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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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schaft, taugte so wenig in den wilden Kampf ehrgeiziger Bestrebungen, als Burr
zu jenen einfachen und - ftiedsameu Beschäftigungen, in denen sein Opfer seine
Lust und sein Glück sand. Wol aber ließ sich sein Reichthum mit Vortheil ver-
wenden. Burr eröffnete seine Bekanntschaft mit ihm durch einen schmeichelhaften
Brief, in welchem er um die Erlaubniß bat, die vortreffliche Einrichtung der Jusel
des vornehmen Einsiedlers in Augenschein zu nehmen. Diese wurde gewährt,
und einmal zugelassen in die Nähe des Mannes, den er zu berücken wünschte,
ließ er die UeberrednngSgabe spielen, deren er Meister war. In kurzem nahm
die ganze Strömung der Gedanken Blannerhassetö eine andere Richtung. Er
wendete sich von seiner stillen, heitern Weise ab, in der er bisher gelebt und ge>
strebt und folgte dem kometenhaften Fluge der Phantasie Burrs nach Macht,
Größe und Besitz mit einem Zwange, so nmviderstehlich wie die Schwerkraft.
Es bedarf keines besseren Beweises für die gewinnende und zugleich imponirende
Gewalt, welche Burr über die Gemüther besaß, als die Art, mit welcher er die¬
sen Maun mit seinem Wollen, Denken und Vermögen vollständig seiner bis¬
herigen Sphäre entfremdete und in die seine bannte. Er bildete ihn nach seinen
Zwecken um, erfüllte ihn mit einer an Wahnsinn grenzenden Begeisterung für
seine Sache, erlangte von ihm die ausgedehnteste Vollmacht über alles, was er
sein nannte und machte sein kleines Paradies zum Waffeuplatze eiuer Hochverrä¬
therischen Verschwörung, deren letzte Folge war, daß es von den Rändern des
verletzten Gesetzes wüste gelegt wurde. Blannerhasset aber ist nur ein Beispiel
von vielen, wenn auch das schlagendste.

Zu jener Übeln Stimmung zwischen der Union und Spanien und dieser
Ueberredungsgabe Burrs aber kam noch ein anderer Umstand, der den Verrath
begünstigte. Die Jahre vorher war Kentucky aus verschiedenen Gründen nahe
daran ge wesen, sich von den atlantischen Staaten loszureißen, und wenn der Plan
auch schließlich aufgegeben worden war, so hatte er doch in vielen Gemüthern
Spuren zurückgelassen, die Burr als Anknüpfungspunkte benutzen konnte. Daß
er dies erkannte und keine Gelegenheit versäumte, die Trümmer der alten separa¬
tistischen Partei zu sammeln und zu organisiren, verstand sich bei seiner Kenntniß
der Verhältnisse von selbst, und daß er ans die Unterstützung mehrer Generale
und selbst Wilkinsons rechnen konnte, soweit seine Absicht nur aus einen Angriff
gegen Spanien gerichtet war, ist in der spätern Untersuchung erwiesen worden.

Gegen Ende des Sommers von 1806 begann sich das Gerücht zu verbreiten,
es sei eine Verschwörung im Werke. Man nannte Burrs Namen und wußte von
einzelnen Zügen seines Projects. Aber niemand vermochte über den Zusammenhang
etwas,zu sagen, niemand konnte Beweise liefern. Endlich veröffentlichte die "Western
World", eine Zeitung in Frankfort, dem Sitze der Regierung von Kentucky, eine
Reihe von Artikeln, in denen zwar kein klares Bild der Sache gezeigt, wol aber
die Grundlagen des verräterischen Planes aufgedeckt und mehre Namen von


schaft, taugte so wenig in den wilden Kampf ehrgeiziger Bestrebungen, als Burr
zu jenen einfachen und - ftiedsameu Beschäftigungen, in denen sein Opfer seine
Lust und sein Glück sand. Wol aber ließ sich sein Reichthum mit Vortheil ver-
wenden. Burr eröffnete seine Bekanntschaft mit ihm durch einen schmeichelhaften
Brief, in welchem er um die Erlaubniß bat, die vortreffliche Einrichtung der Jusel
des vornehmen Einsiedlers in Augenschein zu nehmen. Diese wurde gewährt,
und einmal zugelassen in die Nähe des Mannes, den er zu berücken wünschte,
ließ er die UeberrednngSgabe spielen, deren er Meister war. In kurzem nahm
die ganze Strömung der Gedanken Blannerhassetö eine andere Richtung. Er
wendete sich von seiner stillen, heitern Weise ab, in der er bisher gelebt und ge>
strebt und folgte dem kometenhaften Fluge der Phantasie Burrs nach Macht,
Größe und Besitz mit einem Zwange, so nmviderstehlich wie die Schwerkraft.
Es bedarf keines besseren Beweises für die gewinnende und zugleich imponirende
Gewalt, welche Burr über die Gemüther besaß, als die Art, mit welcher er die¬
sen Maun mit seinem Wollen, Denken und Vermögen vollständig seiner bis¬
herigen Sphäre entfremdete und in die seine bannte. Er bildete ihn nach seinen
Zwecken um, erfüllte ihn mit einer an Wahnsinn grenzenden Begeisterung für
seine Sache, erlangte von ihm die ausgedehnteste Vollmacht über alles, was er
sein nannte und machte sein kleines Paradies zum Waffeuplatze eiuer Hochverrä¬
therischen Verschwörung, deren letzte Folge war, daß es von den Rändern des
verletzten Gesetzes wüste gelegt wurde. Blannerhasset aber ist nur ein Beispiel
von vielen, wenn auch das schlagendste.

Zu jener Übeln Stimmung zwischen der Union und Spanien und dieser
Ueberredungsgabe Burrs aber kam noch ein anderer Umstand, der den Verrath
begünstigte. Die Jahre vorher war Kentucky aus verschiedenen Gründen nahe
daran ge wesen, sich von den atlantischen Staaten loszureißen, und wenn der Plan
auch schließlich aufgegeben worden war, so hatte er doch in vielen Gemüthern
Spuren zurückgelassen, die Burr als Anknüpfungspunkte benutzen konnte. Daß
er dies erkannte und keine Gelegenheit versäumte, die Trümmer der alten separa¬
tistischen Partei zu sammeln und zu organisiren, verstand sich bei seiner Kenntniß
der Verhältnisse von selbst, und daß er ans die Unterstützung mehrer Generale
und selbst Wilkinsons rechnen konnte, soweit seine Absicht nur aus einen Angriff
gegen Spanien gerichtet war, ist in der spätern Untersuchung erwiesen worden.

Gegen Ende des Sommers von 1806 begann sich das Gerücht zu verbreiten,
es sei eine Verschwörung im Werke. Man nannte Burrs Namen und wußte von
einzelnen Zügen seines Projects. Aber niemand vermochte über den Zusammenhang
etwas,zu sagen, niemand konnte Beweise liefern. Endlich veröffentlichte die „Western
World", eine Zeitung in Frankfort, dem Sitze der Regierung von Kentucky, eine
Reihe von Artikeln, in denen zwar kein klares Bild der Sache gezeigt, wol aber
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/374>, abgerufen am 22.07.2024.