Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.Amtsbruder ihn erinnerte, wie man in Dänemark selbst deutsche Wissenschaft achte Politische Wandlungen. -- Wir erinnern uus, daß in früherer Zeit" Amtsbruder ihn erinnerte, wie man in Dänemark selbst deutsche Wissenschaft achte Politische Wandlungen. — Wir erinnern uus, daß in früherer Zeit" <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0444" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/281595"/> <p xml:id="ID_1355" prev="#ID_1354"> Amtsbruder ihn erinnerte, wie man in Dänemark selbst deutsche Wissenschaft achte<lb/> und anerkenne. Der Mann sucht jetzt die deutschen Universitäten heim! Und<lb/> seinen sittlichen Beruf als Zeuge aufzutreten, mag folgender Zug darthun. Unter<lb/> den Predigern seiner Gegend besteht seit lange ein, Verein zur Unterstützung der<lb/> Wittwen, dessen Statuten ausdrücklich — obgleich sie sehr alt siud — bestimmen,<lb/> daß Amtsentsetzung nicht Ausschließen vom Vereine zur Folge habe; auch war diese<lb/> Bestimmung vor einiger Zeit in Anwendung gekommen, als ein Prediger wegen<lb/> Unfähigkeit vom Amt entfernt war. Pastor Thicß verlangte nun, daß alle von<lb/> den Dänen abgesetzten Prediger aus dem Verein gestrichen werden sollten und<lb/> machte, als man sich ans die Statuten und jenen Präcedenzfall berief, mit Nachdruck<lb/> dagegen geltend, jene von der revolutionären Negierung — von der er selbst eine<lb/> Anstellung erbettelt hatte — angestellten Prediger seien gar keine Prediger gewesen,<lb/> und sittliche wie wissenschaftliche Unfähigkeit komme gar nicht in Betracht gegen Be¬<lb/> theiligung an der Revolution! Wir begreifen hier, daß Pastor Thieß gute<lb/> Gründe hat, das dänische Kircheuregiment zu preisen, aber daß er in Deutschland,<lb/> wo diese Art Gründe nicht in Betracht kommen, Proselyten machen wird, das<lb/> glauben wir nicht. —</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Politische Wandlungen. </head> <p xml:id="ID_1356" next="#ID_1357"> — Wir erinnern uus, daß in früherer Zeit"<lb/> zwischen uns und der Nationalzcitnng sich ein Streit erhob, wieweit man dem<lb/> preußischen Patriotismus innerhalb der Parteistandpunkte Raum geben müssen Wenn<lb/> wir ihr damals vorwarfen, sie übersehe bei ihren demokratischen Ansichten zu sehr<lb/> das Verhältniß zu dem bestimmten Staat, dem wir angehörten, so bemerken wir<lb/> jetzt mit einiger Verwunderung, daß die Standpunkte sich gradezu umgekehrt haben.<lb/> Die allgemeine europäische Culturfrage scheint uns in diesem Augenblick so wichtig,<lb/> daß der LocalpatriotiSmus zurückstehe» muß. Die Nationalzcitnng dagegen hält<lb/> diesen Zeitpunkt für den geeignetsten, mit Beseitigung aller« Parteiinteressen sich der<lb/> Staatsregierung zu nähern. Sie bringt eine Reihe von Artikeln, in denen zwar<lb/> eine ideale Differenz zwischen ihren eignen Principien und denen der preußischen<lb/> Regierung festgehalten wird, die man aber in praktischer Beziehung umsomehr<lb/> als eine Apologie deS Ministeriums Manteuffel betrachten kann, da jene ideale<lb/> Differenz sich in eine,/,gar zu ätherischen Region bewegt. Lieber hätte es die<lb/> Nationalzeitung allerdings gesehen, wenn Preußen die orientalische Frage dazu<lb/> benutzt hätte, um ein preußisch-deutsches Kaiserreich auf demokratischer Grundlage<lb/> > zu errichten. Da dies aber nicht geschehen ist, — und offen gestanden sehen wir<lb/> nicht recht ein, wie Preußen es hätte anstellen sollen, — so ertheilt sie den Ma߬<lb/> regeln des Cabinets ihre relative Billigung. Sie bezeichnet das Verfahren desselben<lb/> als consequent, einsichtsvoll, preußisch, deutsch und nobel, nud stellt es namentlich<lb/> weit über die Handlungsweise der großbritannischen, der französischen und östreichi¬<lb/> schen Regierung. Freilich kam es uns hin und wieder so vor, als ob das Ganze<lb/> ironisch gemeint sei. Wenn die Deutschen getadelt wurden, daß sie die ausländische»<lb/> Producte in der Regel auf Unkosten der einheimischen begünstigten, so erschien uns<lb/> doch die Anwendung aus die auswärtige Politik gar zu wunderlich. Wir begreife»<lb/> wol, daß man aus Patriotismus schlechten Tabak raucht, schlechtes Rindfleisch ißt,<lb/> schlechte wollene Zeuge trägt, aber daß man aus Patriotismus sein Urtheil modi-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0444]
Amtsbruder ihn erinnerte, wie man in Dänemark selbst deutsche Wissenschaft achte
und anerkenne. Der Mann sucht jetzt die deutschen Universitäten heim! Und
seinen sittlichen Beruf als Zeuge aufzutreten, mag folgender Zug darthun. Unter
den Predigern seiner Gegend besteht seit lange ein, Verein zur Unterstützung der
Wittwen, dessen Statuten ausdrücklich — obgleich sie sehr alt siud — bestimmen,
daß Amtsentsetzung nicht Ausschließen vom Vereine zur Folge habe; auch war diese
Bestimmung vor einiger Zeit in Anwendung gekommen, als ein Prediger wegen
Unfähigkeit vom Amt entfernt war. Pastor Thicß verlangte nun, daß alle von
den Dänen abgesetzten Prediger aus dem Verein gestrichen werden sollten und
machte, als man sich ans die Statuten und jenen Präcedenzfall berief, mit Nachdruck
dagegen geltend, jene von der revolutionären Negierung — von der er selbst eine
Anstellung erbettelt hatte — angestellten Prediger seien gar keine Prediger gewesen,
und sittliche wie wissenschaftliche Unfähigkeit komme gar nicht in Betracht gegen Be¬
theiligung an der Revolution! Wir begreifen hier, daß Pastor Thieß gute
Gründe hat, das dänische Kircheuregiment zu preisen, aber daß er in Deutschland,
wo diese Art Gründe nicht in Betracht kommen, Proselyten machen wird, das
glauben wir nicht. —
Politische Wandlungen. — Wir erinnern uus, daß in früherer Zeit"
zwischen uns und der Nationalzcitnng sich ein Streit erhob, wieweit man dem
preußischen Patriotismus innerhalb der Parteistandpunkte Raum geben müssen Wenn
wir ihr damals vorwarfen, sie übersehe bei ihren demokratischen Ansichten zu sehr
das Verhältniß zu dem bestimmten Staat, dem wir angehörten, so bemerken wir
jetzt mit einiger Verwunderung, daß die Standpunkte sich gradezu umgekehrt haben.
Die allgemeine europäische Culturfrage scheint uns in diesem Augenblick so wichtig,
daß der LocalpatriotiSmus zurückstehe» muß. Die Nationalzcitnng dagegen hält
diesen Zeitpunkt für den geeignetsten, mit Beseitigung aller« Parteiinteressen sich der
Staatsregierung zu nähern. Sie bringt eine Reihe von Artikeln, in denen zwar
eine ideale Differenz zwischen ihren eignen Principien und denen der preußischen
Regierung festgehalten wird, die man aber in praktischer Beziehung umsomehr
als eine Apologie deS Ministeriums Manteuffel betrachten kann, da jene ideale
Differenz sich in eine,/,gar zu ätherischen Region bewegt. Lieber hätte es die
Nationalzeitung allerdings gesehen, wenn Preußen die orientalische Frage dazu
benutzt hätte, um ein preußisch-deutsches Kaiserreich auf demokratischer Grundlage
> zu errichten. Da dies aber nicht geschehen ist, — und offen gestanden sehen wir
nicht recht ein, wie Preußen es hätte anstellen sollen, — so ertheilt sie den Ma߬
regeln des Cabinets ihre relative Billigung. Sie bezeichnet das Verfahren desselben
als consequent, einsichtsvoll, preußisch, deutsch und nobel, nud stellt es namentlich
weit über die Handlungsweise der großbritannischen, der französischen und östreichi¬
schen Regierung. Freilich kam es uns hin und wieder so vor, als ob das Ganze
ironisch gemeint sei. Wenn die Deutschen getadelt wurden, daß sie die ausländische»
Producte in der Regel auf Unkosten der einheimischen begünstigten, so erschien uns
doch die Anwendung aus die auswärtige Politik gar zu wunderlich. Wir begreife»
wol, daß man aus Patriotismus schlechten Tabak raucht, schlechtes Rindfleisch ißt,
schlechte wollene Zeuge trägt, aber daß man aus Patriotismus sein Urtheil modi-
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