Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.hat mit Recht gefunden, daß dadurch das Epos zu eintönig wird, und hat sich
Ob nun die ungebundene Rede nicht dasselbe geleistet haben würde, das hat mit Recht gefunden, daß dadurch das Epos zu eintönig wird, und hat sich
Ob nun die ungebundene Rede nicht dasselbe geleistet haben würde, das <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0304" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98618"/> <p xml:id="ID_980" prev="#ID_979"> hat mit Recht gefunden, daß dadurch das Epos zu eintönig wird, und hat sich<lb/> dann einen eignen Rhythmus gebildet, der nicht schlecht klingt, der Mannig¬<lb/> faltigkeit und Gesetz vereinigt und mit der natürlichen Bewegung der deutschen<lb/> Sprache in Uebereinstimmung ist: er behält nämlich für die zweite Halbzeile<lb/> im wesentlichen den jambischen Rhythmus bei, wenn er auch an der zweiten<lb/> und dritten Stelle zuweilen Anapäste anwendet, in der ersten dagegen macht<lb/> er an der vierten Stelle den Anapäst zur Regel und fügt meistens noch eine<lb/> kurze Schlußsilbe hinzu. Das Versmaß sieht also so aus:</p><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_24" type="poem"> <l> Nun hast du alle Güter verloren<lb/> und deine Brüder allzumal;<lb/> nun wirst du wohl vom Spiele zu lassen<lb/> genöthigt sein Juzischthira.</l> <l> Noch bin ich, o Dum'zana, frei;<lb/> für meine Brüder setz' ich mich.<lb/> Wenn dn gewinnst, so werd ich selbst<lb/> dir dienen wie ein andrer Knecht.</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_981"> Ob nun die ungebundene Rede nicht dasselbe geleistet haben würde, das<lb/> wollen wir dahingestellt sein lassen. Auf alle Fälle bewegt sich der Verfasser<lb/> in seinem selbsterfundenen Versmaß mit soviel Freiheit, Sicherheit und Geschmack,<lb/> daß wir über die Wahl desselben mit ihm nicht rechten wollen. — Aber einige<lb/> andere Ausstellungen müssen wir machen. Zunächst in Beziehung auf die<lb/> Namen. Die indischen Namen klingen unsrem Ohr an und für sich schon<lb/> wunderlich genug, der Uebelstand wird aber noch dadurch erschwert, daß jeder<lb/> der Helden fünf bis sechs verschiedene Namen führt, die beliebig durcheinander¬<lb/> geworfen werden. Da es nun dem Verfasser nicht auf philologische Genauig¬<lb/> keit ankam, so hätte er diese Vielnamigkeit dem deutschen Leser ersparen<lb/> sollen, denn die Rücksicht auf sein Versmaß konnte doch wol nicht maßgebend<lb/> sein; ja, es wäre vielleicht ganz in der Ordnung gewesen, die Namen ein<lb/> wenig zu germanisiren, denn was nutzt ein Name, wenn man ihn nicht aus¬<lb/> sprechen kaun? — Ferner hat er ebenfalls in Rücksicht auf das Versmaß zu¬<lb/> weilen auch die sachlichen Bezeichnungen indisch gegeben. So kommt z. B.<lb/> der Elephant sast auf jeder Seite vor, ein allerdings sehr unbequemes Wort,<lb/> was aber den Dichter noch nicht dazu berechtigt, dafür das indische Wort<lb/> „Ils" einzuführen. Es wird zwar erlaubt sein, bei Naturgegenständen, für die<lb/> es im Deutschen noch' keine Bezeichnung gibt, den fremden Namen aufzu¬<lb/> nehmen, aber wo es im Deutschen bereits ein Wort dafür gibt, ist dies durchaus<lb/> unstatthaft. In den meisten Fällen hätte hier übrigens die allgemeine Be¬<lb/> zeichnung „Thier" dieselben Dienste gethan. Ferner halten wir auch die End¬<lb/> silbe „ing" für die Bezeichnung der Abkunft, da sie einmal im neuhochdeutschen<lb/> abgekommen ist, nicht für empfehlenswerth.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0304]
hat mit Recht gefunden, daß dadurch das Epos zu eintönig wird, und hat sich
dann einen eignen Rhythmus gebildet, der nicht schlecht klingt, der Mannig¬
faltigkeit und Gesetz vereinigt und mit der natürlichen Bewegung der deutschen
Sprache in Uebereinstimmung ist: er behält nämlich für die zweite Halbzeile
im wesentlichen den jambischen Rhythmus bei, wenn er auch an der zweiten
und dritten Stelle zuweilen Anapäste anwendet, in der ersten dagegen macht
er an der vierten Stelle den Anapäst zur Regel und fügt meistens noch eine
kurze Schlußsilbe hinzu. Das Versmaß sieht also so aus:
Nun hast du alle Güter verloren
und deine Brüder allzumal;
nun wirst du wohl vom Spiele zu lassen
genöthigt sein Juzischthira. Noch bin ich, o Dum'zana, frei;
für meine Brüder setz' ich mich.
Wenn dn gewinnst, so werd ich selbst
dir dienen wie ein andrer Knecht.
Ob nun die ungebundene Rede nicht dasselbe geleistet haben würde, das
wollen wir dahingestellt sein lassen. Auf alle Fälle bewegt sich der Verfasser
in seinem selbsterfundenen Versmaß mit soviel Freiheit, Sicherheit und Geschmack,
daß wir über die Wahl desselben mit ihm nicht rechten wollen. — Aber einige
andere Ausstellungen müssen wir machen. Zunächst in Beziehung auf die
Namen. Die indischen Namen klingen unsrem Ohr an und für sich schon
wunderlich genug, der Uebelstand wird aber noch dadurch erschwert, daß jeder
der Helden fünf bis sechs verschiedene Namen führt, die beliebig durcheinander¬
geworfen werden. Da es nun dem Verfasser nicht auf philologische Genauig¬
keit ankam, so hätte er diese Vielnamigkeit dem deutschen Leser ersparen
sollen, denn die Rücksicht auf sein Versmaß konnte doch wol nicht maßgebend
sein; ja, es wäre vielleicht ganz in der Ordnung gewesen, die Namen ein
wenig zu germanisiren, denn was nutzt ein Name, wenn man ihn nicht aus¬
sprechen kaun? — Ferner hat er ebenfalls in Rücksicht auf das Versmaß zu¬
weilen auch die sachlichen Bezeichnungen indisch gegeben. So kommt z. B.
der Elephant sast auf jeder Seite vor, ein allerdings sehr unbequemes Wort,
was aber den Dichter noch nicht dazu berechtigt, dafür das indische Wort
„Ils" einzuführen. Es wird zwar erlaubt sein, bei Naturgegenständen, für die
es im Deutschen noch' keine Bezeichnung gibt, den fremden Namen aufzu¬
nehmen, aber wo es im Deutschen bereits ein Wort dafür gibt, ist dies durchaus
unstatthaft. In den meisten Fällen hätte hier übrigens die allgemeine Be¬
zeichnung „Thier" dieselben Dienste gethan. Ferner halten wir auch die End¬
silbe „ing" für die Bezeichnung der Abkunft, da sie einmal im neuhochdeutschen
abgekommen ist, nicht für empfehlenswerth.
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