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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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Auswärtige Literatur.'

-- Seit dem 1. Nov. des vorigen Jahres
erscheint in Madrideine Zeitschrift: Nevista Espcuiola de Ambos Mundos, welche in
ihrer äußeren Form wie anch in der Tendenz ihrer einzelnen Artikel sich die Pariser
Revue de deux mondes zum Vorbild nimmt. Die Einleitung und das literarische nud
politische Feuilleton sind von Don Alejandro Magarmos Cervantes geschrieben. Eine
Anzahl tüchtiger Mitarbeiter in Spanien und Südamerika sind gewonnen und schon
diesmal einige recht lesenswerthe Aufsätze geliefert/ namentlich eine Darstellung der
gegenwärtigen Lage der südafrikanischen Republiken und eine Schilderung der spanischen
Sitten in politischer und socialer Beziehung von Antonio Flores. Eine Universitäts¬
rede des Professor Montau über den gegenwärtigen Zustand der Civilisation der ge¬
wöhnlichen akademischen Unbedcutsamkeit. Einen großen Theil des Raums füllen Uebersctznn-
ge" ans dem Französischen aus, die Graciella von Lamartine und ein national-ökonomischer
Artikel von Michel Chevalier. Das Feuilleton ist ganz nach dem Vorbild der Revue
de deux mondes eingerichtet und politisch ebenso unbedeutend. Es behandelt vorzugs¬
weise die orientalische Frage, von den spanischen Angelegenheiten wird fast gar nichts
gesagt. -- Eine Zeitschrift dieser Art wä" recht geeignet, die neuere spanische Literatur,
die uns jetzt ganz fern liegt, uns zu vermitteln, wenn nur die Herausgeber sich nicht
zu sehr dem französischen Einfluß hingeben. Ohnehin leisten nicht nur die Blätter
Belgiens und der französischen Schweiz mehr als hinlänglich, um uns über die Pariser
Zustände aufzuklären, sondern auch wir Deutsche wetteifern auf das redlichste mit ihnen.
Eine spanische Revue kann nur dann nützlich für ihr eignes Land und lehrreich für das
Ausland werden, wenn sie sich ganz aus nationalen Boden stellt. Uebersetzungen aus
dem Französischen werden die spanische Literatur jetzt am wenigsten fördern und schwache
Nachbildungen der gewöhnlichen Pariser Salonmanier können nur schädlich auf sie ein¬
wirken. Die spanische Literatur hat in ihrer neuesten Zeit ihre Romantiker grade wie
früher Deutschland und Frankreich. Eine verständig geleitete Revue könnte sehr viel dazu
beitragen, diesen Proceß zu beschleunigen und die unfruchtbaren belletristischen Träumereien in
das Gebiet des nationalen Lebens und der Geschichte überzuleiten, wie es in derselben Weise
in Deutschland geschehen ist. Die spanische Literatur hat weniger zuzusetzen, als die deutsche,
nud es wäre ihr daher zu wünschen, daß die Uebergangsperiode schneller vorüberginge.--

Wir haben in einem frühern Heft die deutschen Studien über Caldero" zusammengestellt.
Gegenwärtig haben wir auch über einen britischen Versuch zu berichten. Der Advocat
Denis Florence M'Carthy hat fünf Dramen von Calderon in dem Versmaß des
Originals und mit genauer Beibehaltung der ursprüngliche" Bilder und Redeformen
ins Englische übersetzt. Er hat folgende Stücke gewählt: "Der standhafte Prinz,
der Arzt seiner Ehre, das Fegefeuer des heiligen Patrik, das laute Geheimniß nud
Schärpe und Blume." Es ist ihm, wenn auch noch in höherem Grade, ebenso ge¬
gangen, wie unsern deutschen Uebersetzern. Die leidenschaftlichen und phantasiereiche"
Stellen sind ihm vollkommen gelungen, der leichte Dialog dagegen sieht schwerfällig
und gezwungen aus. In der Reihenfolge der Reime und in der Zahl der Sylben,
die zu einem Verse gehören, hat er es sich etwas leichter gemacht, als die Deutschen.
Dadurch geht freilich viel von dem Musikalischen des Verses verloren. Aber es ist doch
ein sehr günstiges Zeugniß für das, was die englische Sprache auch in diesen widerstrebenden
Formen leisten kaun. -- Die Übersetzung hat eine Kritik im Athenäum hervorgerufen
(19. u. 26. Novbr. 1833), die wir mit großem Interesse gelesen haben. Es ist eine
sehr unbefangene und vielseitige Würdigung des Dichters darin, und verräth ein gründ¬
liches Studium der deutschen Literatur über diese" Gegenstand. Wir finden i" ihm
zwar nichts Neues, de"" alles Einzelne ist von ^deutsche" Kritiker" schon gesagt worden,
dasür sind aber auch die Fehler vermieden, die fast jeder einzelne deutsche Kritiker sich hat
zu schulde" kommen lassen, und wir können ihm vom Anfang bis zu Ende beuMWu-




Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Als verantwort!. Redacteur legituuirl: F. W. Grnnow. -- Verlag von F. L. Hcrblg
in Leipzig.
Druck von C. E. Elbert in Leipzig.
Auswärtige Literatur.'

— Seit dem 1. Nov. des vorigen Jahres
erscheint in Madrideine Zeitschrift: Nevista Espcuiola de Ambos Mundos, welche in
ihrer äußeren Form wie anch in der Tendenz ihrer einzelnen Artikel sich die Pariser
Revue de deux mondes zum Vorbild nimmt. Die Einleitung und das literarische nud
politische Feuilleton sind von Don Alejandro Magarmos Cervantes geschrieben. Eine
Anzahl tüchtiger Mitarbeiter in Spanien und Südamerika sind gewonnen und schon
diesmal einige recht lesenswerthe Aufsätze geliefert/ namentlich eine Darstellung der
gegenwärtigen Lage der südafrikanischen Republiken und eine Schilderung der spanischen
Sitten in politischer und socialer Beziehung von Antonio Flores. Eine Universitäts¬
rede des Professor Montau über den gegenwärtigen Zustand der Civilisation der ge¬
wöhnlichen akademischen Unbedcutsamkeit. Einen großen Theil des Raums füllen Uebersctznn-
ge» ans dem Französischen aus, die Graciella von Lamartine und ein national-ökonomischer
Artikel von Michel Chevalier. Das Feuilleton ist ganz nach dem Vorbild der Revue
de deux mondes eingerichtet und politisch ebenso unbedeutend. Es behandelt vorzugs¬
weise die orientalische Frage, von den spanischen Angelegenheiten wird fast gar nichts
gesagt. — Eine Zeitschrift dieser Art wä« recht geeignet, die neuere spanische Literatur,
die uns jetzt ganz fern liegt, uns zu vermitteln, wenn nur die Herausgeber sich nicht
zu sehr dem französischen Einfluß hingeben. Ohnehin leisten nicht nur die Blätter
Belgiens und der französischen Schweiz mehr als hinlänglich, um uns über die Pariser
Zustände aufzuklären, sondern auch wir Deutsche wetteifern auf das redlichste mit ihnen.
Eine spanische Revue kann nur dann nützlich für ihr eignes Land und lehrreich für das
Ausland werden, wenn sie sich ganz aus nationalen Boden stellt. Uebersetzungen aus
dem Französischen werden die spanische Literatur jetzt am wenigsten fördern und schwache
Nachbildungen der gewöhnlichen Pariser Salonmanier können nur schädlich auf sie ein¬
wirken. Die spanische Literatur hat in ihrer neuesten Zeit ihre Romantiker grade wie
früher Deutschland und Frankreich. Eine verständig geleitete Revue könnte sehr viel dazu
beitragen, diesen Proceß zu beschleunigen und die unfruchtbaren belletristischen Träumereien in
das Gebiet des nationalen Lebens und der Geschichte überzuleiten, wie es in derselben Weise
in Deutschland geschehen ist. Die spanische Literatur hat weniger zuzusetzen, als die deutsche,
nud es wäre ihr daher zu wünschen, daß die Uebergangsperiode schneller vorüberginge.—

Wir haben in einem frühern Heft die deutschen Studien über Caldero» zusammengestellt.
Gegenwärtig haben wir auch über einen britischen Versuch zu berichten. Der Advocat
Denis Florence M'Carthy hat fünf Dramen von Calderon in dem Versmaß des
Originals und mit genauer Beibehaltung der ursprüngliche» Bilder und Redeformen
ins Englische übersetzt. Er hat folgende Stücke gewählt: „Der standhafte Prinz,
der Arzt seiner Ehre, das Fegefeuer des heiligen Patrik, das laute Geheimniß nud
Schärpe und Blume." Es ist ihm, wenn auch noch in höherem Grade, ebenso ge¬
gangen, wie unsern deutschen Uebersetzern. Die leidenschaftlichen und phantasiereiche»
Stellen sind ihm vollkommen gelungen, der leichte Dialog dagegen sieht schwerfällig
und gezwungen aus. In der Reihenfolge der Reime und in der Zahl der Sylben,
die zu einem Verse gehören, hat er es sich etwas leichter gemacht, als die Deutschen.
Dadurch geht freilich viel von dem Musikalischen des Verses verloren. Aber es ist doch
ein sehr günstiges Zeugniß für das, was die englische Sprache auch in diesen widerstrebenden
Formen leisten kaun. — Die Übersetzung hat eine Kritik im Athenäum hervorgerufen
(19. u. 26. Novbr. 1833), die wir mit großem Interesse gelesen haben. Es ist eine
sehr unbefangene und vielseitige Würdigung des Dichters darin, und verräth ein gründ¬
liches Studium der deutschen Literatur über diese» Gegenstand. Wir finden i» ihm
zwar nichts Neues, de»» alles Einzelne ist von ^deutsche» Kritiker» schon gesagt worden,
dasür sind aber auch die Fehler vermieden, die fast jeder einzelne deutsche Kritiker sich hat
zu schulde» kommen lassen, und wir können ihm vom Anfang bis zu Ende beuMWu-




Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Als verantwort!. Redacteur legituuirl: F. W. Grnnow. — Verlag von F. L. Hcrblg
in Leipzig.
Druck von C. E. Elbert in Leipzig.
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[0248] Auswärtige Literatur.' — Seit dem 1. Nov. des vorigen Jahres erscheint in Madrideine Zeitschrift: Nevista Espcuiola de Ambos Mundos, welche in ihrer äußeren Form wie anch in der Tendenz ihrer einzelnen Artikel sich die Pariser Revue de deux mondes zum Vorbild nimmt. Die Einleitung und das literarische nud politische Feuilleton sind von Don Alejandro Magarmos Cervantes geschrieben. Eine Anzahl tüchtiger Mitarbeiter in Spanien und Südamerika sind gewonnen und schon diesmal einige recht lesenswerthe Aufsätze geliefert/ namentlich eine Darstellung der gegenwärtigen Lage der südafrikanischen Republiken und eine Schilderung der spanischen Sitten in politischer und socialer Beziehung von Antonio Flores. Eine Universitäts¬ rede des Professor Montau über den gegenwärtigen Zustand der Civilisation der ge¬ wöhnlichen akademischen Unbedcutsamkeit. Einen großen Theil des Raums füllen Uebersctznn- ge» ans dem Französischen aus, die Graciella von Lamartine und ein national-ökonomischer Artikel von Michel Chevalier. Das Feuilleton ist ganz nach dem Vorbild der Revue de deux mondes eingerichtet und politisch ebenso unbedeutend. Es behandelt vorzugs¬ weise die orientalische Frage, von den spanischen Angelegenheiten wird fast gar nichts gesagt. — Eine Zeitschrift dieser Art wä« recht geeignet, die neuere spanische Literatur, die uns jetzt ganz fern liegt, uns zu vermitteln, wenn nur die Herausgeber sich nicht zu sehr dem französischen Einfluß hingeben. Ohnehin leisten nicht nur die Blätter Belgiens und der französischen Schweiz mehr als hinlänglich, um uns über die Pariser Zustände aufzuklären, sondern auch wir Deutsche wetteifern auf das redlichste mit ihnen. Eine spanische Revue kann nur dann nützlich für ihr eignes Land und lehrreich für das Ausland werden, wenn sie sich ganz aus nationalen Boden stellt. Uebersetzungen aus dem Französischen werden die spanische Literatur jetzt am wenigsten fördern und schwache Nachbildungen der gewöhnlichen Pariser Salonmanier können nur schädlich auf sie ein¬ wirken. Die spanische Literatur hat in ihrer neuesten Zeit ihre Romantiker grade wie früher Deutschland und Frankreich. Eine verständig geleitete Revue könnte sehr viel dazu beitragen, diesen Proceß zu beschleunigen und die unfruchtbaren belletristischen Träumereien in das Gebiet des nationalen Lebens und der Geschichte überzuleiten, wie es in derselben Weise in Deutschland geschehen ist. Die spanische Literatur hat weniger zuzusetzen, als die deutsche, nud es wäre ihr daher zu wünschen, daß die Uebergangsperiode schneller vorüberginge.— Wir haben in einem frühern Heft die deutschen Studien über Caldero» zusammengestellt. Gegenwärtig haben wir auch über einen britischen Versuch zu berichten. Der Advocat Denis Florence M'Carthy hat fünf Dramen von Calderon in dem Versmaß des Originals und mit genauer Beibehaltung der ursprüngliche» Bilder und Redeformen ins Englische übersetzt. Er hat folgende Stücke gewählt: „Der standhafte Prinz, der Arzt seiner Ehre, das Fegefeuer des heiligen Patrik, das laute Geheimniß nud Schärpe und Blume." Es ist ihm, wenn auch noch in höherem Grade, ebenso ge¬ gangen, wie unsern deutschen Uebersetzern. Die leidenschaftlichen und phantasiereiche» Stellen sind ihm vollkommen gelungen, der leichte Dialog dagegen sieht schwerfällig und gezwungen aus. In der Reihenfolge der Reime und in der Zahl der Sylben, die zu einem Verse gehören, hat er es sich etwas leichter gemacht, als die Deutschen. Dadurch geht freilich viel von dem Musikalischen des Verses verloren. Aber es ist doch ein sehr günstiges Zeugniß für das, was die englische Sprache auch in diesen widerstrebenden Formen leisten kaun. — Die Übersetzung hat eine Kritik im Athenäum hervorgerufen (19. u. 26. Novbr. 1833), die wir mit großem Interesse gelesen haben. Es ist eine sehr unbefangene und vielseitige Würdigung des Dichters darin, und verräth ein gründ¬ liches Studium der deutschen Literatur über diese» Gegenstand. Wir finden i» ihm zwar nichts Neues, de»» alles Einzelne ist von ^deutsche» Kritiker» schon gesagt worden, dasür sind aber auch die Fehler vermieden, die fast jeder einzelne deutsche Kritiker sich hat zu schulde» kommen lassen, und wir können ihm vom Anfang bis zu Ende beuMWu- Herausgegeben von Gustav Freytag und Julian Schmidt. Als verantwort!. Redacteur legituuirl: F. W. Grnnow. — Verlag von F. L. Hcrblg in Leipzig. Druck von C. E. Elbert in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/248>, abgerufen am 03.07.2024.