Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.Gefahr bringen möchten, ist die holsteinische Grenze militärisch und polizeilich 6'
Gefahr bringen möchten, ist die holsteinische Grenze militärisch und polizeilich 6'
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0051" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96756"/> <p xml:id="ID_115" prev="#ID_114" next="#ID_116"> Gefahr bringen möchten, ist die holsteinische Grenze militärisch und polizeilich<lb/> aufs strengste bewacht, der für verdächtig gehaltenen Eisenbahndirection die<lb/> Polizeiausübung an der Grenze entzogen; 3000 Mann Dänen müssen Holstein, 2600<lb/> dänische Soldaten Schleswig besetzt halten, obgleich kein Land in Europa tiefere<lb/> Ruhe zeigt, als die Herzogtümer; alle deutsche Mannschaft ist nach Dänemark<lb/> verlegt, fast alle Post- und Zollbeamtenstellen in beiden Herzogthümern werden<lb/> von Dänen verwaltet. Mehr als zweihunderttausend Schleswigern wird in Kirche<lb/> und Schule die dänische Sprache aufgezwungen; die Kinder müssen anders beten,<lb/> als die Eltern, und die Väter finden kein Verständniß für ihre deutsche Beichte<lb/> und den letzten Willen; wer sich des dänischen Kirchenbesuchs enthält, wird mit<lb/> Execution belegt oder mit Prügel bedroht. Dennoch stehen die Kirchen leer!<lb/> Sogar aus Kopenhagen werden Privatnnterrichtsaustalten für Kiuder deutscher<lb/> Familien, von Deutschen geleitet, ausgetrieben. Dem Bremer Kirchentage ward<lb/> aus seine Jntercessivn für die fchleswigfche Kirche vom Ministerium erwidert:<lb/> Schleswig gehöre nicht zu Deutschland und Klagen über die kirchlichen Zustande<lb/> seien nicht vorgekommen. So wahr das erstere, so falsch das letztere; unmittelbar<lb/> vorher war eine beschwerdeführende Deputation ans dem südlichen Schleswig<lb/> in Kopenhagen gewesen! Das deutsch-dänische Seminar Tondern im nordwest¬<lb/> lichen Schleswig wird in ein ausschließlich dänisches verwandelt, gegen die<lb/> Bestimmungen der testamentarischer Stiftungsacte. Nicht die landesübliche deutsche<lb/> Münzart darf in den Schulen gelehrt werden; die dänische Reichsbankgeldberech-<lb/> nnng ist als Zwangsunterricht vorgeschrieben und das alte Schleswig-holsteinische<lb/> privilegienmäßige Conrantgeld, ,,was in Hamburg und Lübeck gilt", den Haupt¬<lb/> städten der Herzogthümer, gänzlich abgeschafft. Ans der Münze zu Altona<lb/> werden schon die Reichsbankschillinge wieder geprägt, wofür eine Waare nicht<lb/> vorhanden; den Kindern wurden sie als Spielpfennige gegeben; ans einem an¬<lb/> gesammelten Haufen dieser unbrauchbaren Kupfermünze ist dem Hermann im Teuto-<lb/> burger Walde ein Arm erwachsen. Die Kassenscheine werden ersetzt durch Noten der<lb/> Kopenhagener Nationalbank, die schon früher auf Kosten der Herzogthümer einen<lb/> enormen Gewinn gemacht und mit deutschen Gelde dänische Banknoten einlöst.<lb/> Der Krieg hemmte die Anssaugungen der in Flensburg errichteten Filialbank,<lb/> die gegenwärtig ihre Operationen erneuert hat, während den Herzogthümern die<lb/> längst ersehnte eigene Bank beharrlich versagt wird. Der preußische Thaler<lb/> hatte bis hoch in Jütland hinein sich Bahn gebrochen; er ist über die Elbe hin¬<lb/> ausgejagt, gleich einem Sünder, schon wegen des Brustbildes. Deutschen<lb/> Zeitungen wird Schleswig abgesperrt, Holstein theilweise nicht minder; die<lb/> Wochenblätter der Städte verboten, die Buchdruckereien geschlossen, Intelligenz<lb/> und Bildung soll im unnatürlichen Laufe vom Norden herabströmen. Die<lb/> Patrimonialgerichte der adeligen Güter in Schleswig sind im Wege des Privi¬<lb/> legienbruchs aufgehoben, in beiden Herzogthümern die Grundsteuern verdoppelt,</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 6'</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0051]
Gefahr bringen möchten, ist die holsteinische Grenze militärisch und polizeilich
aufs strengste bewacht, der für verdächtig gehaltenen Eisenbahndirection die
Polizeiausübung an der Grenze entzogen; 3000 Mann Dänen müssen Holstein, 2600
dänische Soldaten Schleswig besetzt halten, obgleich kein Land in Europa tiefere
Ruhe zeigt, als die Herzogtümer; alle deutsche Mannschaft ist nach Dänemark
verlegt, fast alle Post- und Zollbeamtenstellen in beiden Herzogthümern werden
von Dänen verwaltet. Mehr als zweihunderttausend Schleswigern wird in Kirche
und Schule die dänische Sprache aufgezwungen; die Kinder müssen anders beten,
als die Eltern, und die Väter finden kein Verständniß für ihre deutsche Beichte
und den letzten Willen; wer sich des dänischen Kirchenbesuchs enthält, wird mit
Execution belegt oder mit Prügel bedroht. Dennoch stehen die Kirchen leer!
Sogar aus Kopenhagen werden Privatnnterrichtsaustalten für Kiuder deutscher
Familien, von Deutschen geleitet, ausgetrieben. Dem Bremer Kirchentage ward
aus seine Jntercessivn für die fchleswigfche Kirche vom Ministerium erwidert:
Schleswig gehöre nicht zu Deutschland und Klagen über die kirchlichen Zustande
seien nicht vorgekommen. So wahr das erstere, so falsch das letztere; unmittelbar
vorher war eine beschwerdeführende Deputation ans dem südlichen Schleswig
in Kopenhagen gewesen! Das deutsch-dänische Seminar Tondern im nordwest¬
lichen Schleswig wird in ein ausschließlich dänisches verwandelt, gegen die
Bestimmungen der testamentarischer Stiftungsacte. Nicht die landesübliche deutsche
Münzart darf in den Schulen gelehrt werden; die dänische Reichsbankgeldberech-
nnng ist als Zwangsunterricht vorgeschrieben und das alte Schleswig-holsteinische
privilegienmäßige Conrantgeld, ,,was in Hamburg und Lübeck gilt", den Haupt¬
städten der Herzogthümer, gänzlich abgeschafft. Ans der Münze zu Altona
werden schon die Reichsbankschillinge wieder geprägt, wofür eine Waare nicht
vorhanden; den Kindern wurden sie als Spielpfennige gegeben; ans einem an¬
gesammelten Haufen dieser unbrauchbaren Kupfermünze ist dem Hermann im Teuto-
burger Walde ein Arm erwachsen. Die Kassenscheine werden ersetzt durch Noten der
Kopenhagener Nationalbank, die schon früher auf Kosten der Herzogthümer einen
enormen Gewinn gemacht und mit deutschen Gelde dänische Banknoten einlöst.
Der Krieg hemmte die Anssaugungen der in Flensburg errichteten Filialbank,
die gegenwärtig ihre Operationen erneuert hat, während den Herzogthümern die
längst ersehnte eigene Bank beharrlich versagt wird. Der preußische Thaler
hatte bis hoch in Jütland hinein sich Bahn gebrochen; er ist über die Elbe hin¬
ausgejagt, gleich einem Sünder, schon wegen des Brustbildes. Deutschen
Zeitungen wird Schleswig abgesperrt, Holstein theilweise nicht minder; die
Wochenblätter der Städte verboten, die Buchdruckereien geschlossen, Intelligenz
und Bildung soll im unnatürlichen Laufe vom Norden herabströmen. Die
Patrimonialgerichte der adeligen Güter in Schleswig sind im Wege des Privi¬
legienbruchs aufgehoben, in beiden Herzogthümern die Grundsteuern verdoppelt,
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