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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.

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und ihre Kräfte immermehr nach einer bestimmten Richtung hin zu concentriren.
Bei ihren ersten Bänden wäre es in der That schwer gewesen, irgendein be¬
stimmtes Princip der Auswahl aufzufinden, und einem großen Theil der Werke,
die sie aufnahm, sah man die bestellte Arbeit an. Sie ist seit der Zeit in
einem beständigen Fortschritt zum Bessern begriffen und bemüht sich auf das
ernstlichste, die Gunst des Publicums, die ihr in so reichem Maße zu Theil
geworden ist, auch durch den innern Werth ihrer Leistungen zu verdienen. In
neuester Zeit hat sie fast das Ansehen einer encyklopädischen Darstellung alles
Wissenswerthen aus dem Gebiet der neuern Geschichte, der Länder- und Völker¬
kunde und der Naturwissenschaft angenommen, nur mit dem Unterschied, daß
sie ausführlicher und vollständiger sein kann.

Die beiden vorliegenden Bände beschäftigen sich mit den weniger bekannten
Theilen der russischen Monarchie. Sie enthalten die Reiseerinnerungen aus
Sibirien von Professor Hansteen und das Tagebuch aus der Krim und Odessa
von Professor 5? och aus Berlin. Beide Männer unternahmen die Reise aus
naturwissenschaftlichen Zwecken; ein überaus günstiger Umstand, denn einerseits
führt sie der wissenschaftliche Trieb in Gegenden, die sonst der Fuß des Wan¬
derers nicht leicht betritt und veranlaßt sie zur genauen methodischen Erforschung
der factischen Zustände, andrerseits bringen sie der Beobachtung der socialen'
und politischen Verhältnisse keine vorgefaßte Meinung entgegen, sondern lassen
die Dinge ruhig auf sich wirken, wodurch ihre Darstellung an Objectivität
außerordentlich gewinnt. Der Naturforscher wird überall freundlich ausge-'
nommer und gefördert; er erweckt weder das Mißtrauen der Behörden und
der Völker, noch veranlaßt er sie zu jenem künstlichen Entgegenkommen, welches
dem eigentlichen Touristen die Gegenstände so häufig in ganz falschem Lichte
zeigt. Die Personen, mit denen er zusammenkommt, denken nicht daran, ihm
als Modell für künftige Reisestudien zu sitzen, sondern sie geben sich ihm mit
jener Unbefangenheit hin, die niemals ausbleibt, wenn man bei dem Reisenden
einen bestimmten, nützlichen und unbedenklichen Zweck steht.

Professor Hansteen unternahm seine Reise durch Sibirien in den Jahren
1828--1830, und harte einzelnes darüber in dem norwegischen Volkskalender
veröffentlicht. Der Uebersetzer, Dr. Sebald in Berlin, war durch diese inter¬
essanten Bruchstücke angezogen worden und bat den Verfasser, das Gemälde
zu vervollständigen, wodurch dieser veranlaßt wurde, ihm mehre sehr wichtige
Nachträge zuzuschicken, so daß in dieser Ausgabe die Reise zum ersten Male
vollständig erscheint. Sie verdient sowol wegen ihres Inhaltes als wegen
ihrer Form alle Anerkennung. Sie gibt eine Reihe neuerer Beobachtungen
über die wunderlichen Völkerschaften, die man bei dieser Gelegenheit kennen
lernt, ihre Gebräuche, Sitten und Religion, und ist dabei in einem so frischen
und gemüthlichen Ton geschrieben, daß man den Versasser liebgewinnt. Ent-


und ihre Kräfte immermehr nach einer bestimmten Richtung hin zu concentriren.
Bei ihren ersten Bänden wäre es in der That schwer gewesen, irgendein be¬
stimmtes Princip der Auswahl aufzufinden, und einem großen Theil der Werke,
die sie aufnahm, sah man die bestellte Arbeit an. Sie ist seit der Zeit in
einem beständigen Fortschritt zum Bessern begriffen und bemüht sich auf das
ernstlichste, die Gunst des Publicums, die ihr in so reichem Maße zu Theil
geworden ist, auch durch den innern Werth ihrer Leistungen zu verdienen. In
neuester Zeit hat sie fast das Ansehen einer encyklopädischen Darstellung alles
Wissenswerthen aus dem Gebiet der neuern Geschichte, der Länder- und Völker¬
kunde und der Naturwissenschaft angenommen, nur mit dem Unterschied, daß
sie ausführlicher und vollständiger sein kann.

Die beiden vorliegenden Bände beschäftigen sich mit den weniger bekannten
Theilen der russischen Monarchie. Sie enthalten die Reiseerinnerungen aus
Sibirien von Professor Hansteen und das Tagebuch aus der Krim und Odessa
von Professor 5? och aus Berlin. Beide Männer unternahmen die Reise aus
naturwissenschaftlichen Zwecken; ein überaus günstiger Umstand, denn einerseits
führt sie der wissenschaftliche Trieb in Gegenden, die sonst der Fuß des Wan¬
derers nicht leicht betritt und veranlaßt sie zur genauen methodischen Erforschung
der factischen Zustände, andrerseits bringen sie der Beobachtung der socialen'
und politischen Verhältnisse keine vorgefaßte Meinung entgegen, sondern lassen
die Dinge ruhig auf sich wirken, wodurch ihre Darstellung an Objectivität
außerordentlich gewinnt. Der Naturforscher wird überall freundlich ausge-'
nommer und gefördert; er erweckt weder das Mißtrauen der Behörden und
der Völker, noch veranlaßt er sie zu jenem künstlichen Entgegenkommen, welches
dem eigentlichen Touristen die Gegenstände so häufig in ganz falschem Lichte
zeigt. Die Personen, mit denen er zusammenkommt, denken nicht daran, ihm
als Modell für künftige Reisestudien zu sitzen, sondern sie geben sich ihm mit
jener Unbefangenheit hin, die niemals ausbleibt, wenn man bei dem Reisenden
einen bestimmten, nützlichen und unbedenklichen Zweck steht.

Professor Hansteen unternahm seine Reise durch Sibirien in den Jahren
1828—1830, und harte einzelnes darüber in dem norwegischen Volkskalender
veröffentlicht. Der Uebersetzer, Dr. Sebald in Berlin, war durch diese inter¬
essanten Bruchstücke angezogen worden und bat den Verfasser, das Gemälde
zu vervollständigen, wodurch dieser veranlaßt wurde, ihm mehre sehr wichtige
Nachträge zuzuschicken, so daß in dieser Ausgabe die Reise zum ersten Male
vollständig erscheint. Sie verdient sowol wegen ihres Inhaltes als wegen
ihrer Form alle Anerkennung. Sie gibt eine Reihe neuerer Beobachtungen
über die wunderlichen Völkerschaften, die man bei dieser Gelegenheit kennen
lernt, ihre Gebräuche, Sitten und Religion, und ist dabei in einem so frischen
und gemüthlichen Ton geschrieben, daß man den Versasser liebgewinnt. Ent-


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[0221] und ihre Kräfte immermehr nach einer bestimmten Richtung hin zu concentriren. Bei ihren ersten Bänden wäre es in der That schwer gewesen, irgendein be¬ stimmtes Princip der Auswahl aufzufinden, und einem großen Theil der Werke, die sie aufnahm, sah man die bestellte Arbeit an. Sie ist seit der Zeit in einem beständigen Fortschritt zum Bessern begriffen und bemüht sich auf das ernstlichste, die Gunst des Publicums, die ihr in so reichem Maße zu Theil geworden ist, auch durch den innern Werth ihrer Leistungen zu verdienen. In neuester Zeit hat sie fast das Ansehen einer encyklopädischen Darstellung alles Wissenswerthen aus dem Gebiet der neuern Geschichte, der Länder- und Völker¬ kunde und der Naturwissenschaft angenommen, nur mit dem Unterschied, daß sie ausführlicher und vollständiger sein kann. Die beiden vorliegenden Bände beschäftigen sich mit den weniger bekannten Theilen der russischen Monarchie. Sie enthalten die Reiseerinnerungen aus Sibirien von Professor Hansteen und das Tagebuch aus der Krim und Odessa von Professor 5? och aus Berlin. Beide Männer unternahmen die Reise aus naturwissenschaftlichen Zwecken; ein überaus günstiger Umstand, denn einerseits führt sie der wissenschaftliche Trieb in Gegenden, die sonst der Fuß des Wan¬ derers nicht leicht betritt und veranlaßt sie zur genauen methodischen Erforschung der factischen Zustände, andrerseits bringen sie der Beobachtung der socialen' und politischen Verhältnisse keine vorgefaßte Meinung entgegen, sondern lassen die Dinge ruhig auf sich wirken, wodurch ihre Darstellung an Objectivität außerordentlich gewinnt. Der Naturforscher wird überall freundlich ausge-' nommer und gefördert; er erweckt weder das Mißtrauen der Behörden und der Völker, noch veranlaßt er sie zu jenem künstlichen Entgegenkommen, welches dem eigentlichen Touristen die Gegenstände so häufig in ganz falschem Lichte zeigt. Die Personen, mit denen er zusammenkommt, denken nicht daran, ihm als Modell für künftige Reisestudien zu sitzen, sondern sie geben sich ihm mit jener Unbefangenheit hin, die niemals ausbleibt, wenn man bei dem Reisenden einen bestimmten, nützlichen und unbedenklichen Zweck steht. Professor Hansteen unternahm seine Reise durch Sibirien in den Jahren 1828—1830, und harte einzelnes darüber in dem norwegischen Volkskalender veröffentlicht. Der Uebersetzer, Dr. Sebald in Berlin, war durch diese inter¬ essanten Bruchstücke angezogen worden und bat den Verfasser, das Gemälde zu vervollständigen, wodurch dieser veranlaßt wurde, ihm mehre sehr wichtige Nachträge zuzuschicken, so daß in dieser Ausgabe die Reise zum ersten Male vollständig erscheint. Sie verdient sowol wegen ihres Inhaltes als wegen ihrer Form alle Anerkennung. Sie gibt eine Reihe neuerer Beobachtungen über die wunderlichen Völkerschaften, die man bei dieser Gelegenheit kennen lernt, ihre Gebräuche, Sitten und Religion, und ist dabei in einem so frischen und gemüthlichen Ton geschrieben, daß man den Versasser liebgewinnt. Ent-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/221>, abgerufen am 29.12.2024.