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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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heidnischen .Philologie irgendeinen Punkt finden, an dem nicht irgendeine
der im westfälischen Frieden anerkannten Kirchen ein Aergerniß nehmen
könnte? -- Wir wollen uns also beeilen, solange dieses Preßgesetz noch nicht
eingeführt ist, die Thatsache des Erscheinens neuer Broschüren zu constatiren.--
Zunächst führen wir an: 1382 -- 182 S. Zwei Borg e schichten vo in
Verfasser der "Osteuropäischen Gefahr." Trier, Lintz. -- Wir hatten
bei den früheren Werken desselben Verfassers bereits darauf aufmerksam ge¬
wacht, daß sie uns namentlich deshalb von Interesse wären, weil hier auch
von katholischer Seite die Ansicht der Liberalen in der russischen Frage ver¬
treten wird. Auch dies Mal stellt der Verfasser mehre historische Zeitpunkte
"us Licht, wo Rußland seinen Wunsch, zur Verherrlichung der orthodoxen
Kirche seine Herrschaft zu erweitern, etwas über die Rücksichten der Höflichkeit
ausdehnte, die man getreuen Nachbarn schuldig ist. "Jener Iwan IV., sagt
Pater Possevino im 16. Jahrhundert, hat außer jenen vielen Titeln, vermöge
deren er Zar genannt sein will, auch noch jüngst, als er an den Türken
schrieb, sich Kaiser der Deutschen zu nennen beliebt. Da er nun sein Be¬
ehren aus Liefland und auf Preußen gerichtet hatte, indem er vorschützte, ein
Bruder des Cäsar Augustus zu sein, welcher der Preuße genannt worden sei
Und von dem er abstamme, so kann man leicht begreifen, was er in Betreff
des ferneren Deutschlands und des Abendlandes im Sinne gehabt. Gewiß,
^'r Zwiespalt der christlichen Fürsten, die verschiedenen Ketzereien, seine eignen
Erfolge in Liefland u. f. w. und die hohe Meinung, die er er von seinem
eignen Schisma, ich sage nicht Religion, hegte, nährten jene Hoffnung in
indem er sich überzeugt hielt, von Gott envählt zu sein als ein leuchten¬
der Stern, um die ganze Welt zu erhellen." ^- Das war im Jahr 1582.
Aus dem Jahre 1823 ist das bekannte Denkschreiben von Pozzo ti Borgo
mitgetheilt, welches namentlich gegen das von dem revolutionären Metternich
^'herrschte Oestreich einen ungewöhnlichen Eifer entwickelt und unter anderm
s"ge: "Unsere Politik erheischt, daß wir uns diesem Staate schrecklich zeigen
"ut ihn durch unsere Vorbereitungen überzeugen, daß, wenn er sich gegen uns
M)re, der rasendste aller Stürme über seinem Haupte ausbrechen muß." --
Man sollte überhaupt auf dies Sendschreiben immer von neuem wieder auf¬
merksam machen, denn es ist der Schlüssel für das Verhältniß Oestreichs zu
Rußland, und die conservativen deutschen Politiker, die gegenwärtig es gar
nicht begreifen können, wie das conservative Oestreich sich gegen den Hort
^'r conservativen Sache zu erheben wagt, mögen den Grund dazu in dieser
Denkschrift des russischen Staatsmannes finden. -- Eine zweite Broschüre
fuhrt den Titel: Zur Charakteristik Neupreußischer Politik. Ein
Sendschreiben an Herrn Pofessor Stahl in Berlin. Weimar,
Böhlttu. -- Wie uns der Versasser in der Vorrede berichtet, hat sich das Er-


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heidnischen .Philologie irgendeinen Punkt finden, an dem nicht irgendeine
der im westfälischen Frieden anerkannten Kirchen ein Aergerniß nehmen
könnte? — Wir wollen uns also beeilen, solange dieses Preßgesetz noch nicht
eingeführt ist, die Thatsache des Erscheinens neuer Broschüren zu constatiren.—
Zunächst führen wir an: 1382 — 182 S. Zwei Borg e schichten vo in
Verfasser der „Osteuropäischen Gefahr." Trier, Lintz. — Wir hatten
bei den früheren Werken desselben Verfassers bereits darauf aufmerksam ge¬
wacht, daß sie uns namentlich deshalb von Interesse wären, weil hier auch
von katholischer Seite die Ansicht der Liberalen in der russischen Frage ver¬
treten wird. Auch dies Mal stellt der Verfasser mehre historische Zeitpunkte
"us Licht, wo Rußland seinen Wunsch, zur Verherrlichung der orthodoxen
Kirche seine Herrschaft zu erweitern, etwas über die Rücksichten der Höflichkeit
ausdehnte, die man getreuen Nachbarn schuldig ist. „Jener Iwan IV., sagt
Pater Possevino im 16. Jahrhundert, hat außer jenen vielen Titeln, vermöge
deren er Zar genannt sein will, auch noch jüngst, als er an den Türken
schrieb, sich Kaiser der Deutschen zu nennen beliebt. Da er nun sein Be¬
ehren aus Liefland und auf Preußen gerichtet hatte, indem er vorschützte, ein
Bruder des Cäsar Augustus zu sein, welcher der Preuße genannt worden sei
Und von dem er abstamme, so kann man leicht begreifen, was er in Betreff
des ferneren Deutschlands und des Abendlandes im Sinne gehabt. Gewiß,
^'r Zwiespalt der christlichen Fürsten, die verschiedenen Ketzereien, seine eignen
Erfolge in Liefland u. f. w. und die hohe Meinung, die er er von seinem
eignen Schisma, ich sage nicht Religion, hegte, nährten jene Hoffnung in
indem er sich überzeugt hielt, von Gott envählt zu sein als ein leuchten¬
der Stern, um die ganze Welt zu erhellen." ^- Das war im Jahr 1582.
Aus dem Jahre 1823 ist das bekannte Denkschreiben von Pozzo ti Borgo
mitgetheilt, welches namentlich gegen das von dem revolutionären Metternich
^'herrschte Oestreich einen ungewöhnlichen Eifer entwickelt und unter anderm
s"ge: „Unsere Politik erheischt, daß wir uns diesem Staate schrecklich zeigen
"ut ihn durch unsere Vorbereitungen überzeugen, daß, wenn er sich gegen uns
M)re, der rasendste aller Stürme über seinem Haupte ausbrechen muß." —
Man sollte überhaupt auf dies Sendschreiben immer von neuem wieder auf¬
merksam machen, denn es ist der Schlüssel für das Verhältniß Oestreichs zu
Rußland, und die conservativen deutschen Politiker, die gegenwärtig es gar
nicht begreifen können, wie das conservative Oestreich sich gegen den Hort
^'r conservativen Sache zu erheben wagt, mögen den Grund dazu in dieser
Denkschrift des russischen Staatsmannes finden. — Eine zweite Broschüre
fuhrt den Titel: Zur Charakteristik Neupreußischer Politik. Ein
Sendschreiben an Herrn Pofessor Stahl in Berlin. Weimar,
Böhlttu. — Wie uns der Versasser in der Vorrede berichtet, hat sich das Er-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/355>, abgerufen am 01.09.2024.