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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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und mußte, weil es nunmehr erponirt war, verstärkt werden; sodann erschien
eS keineswegs zulässig, die Garnison von Kalafat zurückzunehmen. Anstatt
seine vorgeschobene Truppenlinie nach Schumla rufen zu können, war der
türkische Hochstcommandirendc daher vielmehr veranlaßt, aus die Ankunft der
rückwärtigen Zuzüge zu warten und dies umso mehr, als er auch die Debou-
chccn rechts und links von ihm, namentlich Tirnowa und Varna, nicht ent¬
blößen konnte.

Nur wenn man diese Umstände in Rücksicht zieht, wird es begreiflich, daß
Omer Pascha nach Ä-3 Monaten erst 60.000 Mann seiner Armee bei
Schumla concentrirt hat.

Der Gedanke, nunmehr zur Entscheidung vorzugehen, wurde durch die
Bedrohung/Silistrias zur Reife gebracht; die Aenderung in den Verhältnissen
zu Gunsten seiner Ausführung bestand aber einmal darin, daß die türkische
Armee bei Schumla K0.000 Mann stark geworden war. und sodann, daß die
Erfolge, welche die Besatzung von Silistria errungen, die Hoffnungen und
Aussichten der osmanischen Truppen mächtig aufgerichtet hatten. Seit den
glücklich abgeschlagenen Stürmen stand man nicht mehr unter dem Drucke der
Ereignisse von Tuldscha und Matschin: man wußte sich den Feinden aufs
neue und mehr wie jemals überlegen.

Ein von solcher Siegesgewißheit beseeltes Heer ist natürlich leichter wie
jedes andere in die Schlacht zu führen. DaS weiß der Serdar sehr wohl,
und rasch entschlossen, will er die Gelegenheit benutzen, ehe die Stimmung in¬
folge irgend eines Zwischenfalls verfliegt.




Cine Wanderung von Pera nach dem großen Bazar
von Stambul.

Um von Pera aus nach dem Bazar (sprich Basahr) in Srambul oder dem
eigentlichen Konstantinopel, d. h. in der Stadt, welche auf der Halbinsel ge¬
legen ist, deren eine Seite das Marmorameer bespült, indeß die andre durch
das goldne Horn begrenzt wird, gibt es keinen näheren Weg wie den über
Galata und die neuere Brücke. Letztere ist Ihren Lesern bereits aus einem
meiner neuesten Berichte bekannt; weniger vertraut dagegen dürften sie mit der
Lage und Physiognomie jener alten genuesischen Stadt sein, die noch heute,
wie vor vierhundert Jahren, Mittelpunkt des Handels nach Bhzanz ist, Ge-
schästSplatz aller großen Firmen der Hauptstadt, M Conglomerat von Coa-


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und mußte, weil es nunmehr erponirt war, verstärkt werden; sodann erschien
eS keineswegs zulässig, die Garnison von Kalafat zurückzunehmen. Anstatt
seine vorgeschobene Truppenlinie nach Schumla rufen zu können, war der
türkische Hochstcommandirendc daher vielmehr veranlaßt, aus die Ankunft der
rückwärtigen Zuzüge zu warten und dies umso mehr, als er auch die Debou-
chccn rechts und links von ihm, namentlich Tirnowa und Varna, nicht ent¬
blößen konnte.

Nur wenn man diese Umstände in Rücksicht zieht, wird es begreiflich, daß
Omer Pascha nach Ä-3 Monaten erst 60.000 Mann seiner Armee bei
Schumla concentrirt hat.

Der Gedanke, nunmehr zur Entscheidung vorzugehen, wurde durch die
Bedrohung/Silistrias zur Reife gebracht; die Aenderung in den Verhältnissen
zu Gunsten seiner Ausführung bestand aber einmal darin, daß die türkische
Armee bei Schumla K0.000 Mann stark geworden war. und sodann, daß die
Erfolge, welche die Besatzung von Silistria errungen, die Hoffnungen und
Aussichten der osmanischen Truppen mächtig aufgerichtet hatten. Seit den
glücklich abgeschlagenen Stürmen stand man nicht mehr unter dem Drucke der
Ereignisse von Tuldscha und Matschin: man wußte sich den Feinden aufs
neue und mehr wie jemals überlegen.

Ein von solcher Siegesgewißheit beseeltes Heer ist natürlich leichter wie
jedes andere in die Schlacht zu führen. DaS weiß der Serdar sehr wohl,
und rasch entschlossen, will er die Gelegenheit benutzen, ehe die Stimmung in¬
folge irgend eines Zwischenfalls verfliegt.




Cine Wanderung von Pera nach dem großen Bazar
von Stambul.

Um von Pera aus nach dem Bazar (sprich Basahr) in Srambul oder dem
eigentlichen Konstantinopel, d. h. in der Stadt, welche auf der Halbinsel ge¬
legen ist, deren eine Seite das Marmorameer bespült, indeß die andre durch
das goldne Horn begrenzt wird, gibt es keinen näheren Weg wie den über
Galata und die neuere Brücke. Letztere ist Ihren Lesern bereits aus einem
meiner neuesten Berichte bekannt; weniger vertraut dagegen dürften sie mit der
Lage und Physiognomie jener alten genuesischen Stadt sein, die noch heute,
wie vor vierhundert Jahren, Mittelpunkt des Handels nach Bhzanz ist, Ge-
schästSplatz aller großen Firmen der Hauptstadt, M Conglomerat von Coa-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/35>, abgerufen am 09.11.2024.