Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.kann unmöglich so weich, einschmeichelnd und dabei doch so würdig gehalten Es ist neblig, feucht, schaurig, kalt. Der Himmel ist mit sich uneinig, ob Grenzl-öde". IV. ->8si. üg
kann unmöglich so weich, einschmeichelnd und dabei doch so würdig gehalten Es ist neblig, feucht, schaurig, kalt. Der Himmel ist mit sich uneinig, ob Grenzl-öde». IV. ->8si. üg
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0401" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98715"/> <p xml:id="ID_1294" prev="#ID_1293"> kann unmöglich so weich, einschmeichelnd und dabei doch so würdig gehalten<lb/> sein. Jedes Wort athmet Weiblichkeit und Grazie. Hat aber die Königin<lb/> wirklich dieses Actenstück verfaßt? Ich würde darauf schwören in den Eides¬<lb/> formeln aller positiven Religionen, wenn nicht Eines verdächtig wäre. Dieses<lb/> eine Verdächtige ist ein Etwas, das nicht da ist--es fehlt das unver¬<lb/> meidliche Postscriptum femininum. Und da ich trotzdem Sulche glauben kann,<lb/> daß der Brief aus plumpen Männcrhänden hervorgegangen ist, bin ich zu der<lb/> Ansicht gelangt, daß das Postscript eristirte, aber vom Prinzen Albert lächelnd<lb/> gestrichen wurde. Das ist freilich blos meine höchst individuelle Vermuthung,<lb/> aber ich halte sie so hoch, wie die Geologen nur imm?r ihren Neptunismus,<lb/> Vulcanismus :c. — Bedeutsam ist dieses königliche Actenstück nicht nur für<lb/> die Kulturgeschichte des Weibes, weil damit der Beweis geliefert wird, daß<lb/> ein Postscriptum nicht immer weibliche Nothwendigkeit ist, sondern wichtig ist<lb/> es auch in politischer Beziehung durch eine andere Omission — durch die<lb/> Weglassung des Namens von Admiral Dundas. Kein Wort von ihm, wäh¬<lb/> rend sein Lieutenant, der tapfere Sir Edmund Lyons, mit großen Ehren<lb/> erwähnt wird! Das ist stark. Das ist eine Hinwegsetzung über die Etikette,<lb/> die absichtlich und vernichtend ist. Den hat Prinz Albert nicht allein, den<lb/> hat die Königin und mit ihr das ganze Land gestrichen. Dem greisen Dundas<lb/> wird diese offenbare Herabsetzung wehe thun. Aber es ist ihm nicht mehr zu<lb/> helfen. Der Volks'witz, um Ihnen nichts zu verschweigen, heißt ihn seit lange<lb/> schon Damned Aß, das sich so ziemlich wie Dundas aussprechen läßt. Er<lb/> hat sich überlebt, und man kann, wie von Lord Derby, auch von ihm sagen:<lb/> da er gestorben ist, darf die Mitwelt sichs erlauben über ihn ein Urtheil zu<lb/> fällen, was bei lebendigen Größen nicht immer statthaft sein soll. Wirklich<lb/> todt ist leider der tapfere Sir H. Cathcart, der sich solange mit den Kaffern<lb/> herumgebalgt hat, bis ihn die Russen fraßen. Ehre seinem Andenken! Und<lb/> Sir George Brown, einer unsrer talentvollsten Generale, die rechte Hand<lb/> Raglans, ist um einen Arm kürzer geworden! Er und Raglan haben jetzt<lb/> zusammen nur zwei Hände. Ein würdiges Paar diese Beiden. Wir Werdens<lb/> erleben, wenn sich erleben, daß sie den zweiarmigen Menschikoff aus seinem<lb/> sebastopolischen Marterloch hinausjagen. Das deutsche Puvlicum aber wird<lb/> gemüthlich entschuldigen, wenn das große Opernhaus in der Krim, das seit<lb/> Wochen eine so heidnische Kanonenmusik macht, aus Kräftemangel der neuen<lb/> Impresarios um ein paar Wochen später eröffnet wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_1295" next="#ID_1296"> Es ist neblig, feucht, schaurig, kalt. Der Himmel ist mit sich uneinig, ob<lb/> er regnen oder schneien lassen soll, oder obs an dem Nebel genug ist, um der<lb/> getreuen Stadt London den Schnupfen und den Spleen an den Hals zu</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzl-öde». IV. ->8si. üg</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0401]
kann unmöglich so weich, einschmeichelnd und dabei doch so würdig gehalten
sein. Jedes Wort athmet Weiblichkeit und Grazie. Hat aber die Königin
wirklich dieses Actenstück verfaßt? Ich würde darauf schwören in den Eides¬
formeln aller positiven Religionen, wenn nicht Eines verdächtig wäre. Dieses
eine Verdächtige ist ein Etwas, das nicht da ist--es fehlt das unver¬
meidliche Postscriptum femininum. Und da ich trotzdem Sulche glauben kann,
daß der Brief aus plumpen Männcrhänden hervorgegangen ist, bin ich zu der
Ansicht gelangt, daß das Postscript eristirte, aber vom Prinzen Albert lächelnd
gestrichen wurde. Das ist freilich blos meine höchst individuelle Vermuthung,
aber ich halte sie so hoch, wie die Geologen nur imm?r ihren Neptunismus,
Vulcanismus :c. — Bedeutsam ist dieses königliche Actenstück nicht nur für
die Kulturgeschichte des Weibes, weil damit der Beweis geliefert wird, daß
ein Postscriptum nicht immer weibliche Nothwendigkeit ist, sondern wichtig ist
es auch in politischer Beziehung durch eine andere Omission — durch die
Weglassung des Namens von Admiral Dundas. Kein Wort von ihm, wäh¬
rend sein Lieutenant, der tapfere Sir Edmund Lyons, mit großen Ehren
erwähnt wird! Das ist stark. Das ist eine Hinwegsetzung über die Etikette,
die absichtlich und vernichtend ist. Den hat Prinz Albert nicht allein, den
hat die Königin und mit ihr das ganze Land gestrichen. Dem greisen Dundas
wird diese offenbare Herabsetzung wehe thun. Aber es ist ihm nicht mehr zu
helfen. Der Volks'witz, um Ihnen nichts zu verschweigen, heißt ihn seit lange
schon Damned Aß, das sich so ziemlich wie Dundas aussprechen läßt. Er
hat sich überlebt, und man kann, wie von Lord Derby, auch von ihm sagen:
da er gestorben ist, darf die Mitwelt sichs erlauben über ihn ein Urtheil zu
fällen, was bei lebendigen Größen nicht immer statthaft sein soll. Wirklich
todt ist leider der tapfere Sir H. Cathcart, der sich solange mit den Kaffern
herumgebalgt hat, bis ihn die Russen fraßen. Ehre seinem Andenken! Und
Sir George Brown, einer unsrer talentvollsten Generale, die rechte Hand
Raglans, ist um einen Arm kürzer geworden! Er und Raglan haben jetzt
zusammen nur zwei Hände. Ein würdiges Paar diese Beiden. Wir Werdens
erleben, wenn sich erleben, daß sie den zweiarmigen Menschikoff aus seinem
sebastopolischen Marterloch hinausjagen. Das deutsche Puvlicum aber wird
gemüthlich entschuldigen, wenn das große Opernhaus in der Krim, das seit
Wochen eine so heidnische Kanonenmusik macht, aus Kräftemangel der neuen
Impresarios um ein paar Wochen später eröffnet wird.
Es ist neblig, feucht, schaurig, kalt. Der Himmel ist mit sich uneinig, ob
er regnen oder schneien lassen soll, oder obs an dem Nebel genug ist, um der
getreuen Stadt London den Schnupfen und den Spleen an den Hals zu
Grenzl-öde». IV. ->8si. üg
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |