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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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an das Geländer gelegt, oder im Mittelgrunde auf ihren Ankern ruhend, sind
die Acteurs der Scene. Dichter am Ufer liegen hundert und aberhundert
hochmaftige Kauffahrer; man sieht die englische, französische, hanseatische,,
amerikanische, die niederländische, preußische, sardinische und spanische Flagge
nebeneinander wehen. Wie Pfeile schießen die raschen, schlanken Kalks mit
ihren auf dem Boden tief unten gebetteten Insassen von einem Ufer des Hafens
zum andern, während größere Fahrzeuge ihrer Gattung aus den Bosporus
hinaussteuern und Skutari entgegenschiffen, dessen Minarets, scheinbar
zum Greifen nahe, drüben in Asten vor unsern Blicken aufsteigen. Das Bild
rechts ist ein Gemälde im engeren Rahmen, die parallel mit der neuen Brücke
hinlaufende alte scheidet hier in Art eines Nahmens den Vordergrund ziemlich
nahe ab. Beide breiten Wasserwege, die Mauer von Galata einer- und die
von Stambul andrerseits grenzen ein Viereck ab, welches man als den innern
Handelshafen bezeichnen kann. Hier liegen die Schiffe, welche auf Frachten har¬
ren, oder in Ladung und Löschen begriffen sind. Das Gewühl der Kalks ist bei¬
nahe noch größer, aber die Dampfer, welche linkswärts die Scene so sehr beleben,
fehlen. Dafür ragen über das Brückengeländer die oberen Etagen der Linien¬
schiffe hinaus, die im türkischen Kriegshafen weiter binnenwärts ankern. Es sind
alte Gulks, auf deren Ausrüstung für Kriegszwecke man verzichtet hat, und
die nun vor ihren Ankern liegend allmälig verfaulen, indeß die diensttauglichen
Kriegsfcchrzeuge des Padischah vor Araya kreuzen und den eisernen Hagel
großer Pairhanstanonen mit den russischen Batterien austauschen.

Die horizontalgestreckte Brücke hat zwei Durchlässe, welche im Bogen über¬
deckt sind, und auf der Bahn die höchsten Punkte bieten. Hier, auf einem
von beiden, muß man Halt machen, um die Brücke gleichzeitig mit ihrer Um¬
gebung überblicken zu können. Wendet man sich um, und schaut in der
Richtung zurück, von wo man gekommen, so hat man Galata, ein von keinem
anderen überbotenes Stadtbild, ein Amphitheater von Mauern, Thürmen,
Häusern, Buden, Butiken und schlanken Cypressen vor sich; rechts Toppana,
links das Arsenal und das, auf dem Hügel über ihm unendlich schön gelegene
Marinelazareth, von dessen Flaggenthnrm die türkische Fahne weht; in der ent¬
gegengesetzten Directiott aber dehnt sich Stambul aus, ,die Stadt der sieben
Hügel, links mit der Serailspitze gleichsam ins Meer tauchend und rechts auf
der grünen, sonnigen Berglehne von Ejub ruhend. Dieses letztere Gemälde
ist majestätischer, seine Dimensionen sind grandioser und der Eindruck, den es
hervorbringt, gewaltiger.

Grade gegenüber erhebt sich die Kuppel der herrlichen Sulimaniehmo-
schee, überragt von ihren sechs Minarets. Weiter zur Linken Sultan Bajazids
und Sultan Achmeds Tempel und noch mehr zur Seite, fast versteckt unter
dem Cypressen- und Piniengrün des Serails, die Aga Sophia. Nach rechts zu


an das Geländer gelegt, oder im Mittelgrunde auf ihren Ankern ruhend, sind
die Acteurs der Scene. Dichter am Ufer liegen hundert und aberhundert
hochmaftige Kauffahrer; man sieht die englische, französische, hanseatische,,
amerikanische, die niederländische, preußische, sardinische und spanische Flagge
nebeneinander wehen. Wie Pfeile schießen die raschen, schlanken Kalks mit
ihren auf dem Boden tief unten gebetteten Insassen von einem Ufer des Hafens
zum andern, während größere Fahrzeuge ihrer Gattung aus den Bosporus
hinaussteuern und Skutari entgegenschiffen, dessen Minarets, scheinbar
zum Greifen nahe, drüben in Asten vor unsern Blicken aufsteigen. Das Bild
rechts ist ein Gemälde im engeren Rahmen, die parallel mit der neuen Brücke
hinlaufende alte scheidet hier in Art eines Nahmens den Vordergrund ziemlich
nahe ab. Beide breiten Wasserwege, die Mauer von Galata einer- und die
von Stambul andrerseits grenzen ein Viereck ab, welches man als den innern
Handelshafen bezeichnen kann. Hier liegen die Schiffe, welche auf Frachten har¬
ren, oder in Ladung und Löschen begriffen sind. Das Gewühl der Kalks ist bei¬
nahe noch größer, aber die Dampfer, welche linkswärts die Scene so sehr beleben,
fehlen. Dafür ragen über das Brückengeländer die oberen Etagen der Linien¬
schiffe hinaus, die im türkischen Kriegshafen weiter binnenwärts ankern. Es sind
alte Gulks, auf deren Ausrüstung für Kriegszwecke man verzichtet hat, und
die nun vor ihren Ankern liegend allmälig verfaulen, indeß die diensttauglichen
Kriegsfcchrzeuge des Padischah vor Araya kreuzen und den eisernen Hagel
großer Pairhanstanonen mit den russischen Batterien austauschen.

Die horizontalgestreckte Brücke hat zwei Durchlässe, welche im Bogen über¬
deckt sind, und auf der Bahn die höchsten Punkte bieten. Hier, auf einem
von beiden, muß man Halt machen, um die Brücke gleichzeitig mit ihrer Um¬
gebung überblicken zu können. Wendet man sich um, und schaut in der
Richtung zurück, von wo man gekommen, so hat man Galata, ein von keinem
anderen überbotenes Stadtbild, ein Amphitheater von Mauern, Thürmen,
Häusern, Buden, Butiken und schlanken Cypressen vor sich; rechts Toppana,
links das Arsenal und das, auf dem Hügel über ihm unendlich schön gelegene
Marinelazareth, von dessen Flaggenthnrm die türkische Fahne weht; in der ent¬
gegengesetzten Directiott aber dehnt sich Stambul aus, ,die Stadt der sieben
Hügel, links mit der Serailspitze gleichsam ins Meer tauchend und rechts auf
der grünen, sonnigen Berglehne von Ejub ruhend. Dieses letztere Gemälde
ist majestätischer, seine Dimensionen sind grandioser und der Eindruck, den es
hervorbringt, gewaltiger.

Grade gegenüber erhebt sich die Kuppel der herrlichen Sulimaniehmo-
schee, überragt von ihren sechs Minarets. Weiter zur Linken Sultan Bajazids
und Sultan Achmeds Tempel und noch mehr zur Seite, fast versteckt unter
dem Cypressen- und Piniengrün des Serails, die Aga Sophia. Nach rechts zu


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[0038] an das Geländer gelegt, oder im Mittelgrunde auf ihren Ankern ruhend, sind die Acteurs der Scene. Dichter am Ufer liegen hundert und aberhundert hochmaftige Kauffahrer; man sieht die englische, französische, hanseatische,, amerikanische, die niederländische, preußische, sardinische und spanische Flagge nebeneinander wehen. Wie Pfeile schießen die raschen, schlanken Kalks mit ihren auf dem Boden tief unten gebetteten Insassen von einem Ufer des Hafens zum andern, während größere Fahrzeuge ihrer Gattung aus den Bosporus hinaussteuern und Skutari entgegenschiffen, dessen Minarets, scheinbar zum Greifen nahe, drüben in Asten vor unsern Blicken aufsteigen. Das Bild rechts ist ein Gemälde im engeren Rahmen, die parallel mit der neuen Brücke hinlaufende alte scheidet hier in Art eines Nahmens den Vordergrund ziemlich nahe ab. Beide breiten Wasserwege, die Mauer von Galata einer- und die von Stambul andrerseits grenzen ein Viereck ab, welches man als den innern Handelshafen bezeichnen kann. Hier liegen die Schiffe, welche auf Frachten har¬ ren, oder in Ladung und Löschen begriffen sind. Das Gewühl der Kalks ist bei¬ nahe noch größer, aber die Dampfer, welche linkswärts die Scene so sehr beleben, fehlen. Dafür ragen über das Brückengeländer die oberen Etagen der Linien¬ schiffe hinaus, die im türkischen Kriegshafen weiter binnenwärts ankern. Es sind alte Gulks, auf deren Ausrüstung für Kriegszwecke man verzichtet hat, und die nun vor ihren Ankern liegend allmälig verfaulen, indeß die diensttauglichen Kriegsfcchrzeuge des Padischah vor Araya kreuzen und den eisernen Hagel großer Pairhanstanonen mit den russischen Batterien austauschen. Die horizontalgestreckte Brücke hat zwei Durchlässe, welche im Bogen über¬ deckt sind, und auf der Bahn die höchsten Punkte bieten. Hier, auf einem von beiden, muß man Halt machen, um die Brücke gleichzeitig mit ihrer Um¬ gebung überblicken zu können. Wendet man sich um, und schaut in der Richtung zurück, von wo man gekommen, so hat man Galata, ein von keinem anderen überbotenes Stadtbild, ein Amphitheater von Mauern, Thürmen, Häusern, Buden, Butiken und schlanken Cypressen vor sich; rechts Toppana, links das Arsenal und das, auf dem Hügel über ihm unendlich schön gelegene Marinelazareth, von dessen Flaggenthnrm die türkische Fahne weht; in der ent¬ gegengesetzten Directiott aber dehnt sich Stambul aus, ,die Stadt der sieben Hügel, links mit der Serailspitze gleichsam ins Meer tauchend und rechts auf der grünen, sonnigen Berglehne von Ejub ruhend. Dieses letztere Gemälde ist majestätischer, seine Dimensionen sind grandioser und der Eindruck, den es hervorbringt, gewaltiger. Grade gegenüber erhebt sich die Kuppel der herrlichen Sulimaniehmo- schee, überragt von ihren sechs Minarets. Weiter zur Linken Sultan Bajazids und Sultan Achmeds Tempel und noch mehr zur Seite, fast versteckt unter dem Cypressen- und Piniengrün des Serails, die Aga Sophia. Nach rechts zu

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/38>, abgerufen am 09.11.2024.