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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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Hier ist auch der große Grundbesitz vertreten, die Landedelleute von England,
die Säulen der prvtectionistischen Partei, Sir John Tyrrell, Christopher, Sir
John Karte Butter, Cayley, die Tvllemacheö, die Egertons, Sir John Trollope,
Henry Seymour, George Bartes und andere, ferner die junge Aristokratie, die
hier ihre politische Laufbahn beginnt, um sie meistens im Oberhause zu endigen.
Der Marquis vou Chaudos, der Marquis von Blaudford, die Bentincks und
die Cecils, die Beanchampö, die Hamiltons, die Lascelles, die Lennoxes, die
Liddclls, die Percies, die Lowthers, die Manners, die Vanes und die Somersets
scharen sich hier bei wichtigen Abstimmungen spät Nachts in voller Gala, denn
nur ihre Pflicht hat sie dem Theater oder der Abendgesellschaft entwinden können.
Jenseits des Gangways sehen wir Adderley, dessen Specialität Colonialreform
und die Erziehung jugendlicher Verbrecher ist. Thomas Baring, ein großer
Name an der Börse, der es ausschlug, unter L^rd Derby Schatzkanzlcr zu werden,
und eine sehr nnenglische Gestalt: ein schöner junger Manu mit schwarzem Haar
und schönem Schnauz- und Kinnbart, die eine Hand auf einen dicken, kunstreich
geschnitzten' Stock gelehnt, die andere in der Tasche. Das ist Sir Robert Peel,
der excentrische Sohn eines Vaters, der durch die Klarheit und praktische Ein¬
fachheit seines Verstandes glänzte. Ganz hinten unter der Galerie sitzt der be¬
rühmte Oberst Sibthorp, dessen Familie seit mehren hundert Jahren Lincoln
vertritt und der immer noch von Zeit zu Zeit abgerissene, in wunderliche Form
gekleidete Sentenzen über die Korruption und die Unehrlichkeit aller Regierenden
gegen die Ministerbank schleudert. Sein dünnes Haar hängt über die Stirn,
ein etwas schäbiger Bart ziert ziemlich nnenglisch seine Lippen, und im rechten
Ange steckt stets das Augenglas. Auf der zweiten Bank jenseits des Gangways
sitzt die sogenannte irische Brigade, die katholisch-irländische Opposition.

Gegen fünf Uhr beginnen die Interpellationen. Vielleicht ist die Frage an
Lord John Russell gerichtet und bezieht sich ans den Krieg in Birma oder auf
die Absichten des Cabinets in der orientalischen Frage, oder ans einen verwand¬
ten Gegenstand, über den der edle Lord nichts zu sagen hat -- nämlich dem Hanse.
Se. Herrlichkeit steht langsam ans, stützt die Hände auf die Tafel, neigt den
Körper vor lind zurück und spricht ein paar Worte in einem so leisen Tone, daß
man uur wenig davon verstehen kann. Darauf springt Mr. Bright aus und
bittet mit der Miene eines Kampshahnes, die komisch von dem friedlichen Quäker-
rock absticht, der edle Lord möge seine Autwort wiederholen, da in seiner Nähe
niemand habe ein Wort verstehen können, welchem Wunsche Lord John entspricht,
ohne daß dadurch die Sache klarer wird, denn merkwürdigerweise lauten mini¬
sterielle Antworten auf Interpellationen selten sehr bestimmt. Ganz anders nimmt
sich die Sache aus, wenn Lord Palmerston eine Antwort zu ertheilen hat, viel¬
leicht über einen Uebergriff der Polizei, von dem der Interpellant so viel Auf¬
hebens macht,, als handelte es sich um die Umgestaltung der Karte Europas. Der


Hier ist auch der große Grundbesitz vertreten, die Landedelleute von England,
die Säulen der prvtectionistischen Partei, Sir John Tyrrell, Christopher, Sir
John Karte Butter, Cayley, die Tvllemacheö, die Egertons, Sir John Trollope,
Henry Seymour, George Bartes und andere, ferner die junge Aristokratie, die
hier ihre politische Laufbahn beginnt, um sie meistens im Oberhause zu endigen.
Der Marquis vou Chaudos, der Marquis von Blaudford, die Bentincks und
die Cecils, die Beanchampö, die Hamiltons, die Lascelles, die Lennoxes, die
Liddclls, die Percies, die Lowthers, die Manners, die Vanes und die Somersets
scharen sich hier bei wichtigen Abstimmungen spät Nachts in voller Gala, denn
nur ihre Pflicht hat sie dem Theater oder der Abendgesellschaft entwinden können.
Jenseits des Gangways sehen wir Adderley, dessen Specialität Colonialreform
und die Erziehung jugendlicher Verbrecher ist. Thomas Baring, ein großer
Name an der Börse, der es ausschlug, unter L^rd Derby Schatzkanzlcr zu werden,
und eine sehr nnenglische Gestalt: ein schöner junger Manu mit schwarzem Haar
und schönem Schnauz- und Kinnbart, die eine Hand auf einen dicken, kunstreich
geschnitzten' Stock gelehnt, die andere in der Tasche. Das ist Sir Robert Peel,
der excentrische Sohn eines Vaters, der durch die Klarheit und praktische Ein¬
fachheit seines Verstandes glänzte. Ganz hinten unter der Galerie sitzt der be¬
rühmte Oberst Sibthorp, dessen Familie seit mehren hundert Jahren Lincoln
vertritt und der immer noch von Zeit zu Zeit abgerissene, in wunderliche Form
gekleidete Sentenzen über die Korruption und die Unehrlichkeit aller Regierenden
gegen die Ministerbank schleudert. Sein dünnes Haar hängt über die Stirn,
ein etwas schäbiger Bart ziert ziemlich nnenglisch seine Lippen, und im rechten
Ange steckt stets das Augenglas. Auf der zweiten Bank jenseits des Gangways
sitzt die sogenannte irische Brigade, die katholisch-irländische Opposition.

Gegen fünf Uhr beginnen die Interpellationen. Vielleicht ist die Frage an
Lord John Russell gerichtet und bezieht sich ans den Krieg in Birma oder auf
die Absichten des Cabinets in der orientalischen Frage, oder ans einen verwand¬
ten Gegenstand, über den der edle Lord nichts zu sagen hat — nämlich dem Hanse.
Se. Herrlichkeit steht langsam ans, stützt die Hände auf die Tafel, neigt den
Körper vor lind zurück und spricht ein paar Worte in einem so leisen Tone, daß
man uur wenig davon verstehen kann. Darauf springt Mr. Bright aus und
bittet mit der Miene eines Kampshahnes, die komisch von dem friedlichen Quäker-
rock absticht, der edle Lord möge seine Autwort wiederholen, da in seiner Nähe
niemand habe ein Wort verstehen können, welchem Wunsche Lord John entspricht,
ohne daß dadurch die Sache klarer wird, denn merkwürdigerweise lauten mini¬
sterielle Antworten auf Interpellationen selten sehr bestimmt. Ganz anders nimmt
sich die Sache aus, wenn Lord Palmerston eine Antwort zu ertheilen hat, viel¬
leicht über einen Uebergriff der Polizei, von dem der Interpellant so viel Auf¬
hebens macht,, als handelte es sich um die Umgestaltung der Karte Europas. Der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/13>, abgerufen am 22.12.2024.