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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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Versammlung entweder ihre Competenz überschritt, oder hinter derselben zurück¬
blieb und deshalb beschuldigt wurde, entweder einem Rechte zu nahe getreten
zu sein, oder es ungeschützt gelassen zu haben. Es gereicht der Bundesver¬
sammlung, wie dem Ausschusse daher zum Lobe, diesen kitzlichen Punkt nicht
mit Stillschweigen übergangen zu haben. Es sei, sagt der Ausschuß, von
einer der Seiten, die ihn mit Bemerkungen sür seine Arbeit versehen, "bemerkt
worden, daß (an einer bestimmten Stelle) am zweckmäßigsten auch eine nähere
Vorschrift ihren Platz finden dürste über das Verfahren, welches von der
Bundesversammlung zu beobachten, wenn sich ein Zweifel erhebt, ob die Bundes¬
versammlung überhaupt über die Sache zu berathen und zu beschließen
competent sei; diese Competenzstreitigkeiten seien die häufigsten Veranlassungen
gewesen, daß darüber der Geschäftsbetrieb in Zögerung und Stockung gerathen.
Der Punkt, auf den eS ankomme, dürste darin bestehen, daß, wenn einmal
ein Beschluß gefaßt ist, keine Regierung demselben die Anerkennung verweigern
könne, daß also jeder Streit über die Competenz vor der Beschlußfassung auf
einem geordneten Wege erledigt sein müsse. Nur die Bundesversammlung,
und zwar im engern Rathe, werde diese Frage schließlich entscheiden können,
und die Garantie, daß diese Entscheidung unparteiisch den Bundes-Grund-
gesetzen gemäß erfolge, werde nur darin gefunden werden können, daß die Bundes¬
versammlung eine getrennte Prüfung dieser Frage nötigenfalls durch einen
besondern Ausschuß, vornimmt. Hiernach wird für die Geschäftsordnung eine
Bestimmung dahin empfohlen:

""Daß, sobald die Competenz der Bundesversammlung, über einen ihr
vorliegenden Gegenstand zu beschließen, von einer oder mehren Bundes¬
regierungen beschlossen werde, diese Frage allemal besonders, und vor der Be¬
schlußfassung in der Sache, von der Bundesversammlung im engern Rathe,
nöthigenfalls durch einen besondern Ausschuß, zu prüfen, zu berathen und zu
entscheiden sei.""

Der Ausschuß verkennt die Wichtigkeit der hier angeregten Frage keines¬
wegs und würde auch die Aufnahme einer bezüglichen Bestimmung in die Ge¬
schäftsordnung beantragen, wenn es einerseits einer solchen bedürfte, um das
hier vorgeschlagene, allgemeinen Grundsätzen gemäße Verfahren in vorkommen¬
den Fällen einzuhalten, und wenn er anderseits hoffen könnte, daß es durch
irgend eine positive Vorschrift gelingen werde, die in einerSache
einmal be strittene Kompetenz der Bundesversammlung durch ge-
seh äftsordnu ngsmäßige Behandlung jeweils zur allgemeinen
Alter kcnnun g zu bringen und auf diese Weise theoretisch die
Lösung einer Frage zu finden, welche zu den intricatesten des
Bundesrechtes gehört."

Ob sich der letztern Behauptung des Ausschusses beistimmen lasse, möchten


Versammlung entweder ihre Competenz überschritt, oder hinter derselben zurück¬
blieb und deshalb beschuldigt wurde, entweder einem Rechte zu nahe getreten
zu sein, oder es ungeschützt gelassen zu haben. Es gereicht der Bundesver¬
sammlung, wie dem Ausschusse daher zum Lobe, diesen kitzlichen Punkt nicht
mit Stillschweigen übergangen zu haben. Es sei, sagt der Ausschuß, von
einer der Seiten, die ihn mit Bemerkungen sür seine Arbeit versehen, „bemerkt
worden, daß (an einer bestimmten Stelle) am zweckmäßigsten auch eine nähere
Vorschrift ihren Platz finden dürste über das Verfahren, welches von der
Bundesversammlung zu beobachten, wenn sich ein Zweifel erhebt, ob die Bundes¬
versammlung überhaupt über die Sache zu berathen und zu beschließen
competent sei; diese Competenzstreitigkeiten seien die häufigsten Veranlassungen
gewesen, daß darüber der Geschäftsbetrieb in Zögerung und Stockung gerathen.
Der Punkt, auf den eS ankomme, dürste darin bestehen, daß, wenn einmal
ein Beschluß gefaßt ist, keine Regierung demselben die Anerkennung verweigern
könne, daß also jeder Streit über die Competenz vor der Beschlußfassung auf
einem geordneten Wege erledigt sein müsse. Nur die Bundesversammlung,
und zwar im engern Rathe, werde diese Frage schließlich entscheiden können,
und die Garantie, daß diese Entscheidung unparteiisch den Bundes-Grund-
gesetzen gemäß erfolge, werde nur darin gefunden werden können, daß die Bundes¬
versammlung eine getrennte Prüfung dieser Frage nötigenfalls durch einen
besondern Ausschuß, vornimmt. Hiernach wird für die Geschäftsordnung eine
Bestimmung dahin empfohlen:

„„Daß, sobald die Competenz der Bundesversammlung, über einen ihr
vorliegenden Gegenstand zu beschließen, von einer oder mehren Bundes¬
regierungen beschlossen werde, diese Frage allemal besonders, und vor der Be¬
schlußfassung in der Sache, von der Bundesversammlung im engern Rathe,
nöthigenfalls durch einen besondern Ausschuß, zu prüfen, zu berathen und zu
entscheiden sei.""

Der Ausschuß verkennt die Wichtigkeit der hier angeregten Frage keines¬
wegs und würde auch die Aufnahme einer bezüglichen Bestimmung in die Ge¬
schäftsordnung beantragen, wenn es einerseits einer solchen bedürfte, um das
hier vorgeschlagene, allgemeinen Grundsätzen gemäße Verfahren in vorkommen¬
den Fällen einzuhalten, und wenn er anderseits hoffen könnte, daß es durch
irgend eine positive Vorschrift gelingen werde, die in einerSache
einmal be strittene Kompetenz der Bundesversammlung durch ge-
seh äftsordnu ngsmäßige Behandlung jeweils zur allgemeinen
Alter kcnnun g zu bringen und auf diese Weise theoretisch die
Lösung einer Frage zu finden, welche zu den intricatesten des
Bundesrechtes gehört."

Ob sich der letztern Behauptung des Ausschusses beistimmen lasse, möchten


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[0148] Versammlung entweder ihre Competenz überschritt, oder hinter derselben zurück¬ blieb und deshalb beschuldigt wurde, entweder einem Rechte zu nahe getreten zu sein, oder es ungeschützt gelassen zu haben. Es gereicht der Bundesver¬ sammlung, wie dem Ausschusse daher zum Lobe, diesen kitzlichen Punkt nicht mit Stillschweigen übergangen zu haben. Es sei, sagt der Ausschuß, von einer der Seiten, die ihn mit Bemerkungen sür seine Arbeit versehen, „bemerkt worden, daß (an einer bestimmten Stelle) am zweckmäßigsten auch eine nähere Vorschrift ihren Platz finden dürste über das Verfahren, welches von der Bundesversammlung zu beobachten, wenn sich ein Zweifel erhebt, ob die Bundes¬ versammlung überhaupt über die Sache zu berathen und zu beschließen competent sei; diese Competenzstreitigkeiten seien die häufigsten Veranlassungen gewesen, daß darüber der Geschäftsbetrieb in Zögerung und Stockung gerathen. Der Punkt, auf den eS ankomme, dürste darin bestehen, daß, wenn einmal ein Beschluß gefaßt ist, keine Regierung demselben die Anerkennung verweigern könne, daß also jeder Streit über die Competenz vor der Beschlußfassung auf einem geordneten Wege erledigt sein müsse. Nur die Bundesversammlung, und zwar im engern Rathe, werde diese Frage schließlich entscheiden können, und die Garantie, daß diese Entscheidung unparteiisch den Bundes-Grund- gesetzen gemäß erfolge, werde nur darin gefunden werden können, daß die Bundes¬ versammlung eine getrennte Prüfung dieser Frage nötigenfalls durch einen besondern Ausschuß, vornimmt. Hiernach wird für die Geschäftsordnung eine Bestimmung dahin empfohlen: „„Daß, sobald die Competenz der Bundesversammlung, über einen ihr vorliegenden Gegenstand zu beschließen, von einer oder mehren Bundes¬ regierungen beschlossen werde, diese Frage allemal besonders, und vor der Be¬ schlußfassung in der Sache, von der Bundesversammlung im engern Rathe, nöthigenfalls durch einen besondern Ausschuß, zu prüfen, zu berathen und zu entscheiden sei."" Der Ausschuß verkennt die Wichtigkeit der hier angeregten Frage keines¬ wegs und würde auch die Aufnahme einer bezüglichen Bestimmung in die Ge¬ schäftsordnung beantragen, wenn es einerseits einer solchen bedürfte, um das hier vorgeschlagene, allgemeinen Grundsätzen gemäße Verfahren in vorkommen¬ den Fällen einzuhalten, und wenn er anderseits hoffen könnte, daß es durch irgend eine positive Vorschrift gelingen werde, die in einerSache einmal be strittene Kompetenz der Bundesversammlung durch ge- seh äftsordnu ngsmäßige Behandlung jeweils zur allgemeinen Alter kcnnun g zu bringen und auf diese Weise theoretisch die Lösung einer Frage zu finden, welche zu den intricatesten des Bundesrechtes gehört." Ob sich der letztern Behauptung des Ausschusses beistimmen lasse, möchten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/148>, abgerufen am 06.10.2024.