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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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Eingängen Platz genommen haben. Sämmtliche Wände der Vorhalle find mit
Gemälden geschmückt, deren Gegenstand sich jedesmal ans den l'macht'arten
Sitzungssaal bezieht. Neben der Rathsstube sehen wir die Archonten von Athen,
den Basileus, den Archon, den Polemarch, die Thesmotheten: vor ihnen das
Bild des Friedens mit der Unterschrift: l.o xwsoimus omnvs; weiter links das
Bild des Mars: ultimum rLMLÜmm, nil plMs. In der Rathsstube ist das
jüngste Gericht von Matthias Kagcr aufgehängt; dann die Geschichte des gott¬
losen Königs Jezabel (2. B. der Könige <).) und Simson von Lucas Kranach.
Auf kleinern Tafeln erscheinen Solon, Numa Pompilius, Lykurg, Minos, Moses
und" Jesus Christus als Spiegel der Gerechtigkeit für die Gesetzgeber. -- Vor
der Gerichtsstube filzt der Areopag. Zwei Gefangene stehen vor ihm mit ver¬
decktem Gesicht: sin-z colore;, mit weiteren Hindeutungen ans Unparteilichkeit und
Unbestechlichkeit. In der Gerichtsstube hängt wieder ein jüngstes Gericht vou
Joh. König; dann die Geschichte von Ananias und seinem Weibe Saphira, welche
von dem ans ihrem Acker gelösten Gelde, das sie den Armen gelobt hatte, einen
Theil heimlich zurückhielt und dafür gestraft wurde. Kleinere Bilder zeigen die
Jnstitia mit Schwert und Wage; .Ins eivilv mit Gesetzbuch und Scepter; die
Prndeutia mit doppeltem, Gesicht, mit Spiegel und Schlangen in der Hand.
Ebenso erblicken wir die Gewissenhaftigkeit, die Milde (svZ motog praostat vom-
pomu'L lluLtus. Virxil.) und die Besonnenheit (Mnetmrcio reslltuil ron. Vir^it.)

Vor der Baustube befinden sich König Hiero von Syrakus mit Archimedes,
in deren Gefolge Architekten und Meister der Hilfsgcwcrke auftreten. Indem
das Zimmer selbst aber in Baustnbe und Prvviantstube zerfällt, sind in dieser
die wohlfeile und die theure Zeit sehr erbaulich dargestellt und in jener befinden
sich die Wappen und Stammbäume der Bauherr"; außerdem auch Max I. von
Albrecht Dürer und Karl V. von Ambcrgcr, beide Kaiser jedoch nur in ver¬
gänglichen Wasserfarben gemalt.

Vor der Stenerstube hat die Eoncordia Platz genommen, mit einem Kranz
von Aehren, Trauben, Gold und Edelsteinen im Haar. In der Rechten hält sie
einen Oetz-weig, mit der Linken dentet sie aber auf eine abgezehrte und abge¬
härmte Frau, die Tochter der Zwietracht. Um die Concordia stehen stattliche
Männer in Sammet und Seide: der erste bringt Aehren (den Getreideaufschlag),
der andere einen Becher Wein (das Weinumgeld), der dritte cju Haus (Häuser¬
steuer), der vierte eine Schale mit Gold (Capitalsteuer), der fünfte Confect und
Früchte, ein sechster endlich ein Stück Zeug, während die Jungfrau schon eine
ganze Truhe voll Gold, Silber, Geschmeide u. s. w. "eben sich stehen hat: uor-
vas r"zipabließ-, lüsirtos alö. Die abgezehrte Diöcordia trägt dagegen nur
Oelmagen und Gänseblume,, auf dem Haupte und ein ärmliches Fähnlein in der
Hand, mit dem schlangenumwundenen Gesicht der Megära. Von den Bürgern
erhält sie ein Glas Wasser dargereicht, eine Schale mit Nüssen, Hafer und Holz-


Eingängen Platz genommen haben. Sämmtliche Wände der Vorhalle find mit
Gemälden geschmückt, deren Gegenstand sich jedesmal ans den l'macht'arten
Sitzungssaal bezieht. Neben der Rathsstube sehen wir die Archonten von Athen,
den Basileus, den Archon, den Polemarch, die Thesmotheten: vor ihnen das
Bild des Friedens mit der Unterschrift: l.o xwsoimus omnvs; weiter links das
Bild des Mars: ultimum rLMLÜmm, nil plMs. In der Rathsstube ist das
jüngste Gericht von Matthias Kagcr aufgehängt; dann die Geschichte des gott¬
losen Königs Jezabel (2. B. der Könige <).) und Simson von Lucas Kranach.
Auf kleinern Tafeln erscheinen Solon, Numa Pompilius, Lykurg, Minos, Moses
und" Jesus Christus als Spiegel der Gerechtigkeit für die Gesetzgeber. — Vor
der Gerichtsstube filzt der Areopag. Zwei Gefangene stehen vor ihm mit ver¬
decktem Gesicht: sin-z colore;, mit weiteren Hindeutungen ans Unparteilichkeit und
Unbestechlichkeit. In der Gerichtsstube hängt wieder ein jüngstes Gericht vou
Joh. König; dann die Geschichte von Ananias und seinem Weibe Saphira, welche
von dem ans ihrem Acker gelösten Gelde, das sie den Armen gelobt hatte, einen
Theil heimlich zurückhielt und dafür gestraft wurde. Kleinere Bilder zeigen die
Jnstitia mit Schwert und Wage; .Ins eivilv mit Gesetzbuch und Scepter; die
Prndeutia mit doppeltem, Gesicht, mit Spiegel und Schlangen in der Hand.
Ebenso erblicken wir die Gewissenhaftigkeit, die Milde (svZ motog praostat vom-
pomu'L lluLtus. Virxil.) und die Besonnenheit (Mnetmrcio reslltuil ron. Vir^it.)

Vor der Baustube befinden sich König Hiero von Syrakus mit Archimedes,
in deren Gefolge Architekten und Meister der Hilfsgcwcrke auftreten. Indem
das Zimmer selbst aber in Baustnbe und Prvviantstube zerfällt, sind in dieser
die wohlfeile und die theure Zeit sehr erbaulich dargestellt und in jener befinden
sich die Wappen und Stammbäume der Bauherr»; außerdem auch Max I. von
Albrecht Dürer und Karl V. von Ambcrgcr, beide Kaiser jedoch nur in ver¬
gänglichen Wasserfarben gemalt.

Vor der Stenerstube hat die Eoncordia Platz genommen, mit einem Kranz
von Aehren, Trauben, Gold und Edelsteinen im Haar. In der Rechten hält sie
einen Oetz-weig, mit der Linken dentet sie aber auf eine abgezehrte und abge¬
härmte Frau, die Tochter der Zwietracht. Um die Concordia stehen stattliche
Männer in Sammet und Seide: der erste bringt Aehren (den Getreideaufschlag),
der andere einen Becher Wein (das Weinumgeld), der dritte cju Haus (Häuser¬
steuer), der vierte eine Schale mit Gold (Capitalsteuer), der fünfte Confect und
Früchte, ein sechster endlich ein Stück Zeug, während die Jungfrau schon eine
ganze Truhe voll Gold, Silber, Geschmeide u. s. w. »eben sich stehen hat: uor-
vas r«zipabließ-, lüsirtos alö. Die abgezehrte Diöcordia trägt dagegen nur
Oelmagen und Gänseblume,, auf dem Haupte und ein ärmliches Fähnlein in der
Hand, mit dem schlangenumwundenen Gesicht der Megära. Von den Bürgern
erhält sie ein Glas Wasser dargereicht, eine Schale mit Nüssen, Hafer und Holz-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/501>, abgerufen am 25.08.2024.