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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.

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ner Tieb hett et sick keen Haas wedder infallen laden, mit 'n Buxdehnder Swin¬
egel in de Welt to lovpen. De Lihr swer unt bisse Geschieht is ierstcus: bald
keener, un wenn he fiel vo? noch so föhruehm ducht, sick fall bikamen laden,
sperr geringen Mann sick lustig to maken, un wier't ook man'u Swinegel. Un
tweetens, bald et gcrahdeu is, wenn eener seine, bald he sick 'ne Fru uut hielten
Stand nimmt, un de just so uutsüht as he sülwst. Wer also en Swinegel is,
de noth tvschn, bald hielte Fru ook en Swinegel is, un so wieder. --

Ferner ist zu nennen: Der schweizerische Hausbote. Kalender auf
das Jahr Von Theodor Meyer Merlan. Dritter Jahrgang. Mit
47 Holzschnitten. Basel, Schweighäuser. -- Der Kalender gehört unbedingt zu
den vorzüglichsten dieser Gattung. Das größte Lob verdienen die Holzschnitte.
Wenn man diese gemüthlichen, charakteristischen, mit großem Humor gedachten und
doch correct ausgeführten Bilder sieht, so wird man um so aufgebrachter gegen die
Sudeleien, denen man bei der großen Verbreitung des Stahlstichs in allen möglichen
Taschenbüchern und illustrirten Werken begegnet. Die Verbreitung des Stahlstichs
beeinträchtigt die Entwicklung unsrer Kunst auf eine ganz unerhörte Weise. Auf
das gewöhnliche Publicum macht er stets den Eindruck von etwas Zierlichem und
Elegantem, und doch wird nur das Unbestimmte, Charakterlose und Verwaschene
dadurch gefördert. Die gegenwärtigen Holzschnitte sind in der guten alte" Weise
ausgeführt, und werden jedem gefallen, der Sinn für Natur und Originalität hat.
--- Der Text ist anspruchslos und dem Zweck entsprechend. --

Literatur.

-- Timoleon. Tragödie von Arthur Müller. -- Der
Conflict zwischen der brüderlichen Liebe und der politischen Idee in de^u Ge¬
müth des Timoleon hat schou manchen Dramatiker, der um einen Seelcncouflict
verlegen ist, verleitet, dies Problem, das eigentlich -schon der reflectirten griechischen
Bildung angehört, für die moderne Bühne zu verwerthen. Die Wahl ist eine
ungeschickte; denn welcher Partei wir anch angehören mögen, wir betrachten alle den
Meuchelmord, noch dazu den Mord eines Bruders, als etwas so Unnatürliches, daß
er bei einer edlen Seele gar nicht in Frage kommen kann. Will uns der Dichter
die Zeit schildern, in der.eine solche That dennoch möglich war, so wird er wieder
einen so großen Apparat gebrauche", daß der Raum eines Dramas überschritten
wird, und trotzdem wird er seinen Zweck immer uur halb erreichen. Schon Schiller
ist in seinem "Tell" mit dem Versuch, einen Meuchelmord dnrch mildernde Umstände
gerechtfertigt erscheinen zu lassen, gescheitert, wie am deutlichsten die Scene mit
dem Parricida beweist, die aus dem dunkeln Gefühl einer ungenügenden Motivirung
eingeschoben ist; und hier war doch im Grunde nur ein Kampf der Gewalt gegen
die Gewalt, und wenn Schiller nicht selbst so gewissenhaft über die sittlichen Motive
nachgedacht, wenn er das Publicum nicht gewaltsam an seine Gewisscnsscruvel
erinnert hätte, so würde dieses über dem Reichthum und der Fülle seiner Lebens¬
anschauungen das Bedenkliche der Sache vicleicht ganz übcrsehey haben. In einem
Fall aber, wo der Conflict zweier sittlichen Pflichten nothwendig in den Vorder¬
grund tritt', ist eine solche Unbefangenheit nicht möglich , und unser eignes sittliches
Bewußtsein spricht zu laut, um unserm Gemüth jene Freih-eit zu lassen, aus der
allein ein ästhetisches Wohlgefallen hervorgeht. Einen Brudermord, der in der
Leidenschaft, aus Eisersucht oder sonst einem Grunde begangen wird, wie in der


ner Tieb hett et sick keen Haas wedder infallen laden, mit 'n Buxdehnder Swin¬
egel in de Welt to lovpen. De Lihr swer unt bisse Geschieht is ierstcus: bald
keener, un wenn he fiel vo? noch so föhruehm ducht, sick fall bikamen laden,
sperr geringen Mann sick lustig to maken, un wier't ook man'u Swinegel. Un
tweetens, bald et gcrahdeu is, wenn eener seine, bald he sick 'ne Fru uut hielten
Stand nimmt, un de just so uutsüht as he sülwst. Wer also en Swinegel is,
de noth tvschn, bald hielte Fru ook en Swinegel is, un so wieder. —

Ferner ist zu nennen: Der schweizerische Hausbote. Kalender auf
das Jahr Von Theodor Meyer Merlan. Dritter Jahrgang. Mit
47 Holzschnitten. Basel, Schweighäuser. — Der Kalender gehört unbedingt zu
den vorzüglichsten dieser Gattung. Das größte Lob verdienen die Holzschnitte.
Wenn man diese gemüthlichen, charakteristischen, mit großem Humor gedachten und
doch correct ausgeführten Bilder sieht, so wird man um so aufgebrachter gegen die
Sudeleien, denen man bei der großen Verbreitung des Stahlstichs in allen möglichen
Taschenbüchern und illustrirten Werken begegnet. Die Verbreitung des Stahlstichs
beeinträchtigt die Entwicklung unsrer Kunst auf eine ganz unerhörte Weise. Auf
das gewöhnliche Publicum macht er stets den Eindruck von etwas Zierlichem und
Elegantem, und doch wird nur das Unbestimmte, Charakterlose und Verwaschene
dadurch gefördert. Die gegenwärtigen Holzschnitte sind in der guten alte» Weise
ausgeführt, und werden jedem gefallen, der Sinn für Natur und Originalität hat.
-— Der Text ist anspruchslos und dem Zweck entsprechend. —

Literatur.

— Timoleon. Tragödie von Arthur Müller. — Der
Conflict zwischen der brüderlichen Liebe und der politischen Idee in de^u Ge¬
müth des Timoleon hat schou manchen Dramatiker, der um einen Seelcncouflict
verlegen ist, verleitet, dies Problem, das eigentlich -schon der reflectirten griechischen
Bildung angehört, für die moderne Bühne zu verwerthen. Die Wahl ist eine
ungeschickte; denn welcher Partei wir anch angehören mögen, wir betrachten alle den
Meuchelmord, noch dazu den Mord eines Bruders, als etwas so Unnatürliches, daß
er bei einer edlen Seele gar nicht in Frage kommen kann. Will uns der Dichter
die Zeit schildern, in der.eine solche That dennoch möglich war, so wird er wieder
einen so großen Apparat gebrauche», daß der Raum eines Dramas überschritten
wird, und trotzdem wird er seinen Zweck immer uur halb erreichen. Schon Schiller
ist in seinem „Tell" mit dem Versuch, einen Meuchelmord dnrch mildernde Umstände
gerechtfertigt erscheinen zu lassen, gescheitert, wie am deutlichsten die Scene mit
dem Parricida beweist, die aus dem dunkeln Gefühl einer ungenügenden Motivirung
eingeschoben ist; und hier war doch im Grunde nur ein Kampf der Gewalt gegen
die Gewalt, und wenn Schiller nicht selbst so gewissenhaft über die sittlichen Motive
nachgedacht, wenn er das Publicum nicht gewaltsam an seine Gewisscnsscruvel
erinnert hätte, so würde dieses über dem Reichthum und der Fülle seiner Lebens¬
anschauungen das Bedenkliche der Sache vicleicht ganz übcrsehey haben. In einem
Fall aber, wo der Conflict zweier sittlichen Pflichten nothwendig in den Vorder¬
grund tritt', ist eine solche Unbefangenheit nicht möglich , und unser eignes sittliches
Bewußtsein spricht zu laut, um unserm Gemüth jene Freih-eit zu lassen, aus der
allein ein ästhetisches Wohlgefallen hervorgeht. Einen Brudermord, der in der
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/327>, abgerufen am 29.12.2024.