Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Denkmale dieser Gegend; ich kann es nur den Triumph der Baukunst und
des Meißels nennen, denn wir besitzen nichts Derartiges in Europa, noch habe
ich ähnliches zu Balbek und Palmira gesehen. Zwischen zwei gewaltigen Tho¬
ren und Säulen erhebt sich das Tempelgebäude, und die griechische Aufschrift
s"ge, daß dieses Heiligthum der Aphrodite geweiht sei; eine prächtige Säulen¬
vorhalle ziert dasselbe; sie blickt gegen den Nil nach Nordnordost, und besteht
aus Ij, Columnen in 6 Reihen, welche zum Theile mit Schutt umgeben sind
Und, so tief ich ihn messen konnte, einen Durchmesser von einer Klafter, einem
Fuße und -I'/s Zollen haben. Diese schönen Säulen sind mit Hieroglyphen
und Göttergebilden verziert. Auch die Wände sind mit reichen, sein im edelsten
Stile gemeißelten Gebilden geschmückt, von denen schon viele boshafter Weise
Zerstört sind. Am Mittelfelde der Hallcndecke erblickt man Adler mit geschwunge¬
nen Flügeln; die beiden nächsten Felder enthalten Himmelsbilder, die letzten zu
beiden Seiten den Zodiacus, der in zwei Hälften getheilt ist. In den Ringen
liest man die Namen des Tiberius Claudius, des Nachfolgers Augusts der vom
vierzehnten bis zum siebenunddreißigsten Jahre nach Christus regierte. Man
'ritt durch diese prächtige Vorhalle in die Tempelhalle, welche von sechs Säulen
unterstützt ist. Die Capitäler derselben sind aus Lotos und Palmen zusammen¬
gesetzt, und haben über den Platten mit herrlichen Ornamenten geschmückte
Würfel, wie in der Vorhalle, welche die Architraven tragen. Von hier gelangt
Man in drei andere große Hallen, an welche sich fünf kleinere reihen. Nach
°ben zu führen Treppen zu einer Reihe prächtiger.Gemächer, von denen viele
Zerstört sind; bei mehren derselben ist die Decke eingestürzt; an einer, die noch
zur Hälfte vorhanden ist, gewahrte ich Himmelsbilder. Zur Zeit der Christen-
Verfolgungen haben sich Menschen hier heraufgeflüchtet, und Mauerwerke von
häßlichen ägyptischen Ziegeln hier aufgeführt, die zu Trümmern zerfallen sind.
Innere des Tempels, der großen und kleinern Hallen ist reich an Orna¬
menten und trefflichen Bildhauerarbeiten. Mitten an der äußeren Hinterwand
^ Tempelgebäudes ist ein ungeheurer Isiskopf angebracht; riesige Gestalten
schönsten Ebenmaße schließen sich daran -- rechts Isis, Horus, Ostris und
Athor -- links ein Knabe mit dem Nilschlüssel und dem Sperber, Ptolemäus-
^äsar und Kleopatra in ihrer ganzen blendenden Schönheit; ihr Bild wieder¬
holt sich oft in diesem herrlichen Aphrodilentempel. Darüber sind andere Ge-
b'lde, alle äußerst zart, sinnig und von der feinsten, zierlichsten, edelsten Aus¬
arbeitung. Ich fand die Ringe des Nero, Tiberius, Ptolemäos-Kaisaros und
Kleopatra. Aber wann würde man enden, wollte man alle die Herrlich¬
sten aufzählen und würdig beschreiben, welche dieses Prachtwerk schmücken,
welches ich für unsre Pygmäenzeit für unerreichbar halte. Die Länge des
Tempels beträgt 33'/", die Breite 23V, Klafter. Zwischen dem Aphroditen-
^rnpel und der Stadtmauer befindet sich ein kleiner, dem Tiphon -- dem


Grenzboten. III. I86i. 68

Denkmale dieser Gegend; ich kann es nur den Triumph der Baukunst und
des Meißels nennen, denn wir besitzen nichts Derartiges in Europa, noch habe
ich ähnliches zu Balbek und Palmira gesehen. Zwischen zwei gewaltigen Tho¬
ren und Säulen erhebt sich das Tempelgebäude, und die griechische Aufschrift
s"ge, daß dieses Heiligthum der Aphrodite geweiht sei; eine prächtige Säulen¬
vorhalle ziert dasselbe; sie blickt gegen den Nil nach Nordnordost, und besteht
aus Ij, Columnen in 6 Reihen, welche zum Theile mit Schutt umgeben sind
Und, so tief ich ihn messen konnte, einen Durchmesser von einer Klafter, einem
Fuße und -I'/s Zollen haben. Diese schönen Säulen sind mit Hieroglyphen
und Göttergebilden verziert. Auch die Wände sind mit reichen, sein im edelsten
Stile gemeißelten Gebilden geschmückt, von denen schon viele boshafter Weise
Zerstört sind. Am Mittelfelde der Hallcndecke erblickt man Adler mit geschwunge¬
nen Flügeln; die beiden nächsten Felder enthalten Himmelsbilder, die letzten zu
beiden Seiten den Zodiacus, der in zwei Hälften getheilt ist. In den Ringen
liest man die Namen des Tiberius Claudius, des Nachfolgers Augusts der vom
vierzehnten bis zum siebenunddreißigsten Jahre nach Christus regierte. Man
'ritt durch diese prächtige Vorhalle in die Tempelhalle, welche von sechs Säulen
unterstützt ist. Die Capitäler derselben sind aus Lotos und Palmen zusammen¬
gesetzt, und haben über den Platten mit herrlichen Ornamenten geschmückte
Würfel, wie in der Vorhalle, welche die Architraven tragen. Von hier gelangt
Man in drei andere große Hallen, an welche sich fünf kleinere reihen. Nach
°ben zu führen Treppen zu einer Reihe prächtiger.Gemächer, von denen viele
Zerstört sind; bei mehren derselben ist die Decke eingestürzt; an einer, die noch
zur Hälfte vorhanden ist, gewahrte ich Himmelsbilder. Zur Zeit der Christen-
Verfolgungen haben sich Menschen hier heraufgeflüchtet, und Mauerwerke von
häßlichen ägyptischen Ziegeln hier aufgeführt, die zu Trümmern zerfallen sind.
Innere des Tempels, der großen und kleinern Hallen ist reich an Orna¬
menten und trefflichen Bildhauerarbeiten. Mitten an der äußeren Hinterwand
^ Tempelgebäudes ist ein ungeheurer Isiskopf angebracht; riesige Gestalten
schönsten Ebenmaße schließen sich daran — rechts Isis, Horus, Ostris und
Athor — links ein Knabe mit dem Nilschlüssel und dem Sperber, Ptolemäus-
^äsar und Kleopatra in ihrer ganzen blendenden Schönheit; ihr Bild wieder¬
holt sich oft in diesem herrlichen Aphrodilentempel. Darüber sind andere Ge-
b'lde, alle äußerst zart, sinnig und von der feinsten, zierlichsten, edelsten Aus¬
arbeitung. Ich fand die Ringe des Nero, Tiberius, Ptolemäos-Kaisaros und
Kleopatra. Aber wann würde man enden, wollte man alle die Herrlich¬
sten aufzählen und würdig beschreiben, welche dieses Prachtwerk schmücken,
welches ich für unsre Pygmäenzeit für unerreichbar halte. Die Länge des
Tempels beträgt 33'/», die Breite 23V, Klafter. Zwischen dem Aphroditen-
^rnpel und der Stadtmauer befindet sich ein kleiner, dem Tiphon — dem


Grenzboten. III. I86i. 68
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0521" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/281672"/>
            <p xml:id="ID_1550" prev="#ID_1549" next="#ID_1551"> Denkmale dieser Gegend; ich kann es nur den Triumph der Baukunst und<lb/>
des Meißels nennen, denn wir besitzen nichts Derartiges in Europa, noch habe<lb/>
ich ähnliches zu Balbek und Palmira gesehen. Zwischen zwei gewaltigen Tho¬<lb/>
ren und Säulen erhebt sich das Tempelgebäude, und die griechische Aufschrift<lb/>
s"ge, daß dieses Heiligthum der Aphrodite geweiht sei; eine prächtige Säulen¬<lb/>
vorhalle ziert dasselbe; sie blickt gegen den Nil nach Nordnordost, und besteht<lb/>
aus Ij, Columnen in 6 Reihen, welche zum Theile mit Schutt umgeben sind<lb/>
Und, so tief ich ihn messen konnte, einen Durchmesser von einer Klafter, einem<lb/>
Fuße und -I'/s Zollen haben. Diese schönen Säulen sind mit Hieroglyphen<lb/>
und Göttergebilden verziert. Auch die Wände sind mit reichen, sein im edelsten<lb/>
Stile gemeißelten Gebilden geschmückt, von denen schon viele boshafter Weise<lb/>
Zerstört sind. Am Mittelfelde der Hallcndecke erblickt man Adler mit geschwunge¬<lb/>
nen Flügeln; die beiden nächsten Felder enthalten Himmelsbilder, die letzten zu<lb/>
beiden Seiten den Zodiacus, der in zwei Hälften getheilt ist. In den Ringen<lb/>
liest man die Namen des Tiberius Claudius, des Nachfolgers Augusts der vom<lb/>
vierzehnten bis zum siebenunddreißigsten Jahre nach Christus regierte. Man<lb/>
'ritt durch diese prächtige Vorhalle in die Tempelhalle, welche von sechs Säulen<lb/>
unterstützt ist. Die Capitäler derselben sind aus Lotos und Palmen zusammen¬<lb/>
gesetzt, und haben über den Platten mit herrlichen Ornamenten geschmückte<lb/>
Würfel, wie in der Vorhalle, welche die Architraven tragen. Von hier gelangt<lb/>
Man in drei andere große Hallen, an welche sich fünf kleinere reihen. Nach<lb/>
°ben zu führen Treppen zu einer Reihe prächtiger.Gemächer, von denen viele<lb/>
Zerstört sind; bei mehren derselben ist die Decke eingestürzt; an einer, die noch<lb/>
zur Hälfte vorhanden ist, gewahrte ich Himmelsbilder. Zur Zeit der Christen-<lb/>
Verfolgungen haben sich Menschen hier heraufgeflüchtet, und Mauerwerke von<lb/>
häßlichen ägyptischen Ziegeln hier aufgeführt, die zu Trümmern zerfallen sind.<lb/>
Innere des Tempels, der großen und kleinern Hallen ist reich an Orna¬<lb/>
menten und trefflichen Bildhauerarbeiten. Mitten an der äußeren Hinterwand<lb/>
^ Tempelgebäudes ist ein ungeheurer Isiskopf angebracht; riesige Gestalten<lb/>
schönsten Ebenmaße schließen sich daran &#x2014; rechts Isis, Horus, Ostris und<lb/>
Athor &#x2014; links ein Knabe mit dem Nilschlüssel und dem Sperber, Ptolemäus-<lb/>
^äsar und Kleopatra in ihrer ganzen blendenden Schönheit; ihr Bild wieder¬<lb/>
holt sich oft in diesem herrlichen Aphrodilentempel. Darüber sind andere Ge-<lb/>
b'lde, alle äußerst zart, sinnig und von der feinsten, zierlichsten, edelsten Aus¬<lb/>
arbeitung.  Ich fand die Ringe des Nero, Tiberius, Ptolemäos-Kaisaros und<lb/>
Kleopatra. Aber wann würde man enden, wollte man alle die Herrlich¬<lb/>
sten aufzählen und würdig beschreiben, welche dieses Prachtwerk schmücken,<lb/>
welches ich für unsre Pygmäenzeit für unerreichbar halte. Die Länge des<lb/>
Tempels beträgt 33'/», die Breite 23V, Klafter. Zwischen dem Aphroditen-<lb/>
^rnpel und der Stadtmauer befindet sich ein kleiner, dem Tiphon &#x2014; dem</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten. III. I86i. 68</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0521] Denkmale dieser Gegend; ich kann es nur den Triumph der Baukunst und des Meißels nennen, denn wir besitzen nichts Derartiges in Europa, noch habe ich ähnliches zu Balbek und Palmira gesehen. Zwischen zwei gewaltigen Tho¬ ren und Säulen erhebt sich das Tempelgebäude, und die griechische Aufschrift s"ge, daß dieses Heiligthum der Aphrodite geweiht sei; eine prächtige Säulen¬ vorhalle ziert dasselbe; sie blickt gegen den Nil nach Nordnordost, und besteht aus Ij, Columnen in 6 Reihen, welche zum Theile mit Schutt umgeben sind Und, so tief ich ihn messen konnte, einen Durchmesser von einer Klafter, einem Fuße und -I'/s Zollen haben. Diese schönen Säulen sind mit Hieroglyphen und Göttergebilden verziert. Auch die Wände sind mit reichen, sein im edelsten Stile gemeißelten Gebilden geschmückt, von denen schon viele boshafter Weise Zerstört sind. Am Mittelfelde der Hallcndecke erblickt man Adler mit geschwunge¬ nen Flügeln; die beiden nächsten Felder enthalten Himmelsbilder, die letzten zu beiden Seiten den Zodiacus, der in zwei Hälften getheilt ist. In den Ringen liest man die Namen des Tiberius Claudius, des Nachfolgers Augusts der vom vierzehnten bis zum siebenunddreißigsten Jahre nach Christus regierte. Man 'ritt durch diese prächtige Vorhalle in die Tempelhalle, welche von sechs Säulen unterstützt ist. Die Capitäler derselben sind aus Lotos und Palmen zusammen¬ gesetzt, und haben über den Platten mit herrlichen Ornamenten geschmückte Würfel, wie in der Vorhalle, welche die Architraven tragen. Von hier gelangt Man in drei andere große Hallen, an welche sich fünf kleinere reihen. Nach °ben zu führen Treppen zu einer Reihe prächtiger.Gemächer, von denen viele Zerstört sind; bei mehren derselben ist die Decke eingestürzt; an einer, die noch zur Hälfte vorhanden ist, gewahrte ich Himmelsbilder. Zur Zeit der Christen- Verfolgungen haben sich Menschen hier heraufgeflüchtet, und Mauerwerke von häßlichen ägyptischen Ziegeln hier aufgeführt, die zu Trümmern zerfallen sind. Innere des Tempels, der großen und kleinern Hallen ist reich an Orna¬ menten und trefflichen Bildhauerarbeiten. Mitten an der äußeren Hinterwand ^ Tempelgebäudes ist ein ungeheurer Isiskopf angebracht; riesige Gestalten schönsten Ebenmaße schließen sich daran — rechts Isis, Horus, Ostris und Athor — links ein Knabe mit dem Nilschlüssel und dem Sperber, Ptolemäus- ^äsar und Kleopatra in ihrer ganzen blendenden Schönheit; ihr Bild wieder¬ holt sich oft in diesem herrlichen Aphrodilentempel. Darüber sind andere Ge- b'lde, alle äußerst zart, sinnig und von der feinsten, zierlichsten, edelsten Aus¬ arbeitung. Ich fand die Ringe des Nero, Tiberius, Ptolemäos-Kaisaros und Kleopatra. Aber wann würde man enden, wollte man alle die Herrlich¬ sten aufzählen und würdig beschreiben, welche dieses Prachtwerk schmücken, welches ich für unsre Pygmäenzeit für unerreichbar halte. Die Länge des Tempels beträgt 33'/», die Breite 23V, Klafter. Zwischen dem Aphroditen- ^rnpel und der Stadtmauer befindet sich ein kleiner, dem Tiphon — dem Grenzboten. III. I86i. 68

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/521
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/521>, abgerufen am 06.10.2024.