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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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zu den besseren, die uns in neuerer Zeit vorgekommen sind. Leider ist in dem
Genre schon etwas Manier und conventionelle Form, und sowol die Charak¬
tere wie die Situationen haben eiwas Gleichbleibendes. Das Christenthum
ist maßvoller angewendet, als bei Mstrs. Whetherell. Die herkömmliche Zahl
von 6 Bänden scheint auch diesmal festgehalten zu sein. -- -


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Alexander Dumas hat sich jetzt eine ganz merkwürdige Methode des Com-
ponirens angeeignet, die Grundlage des gegenwärtigen Romans ist nämlich
Calderons Drama: "drei Vergeltungen in einer", aber er hat es auf eine
Weise benutzt, daß er die meisten Scenen desselben Wort für Wort abgeschrieben
hat, nur mit anderen Namen und seinen gewöhnlichen Zwischenbemerkungen.
Von Angabe seiner Quelle ist natürlich keine Rede, was dem französischen
Publicum gegenüber, das mit Calderon weniger bekannt ist, doch ziemlich nach
Betrug aussieht. Nebenbei sind auch einzelne Stellen aus der "Andacht zum
Kreuz" gleichfalls wörtlich aufgenommen. Das eine paßt zum andern nicht
im geringsten, von Motivirung ist gar keine Rede und um das Ganze zu
krönen, ist aus die Fabel ein weinerlich gutmüthiger Schluß gesetzt. Durch
eine Masse historischer oder unhistorischer Genremalereien aus der Zeit der Ent¬
deckung Amerikas, aus der Thronbesteigung Karl V. u. s. w. in seiner ge¬
wohnten Manier hat Herr Dumas wahrscheinlich seine Originalität dem spa¬
nischen Publicum gegenüber bekunden wollen. --


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Die Mohikaner von Paris. Roman von Alexander Dumas. Aus dem
Französischen von L. v. Alvensleben. I.u. 2, Band. Brüssel und Leipzig,
A. Schnve. --
Die Mohikaner von Paris. (In "Alexander Dumas Schriften", übersetzt von
F. Heine und A. Diezmann). 1. 2. 3. Band. Leipzig, Kollmann. --

Der Inhalt dieses Romans, der möglicherweise wieder eine unendliche Aus¬
dehnung gewinne" wird, bezieht sich auf den Lieblingsstoff der modernen Pariser
Feuilletonisten, auf die Pariser Vagabunden, die seit den Mysterien die eigent¬
lichen Helden der französischen Dichtung geworden zu sein scheinen. Herr
Dumas 'hat die Zeit seiner Handlung in das Jahr 1827, d. h. in seine
Jugendzeit zurückverlegt. Die Kühnheit in den Erfindungen ist seit den Muske¬
tiren nur noch gewachsen und der freie moralische Standpunkt hat seinen
Horizont noch erweitert. Es kommt den edlen und tugendhaften Personen
dieses Romans gar nicht darauf an, einen treuen und kindlich ergebenen


zu den besseren, die uns in neuerer Zeit vorgekommen sind. Leider ist in dem
Genre schon etwas Manier und conventionelle Form, und sowol die Charak¬
tere wie die Situationen haben eiwas Gleichbleibendes. Das Christenthum
ist maßvoller angewendet, als bei Mstrs. Whetherell. Die herkömmliche Zahl
von 6 Bänden scheint auch diesmal festgehalten zu sein. — -


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Alexander Dumas hat sich jetzt eine ganz merkwürdige Methode des Com-
ponirens angeeignet, die Grundlage des gegenwärtigen Romans ist nämlich
Calderons Drama: „drei Vergeltungen in einer", aber er hat es auf eine
Weise benutzt, daß er die meisten Scenen desselben Wort für Wort abgeschrieben
hat, nur mit anderen Namen und seinen gewöhnlichen Zwischenbemerkungen.
Von Angabe seiner Quelle ist natürlich keine Rede, was dem französischen
Publicum gegenüber, das mit Calderon weniger bekannt ist, doch ziemlich nach
Betrug aussieht. Nebenbei sind auch einzelne Stellen aus der „Andacht zum
Kreuz" gleichfalls wörtlich aufgenommen. Das eine paßt zum andern nicht
im geringsten, von Motivirung ist gar keine Rede und um das Ganze zu
krönen, ist aus die Fabel ein weinerlich gutmüthiger Schluß gesetzt. Durch
eine Masse historischer oder unhistorischer Genremalereien aus der Zeit der Ent¬
deckung Amerikas, aus der Thronbesteigung Karl V. u. s. w. in seiner ge¬
wohnten Manier hat Herr Dumas wahrscheinlich seine Originalität dem spa¬
nischen Publicum gegenüber bekunden wollen. —


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Die Mohikaner von Paris. Roman von Alexander Dumas. Aus dem
Französischen von L. v. Alvensleben. I.u. 2, Band. Brüssel und Leipzig,
A. Schnve. —
Die Mohikaner von Paris. (In „Alexander Dumas Schriften", übersetzt von
F. Heine und A. Diezmann). 1. 2. 3. Band. Leipzig, Kollmann. —

Der Inhalt dieses Romans, der möglicherweise wieder eine unendliche Aus¬
dehnung gewinne» wird, bezieht sich auf den Lieblingsstoff der modernen Pariser
Feuilletonisten, auf die Pariser Vagabunden, die seit den Mysterien die eigent¬
lichen Helden der französischen Dichtung geworden zu sein scheinen. Herr
Dumas 'hat die Zeit seiner Handlung in das Jahr 1827, d. h. in seine
Jugendzeit zurückverlegt. Die Kühnheit in den Erfindungen ist seit den Muske¬
tiren nur noch gewachsen und der freie moralische Standpunkt hat seinen
Horizont noch erweitert. Es kommt den edlen und tugendhaften Personen
dieses Romans gar nicht darauf an, einen treuen und kindlich ergebenen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/144>, abgerufen am 09.11.2024.