Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
laß dir ein Mittel heißen;
des Ritters drum sollt Zweifel ihr nicht hegen;
was rissest du mir mein Geheimniß ein;
nicht darfst du meiner bittern Neu entrinnen,

sind nicht blos lächerlich prätentiös, sondern sie sind absurd. Sonst zeichnet
sich' die Sprache des Lohengrin nur aus durch das starke Austragen der Farben,
besonders weichlich süßlicher, die Häufung verwandter Ausdrücke (selig süß)
oder Spielen mit Contrasten (unselig hold) und ähnliche abgegriffene Mittel
einer unsicher tastenden Hand, die nicht mit festem Griff das Wahre zu fassen weiß.
Es läßt sich danach schon mit Sicherheit schließen, daß überhaupt die poetische
Technik nur schülerhast gehandhabt ist. Ich werde nicht von der Salopperie
des Rythmus, die sechsfüßige Jamben unter die fünffüßigen laufen läßt, wo
es ihr paßt, nicht von dem Mißbrauch der Wortumstellung


zu Freuden weis'n euch wir;
so hehrer Art doch ist des Grates Wesen,

des Apostrophs -- Friedrich sagt nie anders als mein Ehr--, der Flickworre,
wie doch, noch, nun, die gradezu unsinnig eingeschoben worden, um nur
den Vers zu Stande zu bringen, nicht von Versen so ausgesuchten Mißklanges
wie: durch deine Nein allein; man höre Elsas Jubelgesang:


O fand' ich Jubelwcisen,
die deinem Ruhme gleich,
die, würdig dich zu preisen,
an höchstem Lobe reich!
In dir muß ich vergehen,
vor. dir schwind' ich dahin!
Soll ich mich selig sehen,
nimm alles was ich bin!

oder den Chor:


Ertöne, Sicgesweise,
dem Helden laut zum Preise!
Nuhm deiner Fahrt!
Preis deinem Kommen!
Heil deiner Art,
Schützer der Frommen!
Dich nur besingen wir,
dir schallen unsre Lieder!
Nie kehrt ein Held gleich dir
in diese Lande wieder!

oder:


So will's der Schützer von Brabant:
wer dieser ist, macht er bekannt.

oder:


Welch' Unerhörtes muß ich nun erfahren!
O könnt' er die erzwung'ne Kunde sparen!

13*
laß dir ein Mittel heißen;
des Ritters drum sollt Zweifel ihr nicht hegen;
was rissest du mir mein Geheimniß ein;
nicht darfst du meiner bittern Neu entrinnen,

sind nicht blos lächerlich prätentiös, sondern sie sind absurd. Sonst zeichnet
sich' die Sprache des Lohengrin nur aus durch das starke Austragen der Farben,
besonders weichlich süßlicher, die Häufung verwandter Ausdrücke (selig süß)
oder Spielen mit Contrasten (unselig hold) und ähnliche abgegriffene Mittel
einer unsicher tastenden Hand, die nicht mit festem Griff das Wahre zu fassen weiß.
Es läßt sich danach schon mit Sicherheit schließen, daß überhaupt die poetische
Technik nur schülerhast gehandhabt ist. Ich werde nicht von der Salopperie
des Rythmus, die sechsfüßige Jamben unter die fünffüßigen laufen läßt, wo
es ihr paßt, nicht von dem Mißbrauch der Wortumstellung


zu Freuden weis'n euch wir;
so hehrer Art doch ist des Grates Wesen,

des Apostrophs — Friedrich sagt nie anders als mein Ehr—, der Flickworre,
wie doch, noch, nun, die gradezu unsinnig eingeschoben worden, um nur
den Vers zu Stande zu bringen, nicht von Versen so ausgesuchten Mißklanges
wie: durch deine Nein allein; man höre Elsas Jubelgesang:


O fand' ich Jubelwcisen,
die deinem Ruhme gleich,
die, würdig dich zu preisen,
an höchstem Lobe reich!
In dir muß ich vergehen,
vor. dir schwind' ich dahin!
Soll ich mich selig sehen,
nimm alles was ich bin!

oder den Chor:


Ertöne, Sicgesweise,
dem Helden laut zum Preise!
Nuhm deiner Fahrt!
Preis deinem Kommen!
Heil deiner Art,
Schützer der Frommen!
Dich nur besingen wir,
dir schallen unsre Lieder!
Nie kehrt ein Held gleich dir
in diese Lande wieder!

oder:


So will's der Schützer von Brabant:
wer dieser ist, macht er bekannt.

oder:


Welch' Unerhörtes muß ich nun erfahren!
O könnt' er die erzwung'ne Kunde sparen!

13*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0107" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97353"/>
          <quote> laß dir ein Mittel heißen;<lb/>
des Ritters drum sollt Zweifel ihr nicht hegen;<lb/>
was rissest du mir mein Geheimniß ein;<lb/>
nicht darfst du meiner bittern Neu entrinnen,</quote><lb/>
          <p xml:id="ID_264" prev="#ID_263" next="#ID_265"> sind nicht blos lächerlich prätentiös, sondern sie sind absurd.  Sonst zeichnet<lb/>
sich' die Sprache des Lohengrin nur aus durch das starke Austragen der Farben,<lb/>
besonders weichlich süßlicher, die Häufung verwandter Ausdrücke (selig süß)<lb/>
oder Spielen mit Contrasten (unselig hold) und ähnliche abgegriffene Mittel<lb/>
einer unsicher tastenden Hand, die nicht mit festem Griff das Wahre zu fassen weiß.<lb/>
Es läßt sich danach schon mit Sicherheit schließen, daß überhaupt die poetische<lb/>
Technik nur schülerhast gehandhabt ist.  Ich werde nicht von der Salopperie<lb/>
des Rythmus, die sechsfüßige Jamben unter die fünffüßigen laufen läßt, wo<lb/>
es ihr paßt, nicht von dem Mißbrauch der Wortumstellung</p><lb/>
          <quote> zu Freuden weis'n euch wir;<lb/>
so hehrer Art doch ist des Grates Wesen,</quote><lb/>
          <p xml:id="ID_265" prev="#ID_264" next="#ID_266"> des Apostrophs &#x2014; Friedrich sagt nie anders als mein Ehr&#x2014;, der Flickworre,<lb/>
wie doch, noch, nun, die gradezu unsinnig eingeschoben worden, um nur<lb/>
den Vers zu Stande zu bringen, nicht von Versen so ausgesuchten Mißklanges<lb/>
wie: durch deine Nein allein; man höre Elsas Jubelgesang:</p><lb/>
          <quote>  O fand' ich Jubelwcisen,<lb/>
die deinem Ruhme gleich,<lb/>
die, würdig dich zu preisen,<lb/>
an höchstem Lobe reich!<lb/>
In dir muß ich vergehen,<lb/>
vor. dir schwind' ich dahin!<lb/>
Soll ich mich selig sehen,<lb/>
nimm alles was ich bin!</quote><lb/>
          <p xml:id="ID_266" prev="#ID_265" next="#ID_267"> oder den Chor:</p><lb/>
          <quote> Ertöne, Sicgesweise,<lb/>
dem Helden laut zum Preise!<lb/>
Nuhm deiner Fahrt!<lb/>
Preis deinem Kommen!<lb/>
Heil deiner Art,<lb/>
Schützer der Frommen!<lb/>
Dich nur besingen wir,<lb/>
dir schallen unsre Lieder!<lb/>
Nie kehrt ein Held gleich dir<lb/>
in diese Lande wieder!</quote><lb/>
          <p xml:id="ID_267" prev="#ID_266" next="#ID_268"> oder:</p><lb/>
          <quote> So will's der Schützer von Brabant:<lb/>
wer dieser ist, macht er bekannt.</quote><lb/>
          <p xml:id="ID_268" prev="#ID_267" next="#ID_269"> oder:</p><lb/>
          <quote> Welch' Unerhörtes muß ich nun erfahren!<lb/>
O könnt' er die erzwung'ne Kunde sparen!</quote><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 13*</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0107] laß dir ein Mittel heißen; des Ritters drum sollt Zweifel ihr nicht hegen; was rissest du mir mein Geheimniß ein; nicht darfst du meiner bittern Neu entrinnen, sind nicht blos lächerlich prätentiös, sondern sie sind absurd. Sonst zeichnet sich' die Sprache des Lohengrin nur aus durch das starke Austragen der Farben, besonders weichlich süßlicher, die Häufung verwandter Ausdrücke (selig süß) oder Spielen mit Contrasten (unselig hold) und ähnliche abgegriffene Mittel einer unsicher tastenden Hand, die nicht mit festem Griff das Wahre zu fassen weiß. Es läßt sich danach schon mit Sicherheit schließen, daß überhaupt die poetische Technik nur schülerhast gehandhabt ist. Ich werde nicht von der Salopperie des Rythmus, die sechsfüßige Jamben unter die fünffüßigen laufen läßt, wo es ihr paßt, nicht von dem Mißbrauch der Wortumstellung zu Freuden weis'n euch wir; so hehrer Art doch ist des Grates Wesen, des Apostrophs — Friedrich sagt nie anders als mein Ehr—, der Flickworre, wie doch, noch, nun, die gradezu unsinnig eingeschoben worden, um nur den Vers zu Stande zu bringen, nicht von Versen so ausgesuchten Mißklanges wie: durch deine Nein allein; man höre Elsas Jubelgesang: O fand' ich Jubelwcisen, die deinem Ruhme gleich, die, würdig dich zu preisen, an höchstem Lobe reich! In dir muß ich vergehen, vor. dir schwind' ich dahin! Soll ich mich selig sehen, nimm alles was ich bin! oder den Chor: Ertöne, Sicgesweise, dem Helden laut zum Preise! Nuhm deiner Fahrt! Preis deinem Kommen! Heil deiner Art, Schützer der Frommen! Dich nur besingen wir, dir schallen unsre Lieder! Nie kehrt ein Held gleich dir in diese Lande wieder! oder: So will's der Schützer von Brabant: wer dieser ist, macht er bekannt. oder: Welch' Unerhörtes muß ich nun erfahren! O könnt' er die erzwung'ne Kunde sparen! 13*

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/107
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/107>, abgerufen am 22.07.2024.