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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

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Kopenhagen, zu Bauten an dem Kopenhagens Zollamte, Armenwesen in Kopen¬
hagen, zu Brücken bei Jjerting, bei Sickeborg, Kirchenbau in Hebron, Irrenhaus,
Wegebesserung -- alles in Jütland, Irrenhaus ans Seeland, Wegebesserungen
auf der Insel Bornholm. Die Ausbeutung der deutscheu Lande ist in ein eigen¬
thümliches System gebracht; der Scherz drängt sich ans, wäre die Sache nicht
zu traurig! soll es vielleicht daran erinnern, daß die einzige Gemeinschaftlichkeit,
die für Schleswig-Holstein fast noch geblieben, in dem Irrenhause bei Schles¬
wig repräsentirt wird? und ist es die besondere Fürsorge des Gesammtstaats,
jedenfalls die Irrenhäuser der Monarchie gemeinsam zu machen? Der dänische
Reichstag, der Gemeinschaft mißtrauend, wollte einen Schritt rückwärts machen
und beantragte: etwaige Ueberschüsse des.-Königreichs müßten diesem allein zu
Gute kommen oder dürste" nur dann in die Gesammtkasse fließen, wenn von
den Herzogtümern nach dem Verhältniß zu ^ zu bestimmende Ueberschüsse
ebenfalls abgeliefert würden. Der Finanzminister protestirte gegen diese Kassen¬
trennung; so ist der Same der Zwietracht schon ausgestreut, ehe noch das
Gebäude gerichtet worden.

Die getrennte, seit Herzog Adolphs Zeit zum erstenmal wieder selbstständige
Finanzverwaltung Schleswig-Holsteins während des dreijährigen Krieges, ergab,
obschon Schleswig schon seit Mitte 1869 von den Dänen oder der s. g. Landes-
verwaltung occupirt war, einen jährlichen Ueberschuß, nachdem alle Apanagen an
fürstliche Personen mit sämmtliche Kosten der Kriegführung und Civilverwaltnng,
einschließlich der Verzinsung und Abträge aus die erwachsene Staatsschuld, regel¬
mäßig und prompte berichtigt waren. Der Ueberschuß betrug:

im Jahre -1848: 6,i13,942 Mk. Courant.")
" " 1849: 3,067,933 " "
" " 1830: 2,700,399 " "

Außerdem hatten die Herzogthümer eine wohlbegründete Forderung an die deut¬
scheu Staaten wegen Verpflegung der Reichstruppen, welche am Schlüsse des
Jahres 1830 sich noch belief auf: V, 122,938 Mk. Cour.

Die gemeinsamen dänischen, Schleswig-Holstein-lanenburgischen Finanzver¬
waltungen dagegen, sind noch nie zum Vortheil der Herzogthümer ausgeschlagen.
In früheren Jahrhunderten fehlte jede Oeffentlichkeit, jedes Urtheil; schon
Christian I., stets wegen Dänemark und dessen Kriege des Geldes bedürftig,
-- die Schweden nannten ihn die bodenlose Tasche -- umging die Privilegien
und verpfändete den größern Theil des Landes; später erfolgten die unglaublichsten
Verkehrtheiten in Finanz-, Bank- und Handelssachen; eine Steuer jagte die
andere; zuletzt 1802 die Laudsteuer gegen deu Protest der Ritterschaft, die auch
1821 vergebens an den deutsche" Bund sich hinwandte; früher die verhaßte



') 10 M. ---i Nbthlv.

Kopenhagen, zu Bauten an dem Kopenhagens Zollamte, Armenwesen in Kopen¬
hagen, zu Brücken bei Jjerting, bei Sickeborg, Kirchenbau in Hebron, Irrenhaus,
Wegebesserung — alles in Jütland, Irrenhaus ans Seeland, Wegebesserungen
auf der Insel Bornholm. Die Ausbeutung der deutscheu Lande ist in ein eigen¬
thümliches System gebracht; der Scherz drängt sich ans, wäre die Sache nicht
zu traurig! soll es vielleicht daran erinnern, daß die einzige Gemeinschaftlichkeit,
die für Schleswig-Holstein fast noch geblieben, in dem Irrenhause bei Schles¬
wig repräsentirt wird? und ist es die besondere Fürsorge des Gesammtstaats,
jedenfalls die Irrenhäuser der Monarchie gemeinsam zu machen? Der dänische
Reichstag, der Gemeinschaft mißtrauend, wollte einen Schritt rückwärts machen
und beantragte: etwaige Ueberschüsse des.-Königreichs müßten diesem allein zu
Gute kommen oder dürste» nur dann in die Gesammtkasse fließen, wenn von
den Herzogtümern nach dem Verhältniß zu ^ zu bestimmende Ueberschüsse
ebenfalls abgeliefert würden. Der Finanzminister protestirte gegen diese Kassen¬
trennung; so ist der Same der Zwietracht schon ausgestreut, ehe noch das
Gebäude gerichtet worden.

Die getrennte, seit Herzog Adolphs Zeit zum erstenmal wieder selbstständige
Finanzverwaltung Schleswig-Holsteins während des dreijährigen Krieges, ergab,
obschon Schleswig schon seit Mitte 1869 von den Dänen oder der s. g. Landes-
verwaltung occupirt war, einen jährlichen Ueberschuß, nachdem alle Apanagen an
fürstliche Personen mit sämmtliche Kosten der Kriegführung und Civilverwaltnng,
einschließlich der Verzinsung und Abträge aus die erwachsene Staatsschuld, regel¬
mäßig und prompte berichtigt waren. Der Ueberschuß betrug:

im Jahre -1848: 6,i13,942 Mk. Courant.")
„ „ 1849: 3,067,933 „ „
„ „ 1830: 2,700,399 „ „

Außerdem hatten die Herzogthümer eine wohlbegründete Forderung an die deut¬
scheu Staaten wegen Verpflegung der Reichstruppen, welche am Schlüsse des
Jahres 1830 sich noch belief auf: V, 122,938 Mk. Cour.

Die gemeinsamen dänischen, Schleswig-Holstein-lanenburgischen Finanzver¬
waltungen dagegen, sind noch nie zum Vortheil der Herzogthümer ausgeschlagen.
In früheren Jahrhunderten fehlte jede Oeffentlichkeit, jedes Urtheil; schon
Christian I., stets wegen Dänemark und dessen Kriege des Geldes bedürftig,
— die Schweden nannten ihn die bodenlose Tasche — umging die Privilegien
und verpfändete den größern Theil des Landes; später erfolgten die unglaublichsten
Verkehrtheiten in Finanz-, Bank- und Handelssachen; eine Steuer jagte die
andere; zuletzt 1802 die Laudsteuer gegen deu Protest der Ritterschaft, die auch
1821 vergebens an den deutsche» Bund sich hinwandte; früher die verhaßte



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[0066] Kopenhagen, zu Bauten an dem Kopenhagens Zollamte, Armenwesen in Kopen¬ hagen, zu Brücken bei Jjerting, bei Sickeborg, Kirchenbau in Hebron, Irrenhaus, Wegebesserung — alles in Jütland, Irrenhaus ans Seeland, Wegebesserungen auf der Insel Bornholm. Die Ausbeutung der deutscheu Lande ist in ein eigen¬ thümliches System gebracht; der Scherz drängt sich ans, wäre die Sache nicht zu traurig! soll es vielleicht daran erinnern, daß die einzige Gemeinschaftlichkeit, die für Schleswig-Holstein fast noch geblieben, in dem Irrenhause bei Schles¬ wig repräsentirt wird? und ist es die besondere Fürsorge des Gesammtstaats, jedenfalls die Irrenhäuser der Monarchie gemeinsam zu machen? Der dänische Reichstag, der Gemeinschaft mißtrauend, wollte einen Schritt rückwärts machen und beantragte: etwaige Ueberschüsse des.-Königreichs müßten diesem allein zu Gute kommen oder dürste» nur dann in die Gesammtkasse fließen, wenn von den Herzogtümern nach dem Verhältniß zu ^ zu bestimmende Ueberschüsse ebenfalls abgeliefert würden. Der Finanzminister protestirte gegen diese Kassen¬ trennung; so ist der Same der Zwietracht schon ausgestreut, ehe noch das Gebäude gerichtet worden. Die getrennte, seit Herzog Adolphs Zeit zum erstenmal wieder selbstständige Finanzverwaltung Schleswig-Holsteins während des dreijährigen Krieges, ergab, obschon Schleswig schon seit Mitte 1869 von den Dänen oder der s. g. Landes- verwaltung occupirt war, einen jährlichen Ueberschuß, nachdem alle Apanagen an fürstliche Personen mit sämmtliche Kosten der Kriegführung und Civilverwaltnng, einschließlich der Verzinsung und Abträge aus die erwachsene Staatsschuld, regel¬ mäßig und prompte berichtigt waren. Der Ueberschuß betrug: im Jahre -1848: 6,i13,942 Mk. Courant.") „ „ 1849: 3,067,933 „ „ „ „ 1830: 2,700,399 „ „ Außerdem hatten die Herzogthümer eine wohlbegründete Forderung an die deut¬ scheu Staaten wegen Verpflegung der Reichstruppen, welche am Schlüsse des Jahres 1830 sich noch belief auf: V, 122,938 Mk. Cour. Die gemeinsamen dänischen, Schleswig-Holstein-lanenburgischen Finanzver¬ waltungen dagegen, sind noch nie zum Vortheil der Herzogthümer ausgeschlagen. In früheren Jahrhunderten fehlte jede Oeffentlichkeit, jedes Urtheil; schon Christian I., stets wegen Dänemark und dessen Kriege des Geldes bedürftig, — die Schweden nannten ihn die bodenlose Tasche — umging die Privilegien und verpfändete den größern Theil des Landes; später erfolgten die unglaublichsten Verkehrtheiten in Finanz-, Bank- und Handelssachen; eine Steuer jagte die andere; zuletzt 1802 die Laudsteuer gegen deu Protest der Ritterschaft, die auch 1821 vergebens an den deutsche» Bund sich hinwandte; früher die verhaßte ') 10 M. ---i Nbthlv.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/66>, abgerufen am 06.02.2025.