Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.Schiffahrt von ganz unberechenbarer Bedeutung geworden ist. Außerdem Mir war es von Interesse, die Beschaffenheit des Weges, auf dem wir Aus der Mitte der Wegstrecke zwischen Prawadi und Schumla hatten wir Grenzboten. III. 186i. Z-j,
Schiffahrt von ganz unberechenbarer Bedeutung geworden ist. Außerdem Mir war es von Interesse, die Beschaffenheit des Weges, auf dem wir Aus der Mitte der Wegstrecke zwischen Prawadi und Schumla hatten wir Grenzboten. III. 186i. Z-j,
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0193" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/281344"/> <p xml:id="ID_602" prev="#ID_601"> Schiffahrt von ganz unberechenbarer Bedeutung geworden ist. Außerdem<lb/> muß es als ein Uebelstand betrachtet werden, daß der Balkan, anstatt wie die<lb/> Apenninen in Italien der Längenrichtung der Halbinsel zu folgen, dieselbe<lb/> durchschneidet, und die Verbindung des ganzen Nordens mit dem Süden auf<lb/> eine kleine Anzahl von Punkten beschränkt. Aber der Balkan wird vor den<lb/> Eisenbahnen fallen müssen. Es unterliegt keiner Frage mehr, daß dieses Ge¬<lb/> birge, sobald es von drei oder vier Eisenbahnlinien durchschnitten ist, seine<lb/> trennende Macht verloren hat. — Das sind Gedanken, deren Ausführung heute<lb/> vielleicht weniger fernliegt, als man gemeiniglich und im Angesicht des Krieges<lb/> meint. Dieser ist als die Flamme anzusehen, aus deren Asche das Land wie<lb/> ein Phönir neu erstehen wird. Denn es bedarf keines Beweises, daß die<lb/> Meinung, wonach der Orient nie wieder zur Action und zu einem großartigen,<lb/> historischen Leben erweckt werden kann, zu den gedankenlosen, und ungeachtet<lb/> dessen ewig erneuerten Behauptungen gehört, welche sich durch Jahrhunderte<lb/> hindurchschleppen, um endlich widerlegt zu werden. Ja mit der Widerlegung<lb/> ist in diesem Fall bereits der Anfang gemacht worden. Binnen einem Jahre<lb/> vielleicht wird die Eisenbahn durch Aegypten über die Hälfte hinaus fertig,<lb/> binnen vier Jahren wird sie vollendet sein. Wir werden dann erkennen lernen,<lb/> welche regenerirende Kraft in den Lebensadern liegt, welche die moderne euro¬<lb/> päische Civilisation in die großen Länderleichen des Ostens behufs ihrer Er¬<lb/> weckung einzusenken vermag.</p><lb/> <p xml:id="ID_603"> Mir war es von Interesse, die Beschaffenheit des Weges, auf dem wir<lb/> fuhren, in militärischer Hinsicht zu prüfen. Als Verbindungsstraße zwischen<lb/> Varna und Schumla ist demselben eine nicht geringe Bedeutung zuzumessen.<lb/> Bestände eine Chaussee, so wäre es nicht unmöglich, binnen zwei oder drei<lb/> Tagen das schwerste Posttionsgeschütz ans dem Seehasen zur Bergposition zu<lb/> führen, wozu man jetzt beinahe ein paar Wochen, namentlich bei schlechter<lb/> Witterung, bedarf. Es wird nicht lange währen, bis sich die Aufmerksamkeit<lb/> ganz Europas auf diese beiden Punkte und ihre Verbindung richtet, in deren<lb/> einem (Schumla) die türkische Armee demnächst ihren Sammelpunkt suchen<lb/> muß, während in dem andern (Rama) die westlichen Armeen ans Land<lb/> steigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_604" next="#ID_605"> Aus der Mitte der Wegstrecke zwischen Prawadi und Schumla hatten wir<lb/> die Unannehmlichkeit, an einem unsrer Wagen ein Rad zu zerbrechen. Die<lb/> türkischen Arabatschi scheinen wahrscheinlich wegen der durchgängig schlechten<lb/> Beschaffenheit ihrer Fuhrwerke auf derartige Unfälle stets vorbereitet zu sein.<lb/> Ein jeder führt ein kleines Beil, einen großen Bohrer, ein Stemmeisen und<lb/> eine Anzahl Nägel, auch Stricke und Bolzen bei sich. Es ist staunenswerth,<lb/> was sie mit diesem geringen Material ausrichten. Auf einer andern Reise<lb/> passirte mir das Unglück, daß mein Wagen in einen Abgrund stürzte und auf</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten. III. 186i. Z-j,</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0193]
Schiffahrt von ganz unberechenbarer Bedeutung geworden ist. Außerdem
muß es als ein Uebelstand betrachtet werden, daß der Balkan, anstatt wie die
Apenninen in Italien der Längenrichtung der Halbinsel zu folgen, dieselbe
durchschneidet, und die Verbindung des ganzen Nordens mit dem Süden auf
eine kleine Anzahl von Punkten beschränkt. Aber der Balkan wird vor den
Eisenbahnen fallen müssen. Es unterliegt keiner Frage mehr, daß dieses Ge¬
birge, sobald es von drei oder vier Eisenbahnlinien durchschnitten ist, seine
trennende Macht verloren hat. — Das sind Gedanken, deren Ausführung heute
vielleicht weniger fernliegt, als man gemeiniglich und im Angesicht des Krieges
meint. Dieser ist als die Flamme anzusehen, aus deren Asche das Land wie
ein Phönir neu erstehen wird. Denn es bedarf keines Beweises, daß die
Meinung, wonach der Orient nie wieder zur Action und zu einem großartigen,
historischen Leben erweckt werden kann, zu den gedankenlosen, und ungeachtet
dessen ewig erneuerten Behauptungen gehört, welche sich durch Jahrhunderte
hindurchschleppen, um endlich widerlegt zu werden. Ja mit der Widerlegung
ist in diesem Fall bereits der Anfang gemacht worden. Binnen einem Jahre
vielleicht wird die Eisenbahn durch Aegypten über die Hälfte hinaus fertig,
binnen vier Jahren wird sie vollendet sein. Wir werden dann erkennen lernen,
welche regenerirende Kraft in den Lebensadern liegt, welche die moderne euro¬
päische Civilisation in die großen Länderleichen des Ostens behufs ihrer Er¬
weckung einzusenken vermag.
Mir war es von Interesse, die Beschaffenheit des Weges, auf dem wir
fuhren, in militärischer Hinsicht zu prüfen. Als Verbindungsstraße zwischen
Varna und Schumla ist demselben eine nicht geringe Bedeutung zuzumessen.
Bestände eine Chaussee, so wäre es nicht unmöglich, binnen zwei oder drei
Tagen das schwerste Posttionsgeschütz ans dem Seehasen zur Bergposition zu
führen, wozu man jetzt beinahe ein paar Wochen, namentlich bei schlechter
Witterung, bedarf. Es wird nicht lange währen, bis sich die Aufmerksamkeit
ganz Europas auf diese beiden Punkte und ihre Verbindung richtet, in deren
einem (Schumla) die türkische Armee demnächst ihren Sammelpunkt suchen
muß, während in dem andern (Rama) die westlichen Armeen ans Land
steigen.
Aus der Mitte der Wegstrecke zwischen Prawadi und Schumla hatten wir
die Unannehmlichkeit, an einem unsrer Wagen ein Rad zu zerbrechen. Die
türkischen Arabatschi scheinen wahrscheinlich wegen der durchgängig schlechten
Beschaffenheit ihrer Fuhrwerke auf derartige Unfälle stets vorbereitet zu sein.
Ein jeder führt ein kleines Beil, einen großen Bohrer, ein Stemmeisen und
eine Anzahl Nägel, auch Stricke und Bolzen bei sich. Es ist staunenswerth,
was sie mit diesem geringen Material ausrichten. Auf einer andern Reise
passirte mir das Unglück, daß mein Wagen in einen Abgrund stürzte und auf
Grenzboten. III. 186i. Z-j,
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