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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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erregen; die jungen Mädchen blieben oft lautlachend stehen und betrachteten
uns voller Neugierde; wer also mit den reizenden Mädchen in Pan einen
Anknüpfungspunkt sucht, dem sei das doppelarmige Ungeheuer des Nasenkneifers
bestens empfohlen.

Der Hauptschmuck dieser Stadt ist das alte bearnesische Königsschloß,
Heinrich IV. Geburtshaus mit seinem uralten Park. Stolz erhebt sich über den
Trümmern der alten Bastionen und Vorhanden, welche zu schattigen Promenaden
terrassirt sind, der wettergraue Bau mit seinen Zinnen und Thürmen. Wenn
die alterthümlichen Hallen und Säle mit ihrem wunderbaren Meublement, mit
den reichen Gobelins, auf denen wir den volkstümlichen König und die schöne
Gabriele sehen, uns mitten in den behaglichen Comfort eines mittelalterlichen
Palastes einweihen, so macht andrerseits ein Blick von den hohen Balkonen
oder von den Terrassen, unter denen der schnelle Fluß rauscht, damit harmo-
nirend einen friedlichen, lieben Eindruck. Ueberall wiederholt sich dies reizende
Bild. Auf dem Place nationale, einer vom Schloß etwas entfernteren, auch auf
alten Befestigungen aufgeführten Terrasse voll hoher Bäume saßen wir stunden¬
lang, um es in unsrer Erinnerung recht zu firiren. Links sieht man weithin
bis an den Horizont das gewundene Silberband der breiten Gave von^Ieben-
hügeln bekränzt, auf denen Landhäuser und einzelne Pinien sich malerisch ab¬
grenzen. Im Vordergrund führt ein stolzer Bogenbau, neben dem die Trümmer
der alten Brücke aus den munteren Wellen hervorragen, auf das gegenüber¬
liegende Plateau, das sich mit unbeschreiblich schönem, üppigen Grün von
Dörfern und Büschen durchsetzt, bis an den Fuß der Pyrenäen zieht. Die
blauen Berge begrenzen hier den ganzen Horizont und bilden mit ihren wun¬
derlich geformten Felsspitzen, die theils mit Eis bedeckt silberhell ihre Konturen
am Himmel abzeichnen, den ganzen Hintergrund, aus dessen Mitte sich wie
eine riesige Pyramide ein einzelner, isolirter weißer Kegel, der Pic du midi
dOssau majestätisch erhebt. Wir saßen auf dem bemoosten Mauerwerk, das
nach dem Strome zu diese Terrasse bekränzt und sich vielleicht 20 Fuß hoch aus
Kirschlorbeergebüsch erhebt; üppig wuchernd rankten sich Rosen an ihm in die
Höhe, boten uns ihre vollen Bouquets und mischten in die reine, herrliche
Atmosphäre ihren seinen Dust. Unwillkürlich citirten wir: Pfingsten das lieb¬
liche Fest ist gekommen. Hier steht, und könnte wol nicht passender angebracht
sein, auf der Warte, von der man alle Reize des Landes übersieht, meisterhaft
gearbeitet, die Marmorstatue Heinrich des lV,, dieses Königs, der so volksthüm-
lich und wegen seines echt baskischen Charakters so geliebt ward, daß noch jetzt
alle von ihm sprechen, als hätte ihn jeder selbst gekannt.

Das Schloß von Pan ist vollkommen restaurirt, die Einrichtung besteht
meist aus Originalien aus seiner Blütezeit. Es liegt auf einem Delta, welches
durch den Zufluß eines Baches, des Hedas in die Gave gebildet wird. Jen-


erregen; die jungen Mädchen blieben oft lautlachend stehen und betrachteten
uns voller Neugierde; wer also mit den reizenden Mädchen in Pan einen
Anknüpfungspunkt sucht, dem sei das doppelarmige Ungeheuer des Nasenkneifers
bestens empfohlen.

Der Hauptschmuck dieser Stadt ist das alte bearnesische Königsschloß,
Heinrich IV. Geburtshaus mit seinem uralten Park. Stolz erhebt sich über den
Trümmern der alten Bastionen und Vorhanden, welche zu schattigen Promenaden
terrassirt sind, der wettergraue Bau mit seinen Zinnen und Thürmen. Wenn
die alterthümlichen Hallen und Säle mit ihrem wunderbaren Meublement, mit
den reichen Gobelins, auf denen wir den volkstümlichen König und die schöne
Gabriele sehen, uns mitten in den behaglichen Comfort eines mittelalterlichen
Palastes einweihen, so macht andrerseits ein Blick von den hohen Balkonen
oder von den Terrassen, unter denen der schnelle Fluß rauscht, damit harmo-
nirend einen friedlichen, lieben Eindruck. Ueberall wiederholt sich dies reizende
Bild. Auf dem Place nationale, einer vom Schloß etwas entfernteren, auch auf
alten Befestigungen aufgeführten Terrasse voll hoher Bäume saßen wir stunden¬
lang, um es in unsrer Erinnerung recht zu firiren. Links sieht man weithin
bis an den Horizont das gewundene Silberband der breiten Gave von^Ieben-
hügeln bekränzt, auf denen Landhäuser und einzelne Pinien sich malerisch ab¬
grenzen. Im Vordergrund führt ein stolzer Bogenbau, neben dem die Trümmer
der alten Brücke aus den munteren Wellen hervorragen, auf das gegenüber¬
liegende Plateau, das sich mit unbeschreiblich schönem, üppigen Grün von
Dörfern und Büschen durchsetzt, bis an den Fuß der Pyrenäen zieht. Die
blauen Berge begrenzen hier den ganzen Horizont und bilden mit ihren wun¬
derlich geformten Felsspitzen, die theils mit Eis bedeckt silberhell ihre Konturen
am Himmel abzeichnen, den ganzen Hintergrund, aus dessen Mitte sich wie
eine riesige Pyramide ein einzelner, isolirter weißer Kegel, der Pic du midi
dOssau majestätisch erhebt. Wir saßen auf dem bemoosten Mauerwerk, das
nach dem Strome zu diese Terrasse bekränzt und sich vielleicht 20 Fuß hoch aus
Kirschlorbeergebüsch erhebt; üppig wuchernd rankten sich Rosen an ihm in die
Höhe, boten uns ihre vollen Bouquets und mischten in die reine, herrliche
Atmosphäre ihren seinen Dust. Unwillkürlich citirten wir: Pfingsten das lieb¬
liche Fest ist gekommen. Hier steht, und könnte wol nicht passender angebracht
sein, auf der Warte, von der man alle Reize des Landes übersieht, meisterhaft
gearbeitet, die Marmorstatue Heinrich des lV,, dieses Königs, der so volksthüm-
lich und wegen seines echt baskischen Charakters so geliebt ward, daß noch jetzt
alle von ihm sprechen, als hätte ihn jeder selbst gekannt.

Das Schloß von Pan ist vollkommen restaurirt, die Einrichtung besteht
meist aus Originalien aus seiner Blütezeit. Es liegt auf einem Delta, welches
durch den Zufluß eines Baches, des Hedas in die Gave gebildet wird. Jen-


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[0176] erregen; die jungen Mädchen blieben oft lautlachend stehen und betrachteten uns voller Neugierde; wer also mit den reizenden Mädchen in Pan einen Anknüpfungspunkt sucht, dem sei das doppelarmige Ungeheuer des Nasenkneifers bestens empfohlen. Der Hauptschmuck dieser Stadt ist das alte bearnesische Königsschloß, Heinrich IV. Geburtshaus mit seinem uralten Park. Stolz erhebt sich über den Trümmern der alten Bastionen und Vorhanden, welche zu schattigen Promenaden terrassirt sind, der wettergraue Bau mit seinen Zinnen und Thürmen. Wenn die alterthümlichen Hallen und Säle mit ihrem wunderbaren Meublement, mit den reichen Gobelins, auf denen wir den volkstümlichen König und die schöne Gabriele sehen, uns mitten in den behaglichen Comfort eines mittelalterlichen Palastes einweihen, so macht andrerseits ein Blick von den hohen Balkonen oder von den Terrassen, unter denen der schnelle Fluß rauscht, damit harmo- nirend einen friedlichen, lieben Eindruck. Ueberall wiederholt sich dies reizende Bild. Auf dem Place nationale, einer vom Schloß etwas entfernteren, auch auf alten Befestigungen aufgeführten Terrasse voll hoher Bäume saßen wir stunden¬ lang, um es in unsrer Erinnerung recht zu firiren. Links sieht man weithin bis an den Horizont das gewundene Silberband der breiten Gave von^Ieben- hügeln bekränzt, auf denen Landhäuser und einzelne Pinien sich malerisch ab¬ grenzen. Im Vordergrund führt ein stolzer Bogenbau, neben dem die Trümmer der alten Brücke aus den munteren Wellen hervorragen, auf das gegenüber¬ liegende Plateau, das sich mit unbeschreiblich schönem, üppigen Grün von Dörfern und Büschen durchsetzt, bis an den Fuß der Pyrenäen zieht. Die blauen Berge begrenzen hier den ganzen Horizont und bilden mit ihren wun¬ derlich geformten Felsspitzen, die theils mit Eis bedeckt silberhell ihre Konturen am Himmel abzeichnen, den ganzen Hintergrund, aus dessen Mitte sich wie eine riesige Pyramide ein einzelner, isolirter weißer Kegel, der Pic du midi dOssau majestätisch erhebt. Wir saßen auf dem bemoosten Mauerwerk, das nach dem Strome zu diese Terrasse bekränzt und sich vielleicht 20 Fuß hoch aus Kirschlorbeergebüsch erhebt; üppig wuchernd rankten sich Rosen an ihm in die Höhe, boten uns ihre vollen Bouquets und mischten in die reine, herrliche Atmosphäre ihren seinen Dust. Unwillkürlich citirten wir: Pfingsten das lieb¬ liche Fest ist gekommen. Hier steht, und könnte wol nicht passender angebracht sein, auf der Warte, von der man alle Reize des Landes übersieht, meisterhaft gearbeitet, die Marmorstatue Heinrich des lV,, dieses Königs, der so volksthüm- lich und wegen seines echt baskischen Charakters so geliebt ward, daß noch jetzt alle von ihm sprechen, als hätte ihn jeder selbst gekannt. Das Schloß von Pan ist vollkommen restaurirt, die Einrichtung besteht meist aus Originalien aus seiner Blütezeit. Es liegt auf einem Delta, welches durch den Zufluß eines Baches, des Hedas in die Gave gebildet wird. Jen-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/176>, abgerufen am 06.10.2024.