Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.Schweizerdeutsch, doch konnte ich von dem letztern nicht viel mehr verstehen, als von Konstantinopel, 1. -- Wie zu erwarten stand, hat Diese Gewißheit thut gleichwol deu unter der Masse der hiesigen Bevölkerung Wie klar man die seitherigen Bewegungen der combinirten Flotten immerhin über¬ Aus Anlaß solcher Ungewißheit über die Befehle für gewisse Eventualitäten wird Was das türkische Ministerium angeht, so weiß jedermann, daß dasselbe seit Mai Grenzboten. I. ->86i. , 34
Schweizerdeutsch, doch konnte ich von dem letztern nicht viel mehr verstehen, als von Konstantinopel, 1. — Wie zu erwarten stand, hat Diese Gewißheit thut gleichwol deu unter der Masse der hiesigen Bevölkerung Wie klar man die seitherigen Bewegungen der combinirten Flotten immerhin über¬ Aus Anlaß solcher Ungewißheit über die Befehle für gewisse Eventualitäten wird Was das türkische Ministerium angeht, so weiß jedermann, daß dasselbe seit Mai Grenzboten. I. ->86i. , 34
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Schweizerdeutsch, doch konnte ich von dem letztern nicht viel mehr verstehen, als von
dem ersten, den anwesenden Schweizern gereichte es offenbar zu großer Befriedigung.
Chinesen'waren leider nicht da, und der chinesische Vortrag wnrdx von einem gelben In¬
dividuum aus dem Birmanenrciche gehalten, und schien auch sehr scherzhaft zu sei».
Das Ganze schloß damit, daß sieben sehr junge Zöglinge, jeder in einer andern Sprache,
dem Auditorium den Dank des Kollegiums abstatteten, und sich wegen der verursachten
langen Weile entschuldigten. Hierauf rief der Chorführer, ein hübscher Griechenknabe:
Kr-ixiv «ixnori! und die sechs andern, jeder in seiner Sprache, stimmten unisono mit
denselben Worten ein. Dies gewahrte ihnen großes Vergnügen und man trennte sich
sehr erheitert.
Konstantinopel, 1. — Wie zu erwarten stand, hat
sich die sehr unwahrscheinlich klingende Kunde vom Zusammentreffen der in den Pontus
und zwar in Gemeinschaft mit der englischen Flotte eingesegclten französischen mit einer
großen russischen Escadre ebenfalls als durchaus irrig erwiesen.
Diese Gewißheit thut gleichwol deu unter der Masse der hiesigen Bevölkerung
verbreiteten Gerüchten, wonach die Franzosen dicht vor Scbastopol und die Engländer
vor Odessa lägen, und sich anschickten, beide Plätze zu bombardiren, bei den Gläubige»
Wenig Eintrag. Es hält -schwer, sich auswärts eine Vorstellung vou der Zähigkeit zu
machen, mit der die muselmännische Bevölkerung an vermeintlichen Thatsachen festhält,
und von dem an Fanatismus anstreifenden Eiser, mit welchem der Türke im allgemei¬
nen die seinem nationalen Interesse günstige Ansicht von dem Laufe der Dinge zu ver¬
theidigen weiß.
Wie klar man die seitherigen Bewegungen der combinirten Flotten immerhin über¬
sieht, so hüllt sich nichtsdestoweniger der eigentliche Zweck, welchen die Seemäckte mit
dieser Demonstration verbunden haben, hier in Dunkel. Ebenso ungewiß ist man über die
Ordres, welche die Admiräle unter der Voraussetzung gewisser Umstände mit sich ge¬
nommen haben. Die Angabe, daß diese Befehle ihnen versiegelt eingehändigt worden
seien, klingt sehr unwahrscheinlich, da beide Chefs zu den meiste», wenn nickt zu allen
Berathungen, die dem Einlaufen der Escadrcn in den Euxiu vorangingen, hinzugezogen
wurden, und außerdem Admiral Hamelin zu den übergreifenden Naturen gehört, die sich
nicht gern unbedingt etwas vorschreiben lassen. Admiral Dundas ist ungleich fügsamer;
auch mag die Persönlichkeit des Generals Baraguay d'Hilliers minder zu unbedingter
Subordination als die Lord Stratsords auffordern.
Aus Anlaß solcher Ungewißheit über die Befehle für gewisse Eventualitäten wird
in Pera der supponirte' Fall eines Zusammentreffens der Seestrcitkräfte Englands und
Frankreichs mit den russischen ohne Unterlaß discutirt; indeß, wie mir scheint, zur un-
rechten verfrühten Stunde.
Was das türkische Ministerium angeht, so weiß jedermann, daß dasselbe seit Mai
als Coalitionscabiuet besteht. Vier Männer waren es, die von Anfang an in dem¬
selben als die eigentlichen Kapacitäten hervortraten: die beiden Schwäger des Sultans,
»änlich der ältere: Fethi Achmed Pascha (Großmeister der Artillerie) und Mehemed
Ali-Pascha (zur Zeit Scriasker oder Kriegsminister) — sodann Reschid Pascha und der
kränkelnde, minder oft als die vorgehenden genannte, aber innerlich vielleicht bedeutendste
Mehemed Nuschdi. Wie Sie wisse», repräsentirt Reschid die Reformpartei als ihr
Grenzboten. I. ->86i. , 34
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