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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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können bessere Leistungen von ihm erwarten, wenn es ihm einmal gelingt,
einen zweckmäßigen Stoss zu finden, der seinen Neigungen entspricht und da¬
neben einen allgemein menschlichen Inhalt enthält. --


^mutui! se, öUiclex. Köteti vt xon", par ,1. >I. Stulil (.1. Ilet/el), pieveclös it'une
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Man pflegt gewöhnlich dem französischen Dichter den Humor abzusprechen. .
In der neuem Zeit hat sich indeß neben andern deutschen Errungenschaften
auch diese Eigenthümlichkeit deß deutschen Stils in die französische Literatur
eingeführt. Die Borrede, die aus dem Journal des Dvbats abgedruckt ist,
philosophirt über das Wesen des Humors trotz Jean Paul und Hoffmann.
Indessen macht sich auch hier der Unterschied der beiden Nationalitäten geltend.
Wir denken uns bei dem Humor, abgesehen von der guten Laune, noch eine
ungewöhnliche Fülle deS Gemüths, welches wie der liebe Gott seine Sonne
über Gerechte und Ungerechte scheinen läßt. In den sehr zarten phantastischen
Bittern dagegen, die uns hier vorliegen, ist es mehr auf Zierlichkeit und
Anmuth in den Bewegungen, als auf ein gemülhvolleö Eindringen in die
Gegenstände abgesehen. Der Buchhändler Hetzel, der unter dem Namen Stahl
schreibt, hat sich um diese zierliche Arabeskenliteratur große Verdienste erworben.
Wenn ein Künstler irgend eine Neue Erfindung ans Licht setzen, eine Phan¬
tasie realisiren wollte, so übernahm er es, den Tert dazu zu schaffen oder um¬
gekehrt. Er eilt in unermüdlicher Geschäftigkeit vom Zeichner zum Dichter,
um die Phantasie des einen auf gleicher Höhe mit der des andern zu erhalten.
Er wirkt befruchtend auf die isolirten oder ermüdeten Kräfte ein, die er zu
gruppiren oder zu verjüngter Thätigkeit anzuregen wußte, indem er dem einen
eine Idee für seine Form, dem andern eine Form für seine Idee eingab. Seine
eignen poetischen Leistungen betrachtete er bescheiden nur als Nothbehelf. Allein
wir stimmen mit George Sand ganz überein, daß diese zierlichen Bilder, so
leichtfertig und durchsichtig sie auf den ersten Anblick zu sein scheinen, sich durch
eine gewisse Zartheit der Empfindung auszeichnen, die durch die leichteren
Accorde zuweilen einen tiefern Ton durchklingen läßt. Die Erzählungen, die
zu Anfang der vierziger Jahre erschienen, werden jetzt gesammelt, da der Ver¬
fasser wie so viele andere unter den besten Köpfen Frankreichs in der Ver¬
bannung lebt. Die Weise seiner Dichtung erinnert am meisten an Hofmann.
Das wunderlich bewegte Thierleben ist sowol in seinen vielfältigen Aehnlich-
keiten mit dem Treiben der Menschen, wie auch in seiner selbstständigen Natur
in phantastischem Spiel dargestellt. So nennen wir die Erinnerungen einer alten
Krähe-; die Herzensgeschichte einer Eidechse; das Leben und die philosophischen
Meinungen einer Fettgans, erzählt von ihr selbst; die Reise in den siebenten


können bessere Leistungen von ihm erwarten, wenn es ihm einmal gelingt,
einen zweckmäßigen Stoss zu finden, der seinen Neigungen entspricht und da¬
neben einen allgemein menschlichen Inhalt enthält. —


^mutui! se, öUiclex. Köteti vt xon», par ,1. >I. Stulil (.1. Ilet/el), pieveclös it'une
s»us»ce p»r V. 8» ,,'et o> it'une Ltuilv »ur les Iiumorisle», p»r 1^. KuNs-
boiioe. Ijluxvllv« I^öipxig, tiivssli»^ K (!c>in>i. —

Man pflegt gewöhnlich dem französischen Dichter den Humor abzusprechen. .
In der neuem Zeit hat sich indeß neben andern deutschen Errungenschaften
auch diese Eigenthümlichkeit deß deutschen Stils in die französische Literatur
eingeführt. Die Borrede, die aus dem Journal des Dvbats abgedruckt ist,
philosophirt über das Wesen des Humors trotz Jean Paul und Hoffmann.
Indessen macht sich auch hier der Unterschied der beiden Nationalitäten geltend.
Wir denken uns bei dem Humor, abgesehen von der guten Laune, noch eine
ungewöhnliche Fülle deS Gemüths, welches wie der liebe Gott seine Sonne
über Gerechte und Ungerechte scheinen läßt. In den sehr zarten phantastischen
Bittern dagegen, die uns hier vorliegen, ist es mehr auf Zierlichkeit und
Anmuth in den Bewegungen, als auf ein gemülhvolleö Eindringen in die
Gegenstände abgesehen. Der Buchhändler Hetzel, der unter dem Namen Stahl
schreibt, hat sich um diese zierliche Arabeskenliteratur große Verdienste erworben.
Wenn ein Künstler irgend eine Neue Erfindung ans Licht setzen, eine Phan¬
tasie realisiren wollte, so übernahm er es, den Tert dazu zu schaffen oder um¬
gekehrt. Er eilt in unermüdlicher Geschäftigkeit vom Zeichner zum Dichter,
um die Phantasie des einen auf gleicher Höhe mit der des andern zu erhalten.
Er wirkt befruchtend auf die isolirten oder ermüdeten Kräfte ein, die er zu
gruppiren oder zu verjüngter Thätigkeit anzuregen wußte, indem er dem einen
eine Idee für seine Form, dem andern eine Form für seine Idee eingab. Seine
eignen poetischen Leistungen betrachtete er bescheiden nur als Nothbehelf. Allein
wir stimmen mit George Sand ganz überein, daß diese zierlichen Bilder, so
leichtfertig und durchsichtig sie auf den ersten Anblick zu sein scheinen, sich durch
eine gewisse Zartheit der Empfindung auszeichnen, die durch die leichteren
Accorde zuweilen einen tiefern Ton durchklingen läßt. Die Erzählungen, die
zu Anfang der vierziger Jahre erschienen, werden jetzt gesammelt, da der Ver¬
fasser wie so viele andere unter den besten Köpfen Frankreichs in der Ver¬
bannung lebt. Die Weise seiner Dichtung erinnert am meisten an Hofmann.
Das wunderlich bewegte Thierleben ist sowol in seinen vielfältigen Aehnlich-
keiten mit dem Treiben der Menschen, wie auch in seiner selbstständigen Natur
in phantastischem Spiel dargestellt. So nennen wir die Erinnerungen einer alten
Krähe-; die Herzensgeschichte einer Eidechse; das Leben und die philosophischen
Meinungen einer Fettgans, erzählt von ihr selbst; die Reise in den siebenten


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[0142] können bessere Leistungen von ihm erwarten, wenn es ihm einmal gelingt, einen zweckmäßigen Stoss zu finden, der seinen Neigungen entspricht und da¬ neben einen allgemein menschlichen Inhalt enthält. — ^mutui! se, öUiclex. Köteti vt xon», par ,1. >I. Stulil (.1. Ilet/el), pieveclös it'une s»us»ce p»r V. 8» ,,'et o> it'une Ltuilv »ur les Iiumorisle», p»r 1^. KuNs- boiioe. Ijluxvllv« I^öipxig, tiivssli»^ K (!c>in>i. — Man pflegt gewöhnlich dem französischen Dichter den Humor abzusprechen. . In der neuem Zeit hat sich indeß neben andern deutschen Errungenschaften auch diese Eigenthümlichkeit deß deutschen Stils in die französische Literatur eingeführt. Die Borrede, die aus dem Journal des Dvbats abgedruckt ist, philosophirt über das Wesen des Humors trotz Jean Paul und Hoffmann. Indessen macht sich auch hier der Unterschied der beiden Nationalitäten geltend. Wir denken uns bei dem Humor, abgesehen von der guten Laune, noch eine ungewöhnliche Fülle deS Gemüths, welches wie der liebe Gott seine Sonne über Gerechte und Ungerechte scheinen läßt. In den sehr zarten phantastischen Bittern dagegen, die uns hier vorliegen, ist es mehr auf Zierlichkeit und Anmuth in den Bewegungen, als auf ein gemülhvolleö Eindringen in die Gegenstände abgesehen. Der Buchhändler Hetzel, der unter dem Namen Stahl schreibt, hat sich um diese zierliche Arabeskenliteratur große Verdienste erworben. Wenn ein Künstler irgend eine Neue Erfindung ans Licht setzen, eine Phan¬ tasie realisiren wollte, so übernahm er es, den Tert dazu zu schaffen oder um¬ gekehrt. Er eilt in unermüdlicher Geschäftigkeit vom Zeichner zum Dichter, um die Phantasie des einen auf gleicher Höhe mit der des andern zu erhalten. Er wirkt befruchtend auf die isolirten oder ermüdeten Kräfte ein, die er zu gruppiren oder zu verjüngter Thätigkeit anzuregen wußte, indem er dem einen eine Idee für seine Form, dem andern eine Form für seine Idee eingab. Seine eignen poetischen Leistungen betrachtete er bescheiden nur als Nothbehelf. Allein wir stimmen mit George Sand ganz überein, daß diese zierlichen Bilder, so leichtfertig und durchsichtig sie auf den ersten Anblick zu sein scheinen, sich durch eine gewisse Zartheit der Empfindung auszeichnen, die durch die leichteren Accorde zuweilen einen tiefern Ton durchklingen läßt. Die Erzählungen, die zu Anfang der vierziger Jahre erschienen, werden jetzt gesammelt, da der Ver¬ fasser wie so viele andere unter den besten Köpfen Frankreichs in der Ver¬ bannung lebt. Die Weise seiner Dichtung erinnert am meisten an Hofmann. Das wunderlich bewegte Thierleben ist sowol in seinen vielfältigen Aehnlich- keiten mit dem Treiben der Menschen, wie auch in seiner selbstständigen Natur in phantastischem Spiel dargestellt. So nennen wir die Erinnerungen einer alten Krähe-; die Herzensgeschichte einer Eidechse; das Leben und die philosophischen Meinungen einer Fettgans, erzählt von ihr selbst; die Reise in den siebenten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/142>, abgerufen am 09.11.2024.