahlen, um Ihnen ein Expose" des gegenwärtigen Budgets geben
zu können, indeß hoffe ich, daß ich dies im Lause des eben begonnenen Monats,
im Stande sein werde. Im voraus bemerke ich, daß man die Kosten sür die
Armee und Flotte auf jährlich etwa 700 Millionen Piaster anschlagen-darf, wobei
vorausgesetzt wird, daß- mau dauernd 300,000 Mann unterhält. Die Civiladmi¬
nistration und alle sonstigen Ausgaben beanspruchen eine Summe von mindestens
400 Millionen Piaster; wonach das ganze Ausgabenbudget auf etwa -1100 Millionen
Piaster (70 Millionen Thäler) ansteigt, wogegen die Einnahmen auf uicht mehr
als 630 Millionen zu veranschlagen sind. Die Deckung des Deficits im Belaufe
von 430 Millionen scheint allein die Priesterschaft ans den ersten Fonds des Waknf
zu bewirken, eine Institution, über die ich die Ehre hatte, im vergangenen Monat
oder noch ftühcr, Ihnen ausführlicher zu schreiben.--
Der Frühling hat uns diesmal gefoppt, und ist wieder verschwunden, ehe
man es sich versehen. Aufs neue weht der Wind recht scharf aus Nord, nud
gestern, um Mittag, hatten wir Schnee und Hagel. In der - Perastraße waren
keine Blumenhändler erschienen, als hätte das Unwetter von den grünen Fluren
Bythinicns alle Veilchen 'und Himmelsschlüssel hinweggefegt, und Marmoramcer
wie Bospor haben das tiefe Blau verloren und selbst der Rasen rings auf den
Bergen leuchtet uicht mehr, wie noch vor wenig Tagen im hellen, smaragdnen Grün. —
Wenn nicht alles trügt, so wird die Entladung des europäischen Gewitters
kaum mehr lange auf sich warten lassen. Von allen Seiten her ziehen drohend
die Wolken herauf. Der^ erste englische oder französische Kanonenschuß, welcher im
Enxin donnert, wird das Signal zum Losbruch sein. Man harrt darum seiner
in gespanntester, athemloscr Erwartung.
Sie wissen bereits ans den Zeitungen, daß der Krieg zwischen der Pforte und
Griechenland, der schon bei Abgang meines letzten Berichtes unvermeidlich erschien,
nun ganz nahe bevorsteht. Am Montag schifften sich gegen -10,000 Griechen von
hier, zumeist auf eignen Schiffen, nach Hellas ein, und am heutigen Tage ist ein
zweites Geschwader mit weiteren 3000 abgegangen. Noch vor Ausgang dieser
Woche, meint man, werde kein griechischer Unterthan hier mehr verweilen. Sie
wollen dabei zwischen den griechischen Rcijahs, die Unterthanen der Psorte sind und den
unter griechischem Schutz hier lebenden Hellenen, welche die Maßregel allein betrifft,
unterscheiden. Die türkische Regierung sieht darauf, daß die Abreisenden keinerlei
Waffen mit sich nehmen. Zu ,dem Ende sind starke-Meth an den Paßbureaux
aufgestellt, wo eine strenge Visitation vorgenommen wird und auch die längeren
Messer, wie überhaupt alle Dinge, die zum Angriffe oder zur Vertheidigung allen¬
falls dienen können, der einstweiligen Confiscation verfallen. Demnach betrachtet
man Griechenland bereits als einen Staat, gegen welchen man sich im Kriegs-
zustande befindet.
Die bei anderer Gelegenheit erwähnte Berufung der östreichischen Handels-
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