Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.dings werden diese Erfolge nicht in der naturwüchsigen Unbefangenheit hervor-, Auf der andern Seite sehen wir in der jungen Künstlerschule mit dem wach¬ Von diesen Romantikern wollen wir noch ein Wort sagen. Wir haben in dings werden diese Erfolge nicht in der naturwüchsigen Unbefangenheit hervor-, Auf der andern Seite sehen wir in der jungen Künstlerschule mit dem wach¬ Von diesen Romantikern wollen wir noch ein Wort sagen. Wir haben in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0070" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97316"/> <p xml:id="ID_152" prev="#ID_151"> dings werden diese Erfolge nicht in der naturwüchsigen Unbefangenheit hervor-,<lb/> gerufen, wie man es in jenen Schlachtgemälden gewöhnt ist, im Gegentheil hat<lb/> der Künstler sehr viel und gründlich reflectirt, aber der Grund der Wirkung ist<lb/> der nämliche. Es zeigt sich daher in den letzte» Heften des Wohlbekannte» auch<lb/> bereits eine bedenkliche Neigung, an der Wagnerschen Musik Interesse zu finden,<lb/> und was ihn allein zu hindern scheint, sich in dieser Beziehung freier anzusprechen,<lb/> ist wol die Scheu vor der Inconsequenz, abgerechnet einige andere specifisch mu¬<lb/> sikalische Rücksichte», die der technisch gebildete Musiker doch mir mit einigen Be¬<lb/> deuten aufgibt.</p><lb/> <p xml:id="ID_153"> Auf der andern Seite sehen wir in der jungen Künstlerschule mit dem wach¬<lb/> senden Erfolg gleichfalls eine gewisse Neigung zu Concessionen. Richard Wagner<lb/> war in seinen theoretischen Schriften als Idealist im streugsten Sinne des Worts<lb/> aufgetreten, er hatte gar nicht Ausdrücke gefunden, die stark genug waren, um<lb/> seine Verachtung gegen die Effecthascherei gleichzeitiger Künstler auszusprechen;<lb/> am tiefste» hatte er seine Verachtung gage» Meyerbeer an den Tag gelegt, aber<lb/> er hat auch nicht im geringste» verhehlt, was er über Berlioz dachte. Wir selber<lb/> habe» seiner. Zeit sei» Urtheil über diese» Künstler mitgetheilt. — Die Schule<lb/> schwört zwar uoch immer auf die Worte des Meisters, was das Princip betrifft,<lb/> aber in der Anwendung desselben erlaubt sie sich doch einige Freiheit. Berlioz<lb/> ist vollständig in den Kreis der Künstler der Zukunft aufgeuvmme» und scho» zei¬<lb/> ge» sich einige Spuren, daß man anch Meyerbeer allmälig ein Plätzchen in die¬<lb/> sem Olymp anweisen will. Wir können mit einer solchen Erweiterung des Hori¬<lb/> zonts nur zufrieden sein, denn es findet sich darin zusammen, was sich eigentlich<lb/> nie hätte trennen sollen. Ja, wir werden anch gar nicht in Verwunderung ge¬<lb/> rathen, wenn zuletzt die Naturalisten und die Idealisten, die Künstler der Rou¬<lb/> tine und die Künstler der Romantik sich brüderlich entgegenkomme», sobald sie<lb/> nur beide ihre Anschauung des Publicums erweitert habe» werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_154" next="#ID_155"> Von diesen Romantikern wollen wir noch ein Wort sagen. Wir haben in<lb/> der deutscheu Literatur schon öfters den Moment erlebt, wo eine »cuc Richtung<lb/> mit einer gewissen Prätension den bisherigen Ueberlieferung«?» entgegentrat und<lb/> sich sehr bald der gemeinsamen Gegner wegen zu einer Coterie abrundete, in<lb/> welche alles aufgenommen wurde, was nach irgend einer Seite hin excentrisch<lb/> war, ohne daß es auf Uebereinstimmung in deu Principien ankam. Dasselbe<lb/> geschieht auch hier wieder und wir erfahren zu unserer große» Befriedigung ans<lb/> dem Moniteur dieser Schule, daß nicht blos Wagner, Berlioz und Liszt mit ihrem<lb/> Gefolge kleinerer Genien, nicht blos Gripenkerl, der Knnsttheoretiker, der das<lb/> Theater unter den Earthaunen der Wirklichkeit erdröhne» lassen will, sich dieser<lb/> Kunst der Zukunft annehmen, sondern auch die dichterische Gesellschaft, die in<lb/> Gutzkow wipfelt. Einer dieser Dichter hat in die „neuere Zeitschrift für Musik"<lb/> ein gewissermaßen officielles Verzeichniß von den Angehörigen der Schule</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0070]
dings werden diese Erfolge nicht in der naturwüchsigen Unbefangenheit hervor-,
gerufen, wie man es in jenen Schlachtgemälden gewöhnt ist, im Gegentheil hat
der Künstler sehr viel und gründlich reflectirt, aber der Grund der Wirkung ist
der nämliche. Es zeigt sich daher in den letzte» Heften des Wohlbekannte» auch
bereits eine bedenkliche Neigung, an der Wagnerschen Musik Interesse zu finden,
und was ihn allein zu hindern scheint, sich in dieser Beziehung freier anzusprechen,
ist wol die Scheu vor der Inconsequenz, abgerechnet einige andere specifisch mu¬
sikalische Rücksichte», die der technisch gebildete Musiker doch mir mit einigen Be¬
deuten aufgibt.
Auf der andern Seite sehen wir in der jungen Künstlerschule mit dem wach¬
senden Erfolg gleichfalls eine gewisse Neigung zu Concessionen. Richard Wagner
war in seinen theoretischen Schriften als Idealist im streugsten Sinne des Worts
aufgetreten, er hatte gar nicht Ausdrücke gefunden, die stark genug waren, um
seine Verachtung gegen die Effecthascherei gleichzeitiger Künstler auszusprechen;
am tiefste» hatte er seine Verachtung gage» Meyerbeer an den Tag gelegt, aber
er hat auch nicht im geringste» verhehlt, was er über Berlioz dachte. Wir selber
habe» seiner. Zeit sei» Urtheil über diese» Künstler mitgetheilt. — Die Schule
schwört zwar uoch immer auf die Worte des Meisters, was das Princip betrifft,
aber in der Anwendung desselben erlaubt sie sich doch einige Freiheit. Berlioz
ist vollständig in den Kreis der Künstler der Zukunft aufgeuvmme» und scho» zei¬
ge» sich einige Spuren, daß man anch Meyerbeer allmälig ein Plätzchen in die¬
sem Olymp anweisen will. Wir können mit einer solchen Erweiterung des Hori¬
zonts nur zufrieden sein, denn es findet sich darin zusammen, was sich eigentlich
nie hätte trennen sollen. Ja, wir werden anch gar nicht in Verwunderung ge¬
rathen, wenn zuletzt die Naturalisten und die Idealisten, die Künstler der Rou¬
tine und die Künstler der Romantik sich brüderlich entgegenkomme», sobald sie
nur beide ihre Anschauung des Publicums erweitert habe» werden.
Von diesen Romantikern wollen wir noch ein Wort sagen. Wir haben in
der deutscheu Literatur schon öfters den Moment erlebt, wo eine »cuc Richtung
mit einer gewissen Prätension den bisherigen Ueberlieferung«?» entgegentrat und
sich sehr bald der gemeinsamen Gegner wegen zu einer Coterie abrundete, in
welche alles aufgenommen wurde, was nach irgend einer Seite hin excentrisch
war, ohne daß es auf Uebereinstimmung in deu Principien ankam. Dasselbe
geschieht auch hier wieder und wir erfahren zu unserer große» Befriedigung ans
dem Moniteur dieser Schule, daß nicht blos Wagner, Berlioz und Liszt mit ihrem
Gefolge kleinerer Genien, nicht blos Gripenkerl, der Knnsttheoretiker, der das
Theater unter den Earthaunen der Wirklichkeit erdröhne» lassen will, sich dieser
Kunst der Zukunft annehmen, sondern auch die dichterische Gesellschaft, die in
Gutzkow wipfelt. Einer dieser Dichter hat in die „neuere Zeitschrift für Musik"
ein gewissermaßen officielles Verzeichniß von den Angehörigen der Schule
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |