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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

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Herzogthums Holstein und das altherkömmlich berechtigte Verhältniß zwischen
Holstein und Schleswig zu wahren. Die vom Bunde eingesetzte Statthalterschaft
übergab am 11. Januar 1861 in würdigster Ruhe dem Bunde das in den
Waffen stehende Land, als ein friedliches, dessen Rechte dem Schutze und dem
Pflichtgefühl des Bundes überantwortend. "Alles wird schon seinen guten Fort¬
gang nehmen," äußerte Fürst Schwarzenberg in Dresden, "und Deutschland das
gute Recht entschieden schützen; jetzt steht die Schleswig-holsteinische Sache rein
da wie Gold!" Nach Jahresfrist ward Land und Recht, Waffen und Schiffe,
der deutsche Bundesstaat Holstein, wehrlos, schutzlos, ohne irgend einen Vorbehalt
oder Garantie an Dänemark ausgeliefert! selbst vou deutscher Seite der bewaffnete
Widerstand Holsteins gegen Dänemark als ein "unberechtigter" gestempelt! Nur ein
einziger Buudesfürst von den vielen, die an diesem Widerstande sich betheiligt,
hat gegen solche Auffassung Verwahrung eingelegt. Der Herzog von Coburg-
Gotha hält treu zu Schleswig-Holstein!

Nachdem ein monströses Verfassnngswerk mit 6 bis 7 Kammern und zwanzig
Ministern für ein Land von zwei Millionen Menschen, von den s. g. Notabeln
als gar zu ungeheuerlich abgelehnt worden, ist eine neue Gesammtsstaatsverfassnng
vom 28. Januar 1832, unter völliger Uebergehung des Bnndesbeschlnsscs vom
17. September 1846, vom Bundestage, als den Gesetzen und Rechten des
Bundes entsprechend, am 29. Juli 1832 mit Stimmenmehrheit anerkannt und
unter Dankbezeugung gegen Preußen und Oestreich, der Beilegung des Streits
zwischen Dänemark und dem deutschen Bunde die definitive Genehmigung er¬
theilt. -- Es war ein schweres Stück Arbeit, erzählt die Wiener Zeitung, und
Fürst Schwarzenberg, dem sie zunächst zugewiesen war, hat vollgiltige Ansprüche
auf den Dank der Betheiligten. Doch ward dem Fürsten dieser Ruhm streitig
gemacht. Bei der Revue des von Rendsburg zurückkehrenden 2. Bataillons des
8. Infanterie-Regiments am 20. Februar 1832 spielte die Mustk zu Potsdam
vor dem Könige: Heil dir im Siegeskranz, und die Kreuzzeitung fand sich in
Ur. 36 vom 6. März 1832 zu dem Ausrufe veranlaßt: Nehmen wir Zoll und
Handel, nehmen wir die Presse, nehmen wir die Flotte oder Schleswig-Holstein,
nehmen wir, welche Frage man immer wolle, in welcher von allen hat Preußen
vor Oestreich die Segel gestrichen? und wer sind die Leute, welche Preußen an¬
klagen dürfen, der Ehre Preußens auch nur das Kleinste vergeben zu haben?!
"Das schwere Stück Arbeit" ist jedenfalls nicht unentgeltlich geschehen. Es war
eine Täuschung, wenn im Januar 1831 die feierliche Zusage gegeben wurde: die
Pacificativustruppen sollten nicht als Executionstrnppen einrücken; jetzt wird eine
Forderung von 7,i00,00l) Gulden erhoben von Oestreich, die Holstein zu be¬
zahlen haben wird. -- In dem Patent vom 28. Januar 1832 wird Schleswig
von Holstein getrennt, aber die Verbindung der verschiedenen Theile der Monarchie
zu einem wohlgeordneten Ganzen verhießen. Im königl. Staatsrathe steht ein


Herzogthums Holstein und das altherkömmlich berechtigte Verhältniß zwischen
Holstein und Schleswig zu wahren. Die vom Bunde eingesetzte Statthalterschaft
übergab am 11. Januar 1861 in würdigster Ruhe dem Bunde das in den
Waffen stehende Land, als ein friedliches, dessen Rechte dem Schutze und dem
Pflichtgefühl des Bundes überantwortend. „Alles wird schon seinen guten Fort¬
gang nehmen," äußerte Fürst Schwarzenberg in Dresden, „und Deutschland das
gute Recht entschieden schützen; jetzt steht die Schleswig-holsteinische Sache rein
da wie Gold!" Nach Jahresfrist ward Land und Recht, Waffen und Schiffe,
der deutsche Bundesstaat Holstein, wehrlos, schutzlos, ohne irgend einen Vorbehalt
oder Garantie an Dänemark ausgeliefert! selbst vou deutscher Seite der bewaffnete
Widerstand Holsteins gegen Dänemark als ein „unberechtigter" gestempelt! Nur ein
einziger Buudesfürst von den vielen, die an diesem Widerstande sich betheiligt,
hat gegen solche Auffassung Verwahrung eingelegt. Der Herzog von Coburg-
Gotha hält treu zu Schleswig-Holstein!

Nachdem ein monströses Verfassnngswerk mit 6 bis 7 Kammern und zwanzig
Ministern für ein Land von zwei Millionen Menschen, von den s. g. Notabeln
als gar zu ungeheuerlich abgelehnt worden, ist eine neue Gesammtsstaatsverfassnng
vom 28. Januar 1832, unter völliger Uebergehung des Bnndesbeschlnsscs vom
17. September 1846, vom Bundestage, als den Gesetzen und Rechten des
Bundes entsprechend, am 29. Juli 1832 mit Stimmenmehrheit anerkannt und
unter Dankbezeugung gegen Preußen und Oestreich, der Beilegung des Streits
zwischen Dänemark und dem deutschen Bunde die definitive Genehmigung er¬
theilt. — Es war ein schweres Stück Arbeit, erzählt die Wiener Zeitung, und
Fürst Schwarzenberg, dem sie zunächst zugewiesen war, hat vollgiltige Ansprüche
auf den Dank der Betheiligten. Doch ward dem Fürsten dieser Ruhm streitig
gemacht. Bei der Revue des von Rendsburg zurückkehrenden 2. Bataillons des
8. Infanterie-Regiments am 20. Februar 1832 spielte die Mustk zu Potsdam
vor dem Könige: Heil dir im Siegeskranz, und die Kreuzzeitung fand sich in
Ur. 36 vom 6. März 1832 zu dem Ausrufe veranlaßt: Nehmen wir Zoll und
Handel, nehmen wir die Presse, nehmen wir die Flotte oder Schleswig-Holstein,
nehmen wir, welche Frage man immer wolle, in welcher von allen hat Preußen
vor Oestreich die Segel gestrichen? und wer sind die Leute, welche Preußen an¬
klagen dürfen, der Ehre Preußens auch nur das Kleinste vergeben zu haben?!
„Das schwere Stück Arbeit" ist jedenfalls nicht unentgeltlich geschehen. Es war
eine Täuschung, wenn im Januar 1831 die feierliche Zusage gegeben wurde: die
Pacificativustruppen sollten nicht als Executionstrnppen einrücken; jetzt wird eine
Forderung von 7,i00,00l) Gulden erhoben von Oestreich, die Holstein zu be¬
zahlen haben wird. — In dem Patent vom 28. Januar 1832 wird Schleswig
von Holstein getrennt, aber die Verbindung der verschiedenen Theile der Monarchie
zu einem wohlgeordneten Ganzen verhießen. Im königl. Staatsrathe steht ein


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[0061] Herzogthums Holstein und das altherkömmlich berechtigte Verhältniß zwischen Holstein und Schleswig zu wahren. Die vom Bunde eingesetzte Statthalterschaft übergab am 11. Januar 1861 in würdigster Ruhe dem Bunde das in den Waffen stehende Land, als ein friedliches, dessen Rechte dem Schutze und dem Pflichtgefühl des Bundes überantwortend. „Alles wird schon seinen guten Fort¬ gang nehmen," äußerte Fürst Schwarzenberg in Dresden, „und Deutschland das gute Recht entschieden schützen; jetzt steht die Schleswig-holsteinische Sache rein da wie Gold!" Nach Jahresfrist ward Land und Recht, Waffen und Schiffe, der deutsche Bundesstaat Holstein, wehrlos, schutzlos, ohne irgend einen Vorbehalt oder Garantie an Dänemark ausgeliefert! selbst vou deutscher Seite der bewaffnete Widerstand Holsteins gegen Dänemark als ein „unberechtigter" gestempelt! Nur ein einziger Buudesfürst von den vielen, die an diesem Widerstande sich betheiligt, hat gegen solche Auffassung Verwahrung eingelegt. Der Herzog von Coburg- Gotha hält treu zu Schleswig-Holstein! Nachdem ein monströses Verfassnngswerk mit 6 bis 7 Kammern und zwanzig Ministern für ein Land von zwei Millionen Menschen, von den s. g. Notabeln als gar zu ungeheuerlich abgelehnt worden, ist eine neue Gesammtsstaatsverfassnng vom 28. Januar 1832, unter völliger Uebergehung des Bnndesbeschlnsscs vom 17. September 1846, vom Bundestage, als den Gesetzen und Rechten des Bundes entsprechend, am 29. Juli 1832 mit Stimmenmehrheit anerkannt und unter Dankbezeugung gegen Preußen und Oestreich, der Beilegung des Streits zwischen Dänemark und dem deutschen Bunde die definitive Genehmigung er¬ theilt. — Es war ein schweres Stück Arbeit, erzählt die Wiener Zeitung, und Fürst Schwarzenberg, dem sie zunächst zugewiesen war, hat vollgiltige Ansprüche auf den Dank der Betheiligten. Doch ward dem Fürsten dieser Ruhm streitig gemacht. Bei der Revue des von Rendsburg zurückkehrenden 2. Bataillons des 8. Infanterie-Regiments am 20. Februar 1832 spielte die Mustk zu Potsdam vor dem Könige: Heil dir im Siegeskranz, und die Kreuzzeitung fand sich in Ur. 36 vom 6. März 1832 zu dem Ausrufe veranlaßt: Nehmen wir Zoll und Handel, nehmen wir die Presse, nehmen wir die Flotte oder Schleswig-Holstein, nehmen wir, welche Frage man immer wolle, in welcher von allen hat Preußen vor Oestreich die Segel gestrichen? und wer sind die Leute, welche Preußen an¬ klagen dürfen, der Ehre Preußens auch nur das Kleinste vergeben zu haben?! „Das schwere Stück Arbeit" ist jedenfalls nicht unentgeltlich geschehen. Es war eine Täuschung, wenn im Januar 1831 die feierliche Zusage gegeben wurde: die Pacificativustruppen sollten nicht als Executionstrnppen einrücken; jetzt wird eine Forderung von 7,i00,00l) Gulden erhoben von Oestreich, die Holstein zu be¬ zahlen haben wird. — In dem Patent vom 28. Januar 1832 wird Schleswig von Holstein getrennt, aber die Verbindung der verschiedenen Theile der Monarchie zu einem wohlgeordneten Ganzen verhießen. Im königl. Staatsrathe steht ein

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/61>, abgerufen am 06.02.2025.