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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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taillone, 1 Batterie und die i Schwadronen unseres Hnsarenregimeuts in den
nächsten Tagen zum Ausmarsch fertig sind. Der Nest wird wol erst in einigen
Wochen nachrücken können. Wenn nur durch.diese Verzögerung unsere ganze
Brigade nicht gleich von Anfang auseinandergerissen wird. Es wäre doch nicht
angenehm, wenn unsere Bataillone mit anderen Bataillonen, vielleicht gar mit
den von M. M. oder H. H. zusammen in eine Brigade kommen müßten. Das
würde unaufhörlichen Streit geben, denn mit den M.ern und H.acrn passen unsere
Soldaten am wenigsten zusammen. Auch zwischen unserem Offiziercorps und
dem von M. und H. herrschen so wenige Sympathien, daß an ein kamerad¬
schaftliches Verhältniß nie zu denken sein wird, obgleich dies im Felde unter den
Truppen einer Brigade wünschenswerth, ja sogar nothwendig ist, wenn der Dienst
nicht leiden soll.

Reise auf der Eisenbahn ins Hauptquartier. Schöne Ein¬
richtung, die Eisenbahnen, ich darf niemandem sagen, daß diese Fahrt meine erste
größere Reise auf den Schienen ist. Der Prinz von G. Z,, unser Oberbefehls¬
haber, bei dem ich mich. heute meldete, empfing mich gnädig, ja herzlich.
Der alte Herr hat etwas sehr Liebenswürdiges und Ritterliches in seinem Wesen.
Jeder, der mit ihm in Berührung kommt, wird für ihn eingenommen werden.
Allzu viele militärische Studien scheint er übrigens nicht gemacht zu haben, um
die Verhältnisse der einzelnen deutschen Kontingente, die jetzt nnter seine Befehle
gestellt werden, hat er sich wenigstens noch nicht sehr gekümmert. Er frug mich
sogleich nach dem Zustand unserer Truppen, von denen 2 Bataillone nud 6 be¬
spannte Geschütze in den nächste" Tagen hier eintreffen und unserem Corps 'ein¬
verleibt werden sollen; ans allen seinen Fragen ging deutlich hervor, daß er von
der Organisation derselben, von unserem Offiziercorps nud der natürlichen Anlage
unserer dieustfähigcu Soldaten uur geringe Kenntniß besaß. Es ist ein sehr übles
Ding, wenn ein Obergeneral Truppen unter seinen Befehl bekommt, von deren
inneren Verhältnissen und Verwendbarkeit er nichts kennt.

Heute wurde ich meinen neuen Kameraden vom General-
stabe vorgestellt. Wir sind unserer 9 Offiziere, die 7 verschiedenen deutschen
Kontingenten angehören. Ein glänzendes Gefolge bilden, wir mit unseren sehr
verschiedenen, meist sehr reichen Uniformen gewiß, daß es aber Schwierigkeiten
aller Art bei diesem so bunt zusammengesetzten Generalstab geben muß, wird mir
schon jetzt klar. So hat unser Prinz zum Chef desselben seinen früheren ersten Adju¬
tanten, den Obersten L., ernannt. Die T. T. Offiziere, von denen 2 in unseren.
Generalstab commandirt sind, nud darunter auch ein Oberst, scheinen sehr mi߬
vergnügt darüber, da^ß sie als Offiziere eines größeren Königreiches jetzt sogar
unter dem Befehl eines großherzoglichen Offiziers stehen müssen. Ihr Oberst,
der, glaube ich, ein etwas älteres Patent als unser jetziger Generalstabschef
besitzt, hat sogar an seine Regierung geschrieben und um Abberufung ge-


taillone, 1 Batterie und die i Schwadronen unseres Hnsarenregimeuts in den
nächsten Tagen zum Ausmarsch fertig sind. Der Nest wird wol erst in einigen
Wochen nachrücken können. Wenn nur durch.diese Verzögerung unsere ganze
Brigade nicht gleich von Anfang auseinandergerissen wird. Es wäre doch nicht
angenehm, wenn unsere Bataillone mit anderen Bataillonen, vielleicht gar mit
den von M. M. oder H. H. zusammen in eine Brigade kommen müßten. Das
würde unaufhörlichen Streit geben, denn mit den M.ern und H.acrn passen unsere
Soldaten am wenigsten zusammen. Auch zwischen unserem Offiziercorps und
dem von M. und H. herrschen so wenige Sympathien, daß an ein kamerad¬
schaftliches Verhältniß nie zu denken sein wird, obgleich dies im Felde unter den
Truppen einer Brigade wünschenswerth, ja sogar nothwendig ist, wenn der Dienst
nicht leiden soll.

Reise auf der Eisenbahn ins Hauptquartier. Schöne Ein¬
richtung, die Eisenbahnen, ich darf niemandem sagen, daß diese Fahrt meine erste
größere Reise auf den Schienen ist. Der Prinz von G. Z,, unser Oberbefehls¬
haber, bei dem ich mich. heute meldete, empfing mich gnädig, ja herzlich.
Der alte Herr hat etwas sehr Liebenswürdiges und Ritterliches in seinem Wesen.
Jeder, der mit ihm in Berührung kommt, wird für ihn eingenommen werden.
Allzu viele militärische Studien scheint er übrigens nicht gemacht zu haben, um
die Verhältnisse der einzelnen deutschen Kontingente, die jetzt nnter seine Befehle
gestellt werden, hat er sich wenigstens noch nicht sehr gekümmert. Er frug mich
sogleich nach dem Zustand unserer Truppen, von denen 2 Bataillone nud 6 be¬
spannte Geschütze in den nächste» Tagen hier eintreffen und unserem Corps 'ein¬
verleibt werden sollen; ans allen seinen Fragen ging deutlich hervor, daß er von
der Organisation derselben, von unserem Offiziercorps nud der natürlichen Anlage
unserer dieustfähigcu Soldaten uur geringe Kenntniß besaß. Es ist ein sehr übles
Ding, wenn ein Obergeneral Truppen unter seinen Befehl bekommt, von deren
inneren Verhältnissen und Verwendbarkeit er nichts kennt.

Heute wurde ich meinen neuen Kameraden vom General-
stabe vorgestellt. Wir sind unserer 9 Offiziere, die 7 verschiedenen deutschen
Kontingenten angehören. Ein glänzendes Gefolge bilden, wir mit unseren sehr
verschiedenen, meist sehr reichen Uniformen gewiß, daß es aber Schwierigkeiten
aller Art bei diesem so bunt zusammengesetzten Generalstab geben muß, wird mir
schon jetzt klar. So hat unser Prinz zum Chef desselben seinen früheren ersten Adju¬
tanten, den Obersten L., ernannt. Die T. T. Offiziere, von denen 2 in unseren.
Generalstab commandirt sind, nud darunter auch ein Oberst, scheinen sehr mi߬
vergnügt darüber, da^ß sie als Offiziere eines größeren Königreiches jetzt sogar
unter dem Befehl eines großherzoglichen Offiziers stehen müssen. Ihr Oberst,
der, glaube ich, ein etwas älteres Patent als unser jetziger Generalstabschef
besitzt, hat sogar an seine Regierung geschrieben und um Abberufung ge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/213>, abgerufen am 22.07.2024.