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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.

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100 Blättern angeschlossen und von einer dritten auf den gleichen Umfang
berechneten liegt die größere Hälfte in 6 Heften vor. Goethes Urtheil, daß
die Zahnschen Hefte gar mannigfaltigen Nutzen zu stiften geeignet seien, für das
Studium des Alterthums überhaupt und das der alten Kunstgeschichte beson¬
ders, dann aber auch durch ihren Einfluß auf die Praris hat sich seitdem voll¬
ständig bewährt. Das letztere lehrt schon eine Vergleichung dessen, was in den
verschiedenen Folgen in Hinsicht des Steindrucks in Farben geleistet ist, dessen
Vervollkommnung nicht zum geringsten Theil den Bestrebungen zuzuschreiben
ist, welche für die Herstellung dieser Tafeln gemacht wurden. Während in der
ersten Folge die meist schon recht sauber ausgeführten Tafeln über architektoni-
sche Ornamente fast gar nicht hinausgehen, ist in der zweiten schon der Ver¬
such mit Erfolg gemacht, auch solche Gemälde in Farben nachzubilden, welche
Figuren darstellen; doch sind dies einfache Darstellungen, einige jener reizen¬
den Gruppen schwebender Gestalten und ein auch durch seine sorgfältige Aus¬
führung sehr interessantes Gemälde, das aber durch die Behandlung der Farbe
verhältnißmäßig weniger Schwierigkeiten machte. Ungleich größer ist der Fort¬
schritt in der letzten Folge und die ausgeführten farbigen Tafeln, deren jede Lie¬
ferung eine enthält, sind Leistungen der Lithochromie, die in der That Bewun¬
derung verdienen. Es sind Gemälde ausgewählt, die der Megalographie
(historischen Malerei) angehören, in denen die menschlichen Figuren die Haupt¬
sache bilden und die sich durch ihre reiche und schöne Farbenwirkung auszeichnen.
Gleich das erste ist ein wahres Prachtstück. Venus, von einem Seecentauren,
der die Leier spielt, übers Meer getragen, geleitet von einer Nereide.
Amoren halten ihren Schleier, der sich zum Segel bauscht und den Ober¬
körper der Göttin in unverhüllter Schönheit sehen läßt; oben sind die Wind¬
götter sichtbar. Die Wirkung dieses Gemäldes ist wahrhaft blendend, aber
nicht minder schön und in der Ausführung gelungen sind Perseus und An-
dromeda, Venus und Adonis; auch die einfacheren Vorstellungen des von der
Siegesgöttin bekränzten thronenden Jupiter, der Penelope, welche den Freiern
den Bogen bringt, und eines schwebenden Satyrs mit einer Bachantin geben
ihnen nichts nach. Wenn man mit diesen Tafeln die farbigen Nachbildungen
pompejanischer Bilder vergleicht, welche Raoul Rochette für sein Prachtwerk in
den letzten Jahren in Paris hat anfertigen lassen, wird man mit Vergnügen
wahrnehmen, wieweit die Leistungen der" deutschen Lithochromie der französischen
sich hier überlegen zeigen. Allein auch die farbigen Tafeln in Ternites Werk,
so lobenswert!) sie auch sind, stehen doch den in der neuesten Folge des Zahn¬
schen Werkes gegebenen nach.

Die übrigen farbigen Tafeln, deren jedes Heft noch drei enthält, haben
mehr einen ornamentalen Charakter. Theils sind es ganze Wände oder Wand-
abschnilte, die in ihrem vollen Farbenschmuck vorgeführt werden (10 Tafeln),


100 Blättern angeschlossen und von einer dritten auf den gleichen Umfang
berechneten liegt die größere Hälfte in 6 Heften vor. Goethes Urtheil, daß
die Zahnschen Hefte gar mannigfaltigen Nutzen zu stiften geeignet seien, für das
Studium des Alterthums überhaupt und das der alten Kunstgeschichte beson¬
ders, dann aber auch durch ihren Einfluß auf die Praris hat sich seitdem voll¬
ständig bewährt. Das letztere lehrt schon eine Vergleichung dessen, was in den
verschiedenen Folgen in Hinsicht des Steindrucks in Farben geleistet ist, dessen
Vervollkommnung nicht zum geringsten Theil den Bestrebungen zuzuschreiben
ist, welche für die Herstellung dieser Tafeln gemacht wurden. Während in der
ersten Folge die meist schon recht sauber ausgeführten Tafeln über architektoni-
sche Ornamente fast gar nicht hinausgehen, ist in der zweiten schon der Ver¬
such mit Erfolg gemacht, auch solche Gemälde in Farben nachzubilden, welche
Figuren darstellen; doch sind dies einfache Darstellungen, einige jener reizen¬
den Gruppen schwebender Gestalten und ein auch durch seine sorgfältige Aus¬
führung sehr interessantes Gemälde, das aber durch die Behandlung der Farbe
verhältnißmäßig weniger Schwierigkeiten machte. Ungleich größer ist der Fort¬
schritt in der letzten Folge und die ausgeführten farbigen Tafeln, deren jede Lie¬
ferung eine enthält, sind Leistungen der Lithochromie, die in der That Bewun¬
derung verdienen. Es sind Gemälde ausgewählt, die der Megalographie
(historischen Malerei) angehören, in denen die menschlichen Figuren die Haupt¬
sache bilden und die sich durch ihre reiche und schöne Farbenwirkung auszeichnen.
Gleich das erste ist ein wahres Prachtstück. Venus, von einem Seecentauren,
der die Leier spielt, übers Meer getragen, geleitet von einer Nereide.
Amoren halten ihren Schleier, der sich zum Segel bauscht und den Ober¬
körper der Göttin in unverhüllter Schönheit sehen läßt; oben sind die Wind¬
götter sichtbar. Die Wirkung dieses Gemäldes ist wahrhaft blendend, aber
nicht minder schön und in der Ausführung gelungen sind Perseus und An-
dromeda, Venus und Adonis; auch die einfacheren Vorstellungen des von der
Siegesgöttin bekränzten thronenden Jupiter, der Penelope, welche den Freiern
den Bogen bringt, und eines schwebenden Satyrs mit einer Bachantin geben
ihnen nichts nach. Wenn man mit diesen Tafeln die farbigen Nachbildungen
pompejanischer Bilder vergleicht, welche Raoul Rochette für sein Prachtwerk in
den letzten Jahren in Paris hat anfertigen lassen, wird man mit Vergnügen
wahrnehmen, wieweit die Leistungen der« deutschen Lithochromie der französischen
sich hier überlegen zeigen. Allein auch die farbigen Tafeln in Ternites Werk,
so lobenswert!) sie auch sind, stehen doch den in der neuesten Folge des Zahn¬
schen Werkes gegebenen nach.

Die übrigen farbigen Tafeln, deren jedes Heft noch drei enthält, haben
mehr einen ornamentalen Charakter. Theils sind es ganze Wände oder Wand-
abschnilte, die in ihrem vollen Farbenschmuck vorgeführt werden (10 Tafeln),


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[0188] 100 Blättern angeschlossen und von einer dritten auf den gleichen Umfang berechneten liegt die größere Hälfte in 6 Heften vor. Goethes Urtheil, daß die Zahnschen Hefte gar mannigfaltigen Nutzen zu stiften geeignet seien, für das Studium des Alterthums überhaupt und das der alten Kunstgeschichte beson¬ ders, dann aber auch durch ihren Einfluß auf die Praris hat sich seitdem voll¬ ständig bewährt. Das letztere lehrt schon eine Vergleichung dessen, was in den verschiedenen Folgen in Hinsicht des Steindrucks in Farben geleistet ist, dessen Vervollkommnung nicht zum geringsten Theil den Bestrebungen zuzuschreiben ist, welche für die Herstellung dieser Tafeln gemacht wurden. Während in der ersten Folge die meist schon recht sauber ausgeführten Tafeln über architektoni- sche Ornamente fast gar nicht hinausgehen, ist in der zweiten schon der Ver¬ such mit Erfolg gemacht, auch solche Gemälde in Farben nachzubilden, welche Figuren darstellen; doch sind dies einfache Darstellungen, einige jener reizen¬ den Gruppen schwebender Gestalten und ein auch durch seine sorgfältige Aus¬ führung sehr interessantes Gemälde, das aber durch die Behandlung der Farbe verhältnißmäßig weniger Schwierigkeiten machte. Ungleich größer ist der Fort¬ schritt in der letzten Folge und die ausgeführten farbigen Tafeln, deren jede Lie¬ ferung eine enthält, sind Leistungen der Lithochromie, die in der That Bewun¬ derung verdienen. Es sind Gemälde ausgewählt, die der Megalographie (historischen Malerei) angehören, in denen die menschlichen Figuren die Haupt¬ sache bilden und die sich durch ihre reiche und schöne Farbenwirkung auszeichnen. Gleich das erste ist ein wahres Prachtstück. Venus, von einem Seecentauren, der die Leier spielt, übers Meer getragen, geleitet von einer Nereide. Amoren halten ihren Schleier, der sich zum Segel bauscht und den Ober¬ körper der Göttin in unverhüllter Schönheit sehen läßt; oben sind die Wind¬ götter sichtbar. Die Wirkung dieses Gemäldes ist wahrhaft blendend, aber nicht minder schön und in der Ausführung gelungen sind Perseus und An- dromeda, Venus und Adonis; auch die einfacheren Vorstellungen des von der Siegesgöttin bekränzten thronenden Jupiter, der Penelope, welche den Freiern den Bogen bringt, und eines schwebenden Satyrs mit einer Bachantin geben ihnen nichts nach. Wenn man mit diesen Tafeln die farbigen Nachbildungen pompejanischer Bilder vergleicht, welche Raoul Rochette für sein Prachtwerk in den letzten Jahren in Paris hat anfertigen lassen, wird man mit Vergnügen wahrnehmen, wieweit die Leistungen der« deutschen Lithochromie der französischen sich hier überlegen zeigen. Allein auch die farbigen Tafeln in Ternites Werk, so lobenswert!) sie auch sind, stehen doch den in der neuesten Folge des Zahn¬ schen Werkes gegebenen nach. Die übrigen farbigen Tafeln, deren jedes Heft noch drei enthält, haben mehr einen ornamentalen Charakter. Theils sind es ganze Wände oder Wand- abschnilte, die in ihrem vollen Farbenschmuck vorgeführt werden (10 Tafeln),

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/188>, abgerufen am 24.08.2024.