Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.aus dreißig und einigen Fahrzeugen bestehend, auf die Küste geworfen und In diesem Augenblick schüttelt die Wohnung, in welcher ich Ihnen Für die innere Parteigeschichte des türkischen Reiches ist der letztvergan¬ Wenn auch mit der Gelangung Neschids zur höchsten Gewalt kein Systems¬ Im gemeinen Volke steckt hier, wie allerwärts, nur wenig politischer Ver¬ S8*
aus dreißig und einigen Fahrzeugen bestehend, auf die Küste geworfen und In diesem Augenblick schüttelt die Wohnung, in welcher ich Ihnen Für die innere Parteigeschichte des türkischen Reiches ist der letztvergan¬ Wenn auch mit der Gelangung Neschids zur höchsten Gewalt kein Systems¬ Im gemeinen Volke steckt hier, wie allerwärts, nur wenig politischer Ver¬ S8*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0467" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98781"/> <p xml:id="ID_1483" prev="#ID_1482"> aus dreißig und einigen Fahrzeugen bestehend, auf die Küste geworfen und<lb/> um nicht dem Feinde in die Hände zu gerathen/von der Mannschaft, die sich<lb/> rettete, verbrannt wurde. Der Schaden ist sehr groß, namentlich an Winter¬<lb/> kleidern, welche für die Armee bestimmt waren und am andern Tage gelan¬<lb/> det werden sollten, sowie an andern Effecten hat man einen enormen und<lb/> unter den obwaltenden Umständen doppelt schwer zu empfindenden Verlust<lb/> erlitten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1484"> In diesem Augenblick schüttelt die Wohnung, in welcher ich Ihnen<lb/> schreibe, unter den Stößen eines neuen Sturms, der zwar dem erwähnten<lb/> an Heftigkeit nicht zu vergleichen ist, aber gleichwol auf dem Meere hart em¬<lb/> pfunden werden wird. Man muß bedauern, daß ein vor vielen Jahren ent¬<lb/> worfenes Project, einen schwimmenden Hafen zu construiren, zu keinem prak¬<lb/> tischen Resultat geführt hat; England würde Millionen daran setzen, wenn<lb/> es ein derartiges schwimmendes Bassin gegenwärtig vor Sebastovol hinlegen<lb/> und darin seine Schiffe in Sicherheit bringen könnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1485"> Für die innere Parteigeschichte des türkischen Reiches ist der letztvergan¬<lb/> gene Donnerstag (23. November) nicht ohne Bedeutung. Wie Sie bereits auf<lb/> telegraphischem Wege erfahren haben werden, wurde Neschid Pascha an jenem<lb/> Tage zum Großvezier ernannt, ein Amt, welches er schon zu mehren Malen,<lb/> und unter andern in der langen Periode vom September 1866 bis zum Früh¬<lb/> jahr 1832 bekleidete. Seine leer gelassene Stelle als Minister der auswärtigen<lb/> Angelegenheiten ist von Aali Pascha (nicht Ali) eingenommen worden, der¬<lb/> selbe, welcher sie in der erwähnten Vezieratsepoche innehatte, der nachher<lb/> Gouverneur von Smyrna wurde, aus Anlaß des Koßtahandels gestürzt wurde,<lb/> und neuerdings zum Ne'is (Präsidenten) des Tansimatconseils ernannt wor¬<lb/> den war.</p><lb/> <p xml:id="ID_1486"> Wenn auch mit der Gelangung Neschids zur höchsten Gewalt kein Systems¬<lb/> wechsel verbunden sein wird, denn seit Ausbruch des Krieges ist es Lord Strat-<lb/> ford, der durch ihn den türkischen Staat leiten läßt und in dieser Leitung kann<lb/> sich nichts aus Anlaß des erwähnten Vorkommnisses ändern, so bezeichnet<lb/> nichtsdestoweniger die Placirung des den Reformen am günstigsten gesinnten<lb/> Ministers auf, der obersten Stufe türkischer Beamtung das völlige Obstegen<lb/> der Partei desselben über ihre Gegner.</p><lb/> <p xml:id="ID_1487" next="#ID_1488"> Im gemeinen Volke steckt hier, wie allerwärts, nur wenig politischer Ver¬<lb/> stand, und es ist in dieser Beziehung bezeichnend, daß man in Stambuls Kaffee¬<lb/> häusern die Erhebung Reschids als ein Zeichen der Friedensliebe und des Ein-<lb/> K'nkens behufs einer Verständigung mit Rußland betrachtete. Man kann sich<lb/> darüber umsoweniger wundern, jemehr man erwägt, wie verhaßt der neue</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> S8*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0467]
aus dreißig und einigen Fahrzeugen bestehend, auf die Küste geworfen und
um nicht dem Feinde in die Hände zu gerathen/von der Mannschaft, die sich
rettete, verbrannt wurde. Der Schaden ist sehr groß, namentlich an Winter¬
kleidern, welche für die Armee bestimmt waren und am andern Tage gelan¬
det werden sollten, sowie an andern Effecten hat man einen enormen und
unter den obwaltenden Umständen doppelt schwer zu empfindenden Verlust
erlitten.
In diesem Augenblick schüttelt die Wohnung, in welcher ich Ihnen
schreibe, unter den Stößen eines neuen Sturms, der zwar dem erwähnten
an Heftigkeit nicht zu vergleichen ist, aber gleichwol auf dem Meere hart em¬
pfunden werden wird. Man muß bedauern, daß ein vor vielen Jahren ent¬
worfenes Project, einen schwimmenden Hafen zu construiren, zu keinem prak¬
tischen Resultat geführt hat; England würde Millionen daran setzen, wenn
es ein derartiges schwimmendes Bassin gegenwärtig vor Sebastovol hinlegen
und darin seine Schiffe in Sicherheit bringen könnte.
Für die innere Parteigeschichte des türkischen Reiches ist der letztvergan¬
gene Donnerstag (23. November) nicht ohne Bedeutung. Wie Sie bereits auf
telegraphischem Wege erfahren haben werden, wurde Neschid Pascha an jenem
Tage zum Großvezier ernannt, ein Amt, welches er schon zu mehren Malen,
und unter andern in der langen Periode vom September 1866 bis zum Früh¬
jahr 1832 bekleidete. Seine leer gelassene Stelle als Minister der auswärtigen
Angelegenheiten ist von Aali Pascha (nicht Ali) eingenommen worden, der¬
selbe, welcher sie in der erwähnten Vezieratsepoche innehatte, der nachher
Gouverneur von Smyrna wurde, aus Anlaß des Koßtahandels gestürzt wurde,
und neuerdings zum Ne'is (Präsidenten) des Tansimatconseils ernannt wor¬
den war.
Wenn auch mit der Gelangung Neschids zur höchsten Gewalt kein Systems¬
wechsel verbunden sein wird, denn seit Ausbruch des Krieges ist es Lord Strat-
ford, der durch ihn den türkischen Staat leiten läßt und in dieser Leitung kann
sich nichts aus Anlaß des erwähnten Vorkommnisses ändern, so bezeichnet
nichtsdestoweniger die Placirung des den Reformen am günstigsten gesinnten
Ministers auf, der obersten Stufe türkischer Beamtung das völlige Obstegen
der Partei desselben über ihre Gegner.
Im gemeinen Volke steckt hier, wie allerwärts, nur wenig politischer Ver¬
stand, und es ist in dieser Beziehung bezeichnend, daß man in Stambuls Kaffee¬
häusern die Erhebung Reschids als ein Zeichen der Friedensliebe und des Ein-
K'nkens behufs einer Verständigung mit Rußland betrachtete. Man kann sich
darüber umsoweniger wundern, jemehr man erwägt, wie verhaßt der neue
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