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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

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auch ihn auf die Probe zu stelle". Diane nimmt ihn beim Wort und gibt ihm
einen Brief an Marceline, mit der sie seit dem Besuche in dem Atelier von
Paul Aubry entzweit ist. Die Gräfin bittet ihre Freundin um Vergebung und
Olivas soll die Versöhnung beschleunige". Diane erlaubt ihm dafür, ihr die
Antwort zu bringen -- sogar des Abends, wenn er sie nicht früher bekommt.
Der Herzog nimmt Abschied, und nun kommt Max mit dem vergessenen Ringe,
den er schon vor acht Tagen hätte bringen sollen. Er entschuldigt sich mit- einer
Reise, die Wahrheit aber ist, daß ihn eine Tänzerin der großen Oper verhin¬
derte, eher an Dianen zu denken. Herr von Ternou erzählt ihr von seiner
Tänzerin, als ob er bei einer zweiten Tänzerin wäre. Diane langweilt sich, doch
sie hört Ternou nachsichtig an: man will sich amüsiren! Sie bietet ihrem Jugend¬
freunde eine Tasse Thee an. Dieser nimmt die Einladung an, aber er muß
zuvor in die Oper und will in einer halben Stunde wieder kommen. Diane
dauert ihn jedoch, er hat Mitleid mit ihrer Langweile und schlägt ihr vor, ihr
Paul Aubry, der in der Straße auf ihn wartet, vorzustellen. Er wartet auch
nicht erst die Erlaubniß ab, schellt und befiehlt dem Bedienten, den Herrn, der
unten warte, herauf zu rufen. Die Gräfin sträubt sich, aber es ist zu spät.
Paul Aubry ist schon im Vorsaale. Die französischen Schriftsteller hatten sonst
den Vortheil vor jenen anderer Länder voraus, daß sie die Gesellschaft kannten,
weil in Frankreich dem Talente in der That alle Thüren offen stehen, allein die
Erzeugnisse der neuern Literatur lassen uns fast glaube", daß der Salon der
Dame aux Camelies der Ort sei, wo sie jetzt ihre Gcsellschaftsstudieu machen.
Diese Scene wäre- sonst ganz unmöglich. Diane bleibt mit Pauli Aubry allein --
sie neckt ihn mit einer alten Leidenschaft, die er eingeflößt und die sie aus den
Briefen im Atelier kennen gelernt -- sie neckt ihn mit Aurora -- sie macht ihm
Komplimente wegen seiner außerordentlichen Liebe z" seiner Mutter. Paul
Aubry ist ganz erstaunt, denn Max hatte ihm nicht gesagt, wer die Dame in
seinem Atelier gewesen. Diese verräth sich selbst, sie zeigt ihm sein Bild, das
sie gekauft, und sie sagt ihm, daß der Pendant von ihr bestellt worden. Aubry
schöpft Verdacht, er sieht ihr ans die Hand und erkennt den Ring. Nun bekommt
die große Dame eine Lectio". Der Maler wirft ihr ihre Indiscretion vor --
sie hat seine Briefe gelesen, sie gibt ihm el" Almosen und nnn will sie sich ans
seine Kosten uuterhalreu. Er spricht von Max, als von ihrem Geliebten. Diane,
welche der junge Maler schon zu interessiren anfängt, will sich entschuldigen --
da hört mau schellen: das ist wol Max, meint der Maler -- und wer soll es
den" sein, ruft erzürnt die Gräfin, glauben Sie, daß ich um diese Stunde em¬
pfange. (Es ist ein Uhr nach Mitternacht.) Sie stürzt selbst zur Thüre,
um in Gegenwart ihres Jugendfreundes den Maler vo" ihrer Unschuld zu über¬
zeugen. Es war nicht Max, es ist der Herzog von OlivaS, der geläutet. Paul
Aubry muß sich i"S Boudoir von Madame flüchten und Diane de Lys empfängt


auch ihn auf die Probe zu stelle». Diane nimmt ihn beim Wort und gibt ihm
einen Brief an Marceline, mit der sie seit dem Besuche in dem Atelier von
Paul Aubry entzweit ist. Die Gräfin bittet ihre Freundin um Vergebung und
Olivas soll die Versöhnung beschleunige». Diane erlaubt ihm dafür, ihr die
Antwort zu bringen — sogar des Abends, wenn er sie nicht früher bekommt.
Der Herzog nimmt Abschied, und nun kommt Max mit dem vergessenen Ringe,
den er schon vor acht Tagen hätte bringen sollen. Er entschuldigt sich mit- einer
Reise, die Wahrheit aber ist, daß ihn eine Tänzerin der großen Oper verhin¬
derte, eher an Dianen zu denken. Herr von Ternou erzählt ihr von seiner
Tänzerin, als ob er bei einer zweiten Tänzerin wäre. Diane langweilt sich, doch
sie hört Ternou nachsichtig an: man will sich amüsiren! Sie bietet ihrem Jugend¬
freunde eine Tasse Thee an. Dieser nimmt die Einladung an, aber er muß
zuvor in die Oper und will in einer halben Stunde wieder kommen. Diane
dauert ihn jedoch, er hat Mitleid mit ihrer Langweile und schlägt ihr vor, ihr
Paul Aubry, der in der Straße auf ihn wartet, vorzustellen. Er wartet auch
nicht erst die Erlaubniß ab, schellt und befiehlt dem Bedienten, den Herrn, der
unten warte, herauf zu rufen. Die Gräfin sträubt sich, aber es ist zu spät.
Paul Aubry ist schon im Vorsaale. Die französischen Schriftsteller hatten sonst
den Vortheil vor jenen anderer Länder voraus, daß sie die Gesellschaft kannten,
weil in Frankreich dem Talente in der That alle Thüren offen stehen, allein die
Erzeugnisse der neuern Literatur lassen uns fast glaube», daß der Salon der
Dame aux Camelies der Ort sei, wo sie jetzt ihre Gcsellschaftsstudieu machen.
Diese Scene wäre- sonst ganz unmöglich. Diane bleibt mit Pauli Aubry allein —
sie neckt ihn mit einer alten Leidenschaft, die er eingeflößt und die sie aus den
Briefen im Atelier kennen gelernt — sie neckt ihn mit Aurora — sie macht ihm
Komplimente wegen seiner außerordentlichen Liebe z» seiner Mutter. Paul
Aubry ist ganz erstaunt, denn Max hatte ihm nicht gesagt, wer die Dame in
seinem Atelier gewesen. Diese verräth sich selbst, sie zeigt ihm sein Bild, das
sie gekauft, und sie sagt ihm, daß der Pendant von ihr bestellt worden. Aubry
schöpft Verdacht, er sieht ihr ans die Hand und erkennt den Ring. Nun bekommt
die große Dame eine Lectio». Der Maler wirft ihr ihre Indiscretion vor —
sie hat seine Briefe gelesen, sie gibt ihm el» Almosen und nnn will sie sich ans
seine Kosten uuterhalreu. Er spricht von Max, als von ihrem Geliebten. Diane,
welche der junge Maler schon zu interessiren anfängt, will sich entschuldigen —
da hört mau schellen: das ist wol Max, meint der Maler — und wer soll es
den» sein, ruft erzürnt die Gräfin, glauben Sie, daß ich um diese Stunde em¬
pfange. (Es ist ein Uhr nach Mitternacht.) Sie stürzt selbst zur Thüre,
um in Gegenwart ihres Jugendfreundes den Maler vo» ihrer Unschuld zu über¬
zeugen. Es war nicht Max, es ist der Herzog von OlivaS, der geläutet. Paul
Aubry muß sich i»S Boudoir von Madame flüchten und Diane de Lys empfängt


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/503>, abgerufen am 06.02.2025.