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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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diese Hemmnisse und nutzbaren Bodenquellen sind, um so mannigfaltiger ist
die geistige Anregung, sie sind aber vorzugsweise mannigfaltig in den geolo¬
gisch complicirt gebauten Gegenden. Einförmige Ebenen bieten wenig Stoff
für geistige Anregung, und wirklich finden wir unter übrigens gleichen Um-
ständen durchschnittlich eine höhere geistige Entwicklung in den geologisch man¬
nigfaltigen als in den geologisch einförmigen Gegenden^ Dieser Satz läßt sich
leicht durch.zahlreiche Beispiele bestätigen. Sehr hohe Gebirge schlagen aber
wieder leicht in ein Ertrem um und nähern sich in ihren Wirkungen den
Ebenen und Küstenländern. Das ist selbst rücksichtlich der Flora und Fauna in
gewissem Grade der Fall, aber mehr noch rücksichtlich gewisser socialer Umstände
der menschlichen Bewohner. -- Vielleicht am geringsten ist der Einfluß des
Bodenbaues auf die Entwicklung der Sprachen. -- Auf die gemüthliche Ent¬
wicklung wirkt mehr noch die äußere Form der Länder, als unmittelbar ihr
innerer Bau; aber insofern wir das gesellige Zusammenleben und die Ent-
Wicklung der Künste in bestimmten Richtungen in das Gebiet des Gemüths
hereinziehen, lassen sich zuweilen ganz specielle Einflüsse erkennen. So ze^
Lyell in seiner Reise nach Amerika, daß es nicht gleichgiltig ist, ob das fo^
Brennmaterial einer Gegend aus Steinkohlen oder aus Anthracit besteht, da
die erstem beim Verbrennen Rauch und oft Übeln Geruch entwickeln, der letzte"
nicht, und fügt darüber weiter hinzu: "Selbst in moralischer Hinsicht betracht
ich den Mangel an Rauch als einen positiven nationalen Gewinn, denn er
bewirkt, daß die reichern und gebildetern Einwohner in Städten den g^^'
Theil des Jahres an der Seite ihrer ärmeren Nachbarn wohnen, was sie n>
thun würden, wenn die Luft und die Häuser so von Rauch und Nuß besah""°
wären, wie in Manchester, Birmingham, Leeds oder Sheffield. Hier da"""
Kleidung und Möbel länger und sehen weniger trübe aus, Blumen u
Sträucher können in' Stadtgarten cultivirt werden, und alle, die sich ^
fernen können, werden nicht auf das Land oder in eine entfernte Vorstadt g>
trieben. Die Bildung von Bibliotheken, von wissenschaftlichen und literar!"^
Instituten, Museen und Vorlesungen und der tägliche Verkehr zwischen de>
verschiedenen Classen der Gesellschaft, mit einem Wort, alles was Geist
Geschmack einer großen Bevölkerung fördern und verfeinern kann, wird
diese Berührung von Reich und Arm erleichtert. Als Zugabe zu der W^HNS
keit, die die politischen Institutionen von Amerika den mittlern und "n ^Classen geben, halte ich es für eine glückliche geologische Anordnung für
Civilisation der zuerst auf diesem Kontinents gegründeten Städte, daß die ""^^citischen Kohlenfelder alle auf der östlichen Seite der Alleghanykette liegen l
alle bituminösen Kohlenfclder auf ihrer westlichen Seite."

"Bei so vielseitiger Einwirkung des äußern und innern Bodenbaues
das Leben der Menschen ist es bedauerlich, daß die Forscher, welche das Stüdl


diese Hemmnisse und nutzbaren Bodenquellen sind, um so mannigfaltiger ist
die geistige Anregung, sie sind aber vorzugsweise mannigfaltig in den geolo¬
gisch complicirt gebauten Gegenden. Einförmige Ebenen bieten wenig Stoff
für geistige Anregung, und wirklich finden wir unter übrigens gleichen Um-
ständen durchschnittlich eine höhere geistige Entwicklung in den geologisch man¬
nigfaltigen als in den geologisch einförmigen Gegenden^ Dieser Satz läßt sich
leicht durch.zahlreiche Beispiele bestätigen. Sehr hohe Gebirge schlagen aber
wieder leicht in ein Ertrem um und nähern sich in ihren Wirkungen den
Ebenen und Küstenländern. Das ist selbst rücksichtlich der Flora und Fauna in
gewissem Grade der Fall, aber mehr noch rücksichtlich gewisser socialer Umstände
der menschlichen Bewohner. — Vielleicht am geringsten ist der Einfluß des
Bodenbaues auf die Entwicklung der Sprachen. — Auf die gemüthliche Ent¬
wicklung wirkt mehr noch die äußere Form der Länder, als unmittelbar ihr
innerer Bau; aber insofern wir das gesellige Zusammenleben und die Ent-
Wicklung der Künste in bestimmten Richtungen in das Gebiet des Gemüths
hereinziehen, lassen sich zuweilen ganz specielle Einflüsse erkennen. So ze^
Lyell in seiner Reise nach Amerika, daß es nicht gleichgiltig ist, ob das fo^
Brennmaterial einer Gegend aus Steinkohlen oder aus Anthracit besteht, da
die erstem beim Verbrennen Rauch und oft Übeln Geruch entwickeln, der letzte"
nicht, und fügt darüber weiter hinzu: „Selbst in moralischer Hinsicht betracht
ich den Mangel an Rauch als einen positiven nationalen Gewinn, denn er
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diese Berührung von Reich und Arm erleichtert. Als Zugabe zu der W^HNS
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Civilisation der zuerst auf diesem Kontinents gegründeten Städte, daß die ""^^citischen Kohlenfelder alle auf der östlichen Seite der Alleghanykette liegen l
alle bituminösen Kohlenfclder auf ihrer westlichen Seite."

„Bei so vielseitiger Einwirkung des äußern und innern Bodenbaues
das Leben der Menschen ist es bedauerlich, daß die Forscher, welche das Stüdl


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[0516] diese Hemmnisse und nutzbaren Bodenquellen sind, um so mannigfaltiger ist die geistige Anregung, sie sind aber vorzugsweise mannigfaltig in den geolo¬ gisch complicirt gebauten Gegenden. Einförmige Ebenen bieten wenig Stoff für geistige Anregung, und wirklich finden wir unter übrigens gleichen Um- ständen durchschnittlich eine höhere geistige Entwicklung in den geologisch man¬ nigfaltigen als in den geologisch einförmigen Gegenden^ Dieser Satz läßt sich leicht durch.zahlreiche Beispiele bestätigen. Sehr hohe Gebirge schlagen aber wieder leicht in ein Ertrem um und nähern sich in ihren Wirkungen den Ebenen und Küstenländern. Das ist selbst rücksichtlich der Flora und Fauna in gewissem Grade der Fall, aber mehr noch rücksichtlich gewisser socialer Umstände der menschlichen Bewohner. — Vielleicht am geringsten ist der Einfluß des Bodenbaues auf die Entwicklung der Sprachen. — Auf die gemüthliche Ent¬ wicklung wirkt mehr noch die äußere Form der Länder, als unmittelbar ihr innerer Bau; aber insofern wir das gesellige Zusammenleben und die Ent- Wicklung der Künste in bestimmten Richtungen in das Gebiet des Gemüths hereinziehen, lassen sich zuweilen ganz specielle Einflüsse erkennen. So ze^ Lyell in seiner Reise nach Amerika, daß es nicht gleichgiltig ist, ob das fo^ Brennmaterial einer Gegend aus Steinkohlen oder aus Anthracit besteht, da die erstem beim Verbrennen Rauch und oft Übeln Geruch entwickeln, der letzte" nicht, und fügt darüber weiter hinzu: „Selbst in moralischer Hinsicht betracht ich den Mangel an Rauch als einen positiven nationalen Gewinn, denn er bewirkt, daß die reichern und gebildetern Einwohner in Städten den g^^' Theil des Jahres an der Seite ihrer ärmeren Nachbarn wohnen, was sie n> thun würden, wenn die Luft und die Häuser so von Rauch und Nuß besah»"° wären, wie in Manchester, Birmingham, Leeds oder Sheffield. Hier da»"" Kleidung und Möbel länger und sehen weniger trübe aus, Blumen u Sträucher können in' Stadtgarten cultivirt werden, und alle, die sich ^ fernen können, werden nicht auf das Land oder in eine entfernte Vorstadt g> trieben. Die Bildung von Bibliotheken, von wissenschaftlichen und literar!«^ Instituten, Museen und Vorlesungen und der tägliche Verkehr zwischen de> verschiedenen Classen der Gesellschaft, mit einem Wort, alles was Geist Geschmack einer großen Bevölkerung fördern und verfeinern kann, wird diese Berührung von Reich und Arm erleichtert. Als Zugabe zu der W^HNS keit, die die politischen Institutionen von Amerika den mittlern und »n ^Classen geben, halte ich es für eine glückliche geologische Anordnung für Civilisation der zuerst auf diesem Kontinents gegründeten Städte, daß die ""^^citischen Kohlenfelder alle auf der östlichen Seite der Alleghanykette liegen l alle bituminösen Kohlenfclder auf ihrer westlichen Seite." „Bei so vielseitiger Einwirkung des äußern und innern Bodenbaues das Leben der Menschen ist es bedauerlich, daß die Forscher, welche das Stüdl

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/516>, abgerufen am 06.10.2024.