Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.speciellen Mandatare gewiß scheint. Bei uns eine öffentliche Meinung festzustellen Jedermann muß auffallen, daß'die oppositionelle Bewegung des Klerus grad Je weiter sich aber diese Ansichten feststellten, desto natürlicher war's, daß speciellen Mandatare gewiß scheint. Bei uns eine öffentliche Meinung festzustellen Jedermann muß auffallen, daß'die oppositionelle Bewegung des Klerus grad Je weiter sich aber diese Ansichten feststellten, desto natürlicher war's, daß <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0509" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97214"/> <p xml:id="ID_1484" prev="#ID_1483"> speciellen Mandatare gewiß scheint. Bei uns eine öffentliche Meinung festzustellen<lb/> über die kirchenstaatlichen Verhältnisse ist in der That kaum nöthig. Die hierar¬<lb/> chischen Bestrebungen sind anch in ihren heutigen Tendenzen kaum nen, und<lb/> daß es nicht schon seit 18i7 zu entschiedener» Conflicten kam, lag wol zum großen<lb/> Theile daran, daß der Klerus nach beendigter Revolution nicht anch dem allge¬<lb/> meinen Verhängnis; des Belagerungsznstandes verfallen mochte; darum klug tem-<lb/> porisirte. Ferner darf man nicht vergessen, daß sein jüngerer Theil, dessen Mitglie¬<lb/> der großentheils dem Jesuitenorden „inscribirt" sind und gegenwärtig den eigentlichen<lb/> Grundstock der Revolution bilden, erst in deu letzten Jahren die ältern, staats¬<lb/> treuen Geistlichen der Wcsseubergschen Schule an Masse und Macht zu überwie¬<lb/> gen begann. Sein damaliges Verhalten, seine ostentirte Loyalität ließ ihn den<lb/> natürlich nach Stützen bedürftigen Regieruugsmachten als moralischen Verbündeten<lb/> im Werke der conservativen Restauration erscheinen. Aber freilich kannte man an<lb/> den entscheidenden Stellen nur die Kanzelreden und öffentlichen Kundgebungen,<lb/> nicht die ausdrückliche Reservation der Gewissensberathnng und Beichte, welche<lb/> den Gläubigen stets den weltlichen Gehorsam nur soweit anempfahl, als er „zur<lb/> Erhöhung der Kirche" beitrage. Im Publicum mochte selbst von vielen dieser<lb/> Floskel keine tiefere Bedeutung zugeschrieben werden, keinesfalls diejenige, welche<lb/> vom Erzbischof und seinen Verbündeten heut in das Wort gelegt wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_1485"> Jedermann muß auffallen, daß'die oppositionelle Bewegung des Klerus grad<lb/> mit dem Tode des Großherzogs -begann. Besonders wenn man daran denkt, daß<lb/> mit diesem Augenblicke ein unmittelbarer Einfluß an Kraft verlor, welcher bis<lb/> dahin von außenher ans die Entschließungen des Staatsoberhauptes durch be¬<lb/> stimmte Persönlichkeiten geübt worden war. Es schien fast, als suche mau dem<lb/> jungen Regenten des kaum wieder politisch beruhigten Staates diese kirchlichen<lb/> Verlegenheiten in den Weg zu werfen, damit auch er denselben Einflüssen dieselbe<lb/> Kraft wieder zugestehe, welche vor seinem Regierungsantritte im Residenzschlosse<lb/> gegolten hatte. Man erinnert sich anch, daß Schwarzenbergs in Bezug auf<lb/> Oestreich und Rußland gesprochenes Wort: die Dankbarkeit müsse einmal aufhö¬<lb/> ren, in Baden und in Bezug aus Preußen bereits eclataut zur Anwendung ge¬<lb/> bracht ward, ehe dazu eine Nöthigung vorlag. Ob ein Anlehnen an dieselbe<lb/> Macht sich auch unter der neuen Regierung in gleichem Maße durchsetzen lasse<lb/> — das war die Frage. Um das zu erreichen, sagt man, sei die Auflehnung des<lb/> oberrheinischen Klerus speciell in Baden von einer mächtigen Seite her begün¬<lb/> stigt worden. Natürlich werden sich dafür Beweise schwerlich beibringen lassen.<lb/> Aber interessant bleibt es immer, unter welchem Gesichtspunkte das Publicum<lb/> sehr allgemein die Entstehung der jetzigen Verhältnisse auffaßt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1486" next="#ID_1487"> Je weiter sich aber diese Ansichten feststellten, desto natürlicher war's, daß<lb/> die gebildetem Schichten des Publicums, also im allgemeinen die Städte (Frei-<lb/> burg ausgenommen) und die regsamere Nordhälfte des Landes (auch confessionell</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0509]
speciellen Mandatare gewiß scheint. Bei uns eine öffentliche Meinung festzustellen
über die kirchenstaatlichen Verhältnisse ist in der That kaum nöthig. Die hierar¬
chischen Bestrebungen sind anch in ihren heutigen Tendenzen kaum nen, und
daß es nicht schon seit 18i7 zu entschiedener» Conflicten kam, lag wol zum großen
Theile daran, daß der Klerus nach beendigter Revolution nicht anch dem allge¬
meinen Verhängnis; des Belagerungsznstandes verfallen mochte; darum klug tem-
porisirte. Ferner darf man nicht vergessen, daß sein jüngerer Theil, dessen Mitglie¬
der großentheils dem Jesuitenorden „inscribirt" sind und gegenwärtig den eigentlichen
Grundstock der Revolution bilden, erst in deu letzten Jahren die ältern, staats¬
treuen Geistlichen der Wcsseubergschen Schule an Masse und Macht zu überwie¬
gen begann. Sein damaliges Verhalten, seine ostentirte Loyalität ließ ihn den
natürlich nach Stützen bedürftigen Regieruugsmachten als moralischen Verbündeten
im Werke der conservativen Restauration erscheinen. Aber freilich kannte man an
den entscheidenden Stellen nur die Kanzelreden und öffentlichen Kundgebungen,
nicht die ausdrückliche Reservation der Gewissensberathnng und Beichte, welche
den Gläubigen stets den weltlichen Gehorsam nur soweit anempfahl, als er „zur
Erhöhung der Kirche" beitrage. Im Publicum mochte selbst von vielen dieser
Floskel keine tiefere Bedeutung zugeschrieben werden, keinesfalls diejenige, welche
vom Erzbischof und seinen Verbündeten heut in das Wort gelegt wird.
Jedermann muß auffallen, daß'die oppositionelle Bewegung des Klerus grad
mit dem Tode des Großherzogs -begann. Besonders wenn man daran denkt, daß
mit diesem Augenblicke ein unmittelbarer Einfluß an Kraft verlor, welcher bis
dahin von außenher ans die Entschließungen des Staatsoberhauptes durch be¬
stimmte Persönlichkeiten geübt worden war. Es schien fast, als suche mau dem
jungen Regenten des kaum wieder politisch beruhigten Staates diese kirchlichen
Verlegenheiten in den Weg zu werfen, damit auch er denselben Einflüssen dieselbe
Kraft wieder zugestehe, welche vor seinem Regierungsantritte im Residenzschlosse
gegolten hatte. Man erinnert sich anch, daß Schwarzenbergs in Bezug auf
Oestreich und Rußland gesprochenes Wort: die Dankbarkeit müsse einmal aufhö¬
ren, in Baden und in Bezug aus Preußen bereits eclataut zur Anwendung ge¬
bracht ward, ehe dazu eine Nöthigung vorlag. Ob ein Anlehnen an dieselbe
Macht sich auch unter der neuen Regierung in gleichem Maße durchsetzen lasse
— das war die Frage. Um das zu erreichen, sagt man, sei die Auflehnung des
oberrheinischen Klerus speciell in Baden von einer mächtigen Seite her begün¬
stigt worden. Natürlich werden sich dafür Beweise schwerlich beibringen lassen.
Aber interessant bleibt es immer, unter welchem Gesichtspunkte das Publicum
sehr allgemein die Entstehung der jetzigen Verhältnisse auffaßt.
Je weiter sich aber diese Ansichten feststellten, desto natürlicher war's, daß
die gebildetem Schichten des Publicums, also im allgemeinen die Städte (Frei-
burg ausgenommen) und die regsamere Nordhälfte des Landes (auch confessionell
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