Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.der blos eine schöne oder gar nnr frappante. Zusammenstellung von Farben ans Wir haben Berlioz hier in zwei Concerten gehört. .Die Direction der Ge¬ Berlioz bot uns darauf in diesem Concert: der blos eine schöne oder gar nnr frappante. Zusammenstellung von Farben ans Wir haben Berlioz hier in zwei Concerten gehört. .Die Direction der Ge¬ Berlioz bot uns darauf in diesem Concert: <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0496" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97201"/> <p xml:id="ID_1454" prev="#ID_1453"> der blos eine schöne oder gar nnr frappante. Zusammenstellung von Farben ans<lb/> die Leinwand bringen und dazu in einem Programm auseinandersetzen wollte, was<lb/> er sich dabei gedacht habe, würde alle Welt auslachen. Wenn ein Komponist eine<lb/> Reihe von Klangeffecten combinirt, diesen nicht die Gesetze der musikalischen Or¬<lb/> ganisation, sondern außermustkalische Gedanken zu Grunde legt, so glaubt man<lb/> sagen zu dürfen, daß er ein geistreicher Komponist ist, der prächtig instrumen-<lb/> tirt. Daß die Jnstrumentation nnr den Zweck haben könne, musikalischen<lb/> Ideen den angemessenen Ausdruck zu geben, daß daher vor allem musikalische<lb/> Ideen vorhanden sein müssen, ehe man von Jnstrumentation reden kann, das ist<lb/> so, einfach, daß man es vielleicht nur deshalb nicht mehr beachtet. Ebenso ein¬<lb/> leuchtend ist es auch, daß einzelne aneinander gehängte Effecte nie ein organisches<lb/> Kunstwerk bilden, und daß man, jemehr es an den Bedingungen für ein solches fehlt,<lb/> umsomehr das Einzelne auf Kosten des Ganzen zu übertreiben geneigt wird, was<lb/> dann bei der Jnstrumentation zuletzt auf die rein mechanische Klangwirkung hin¬<lb/> ausläuft. Das ist auch bei Berlioz in,der That der Fall, ja es ist sogar das<lb/> noch tiefer stehende Bestreben bestimmte Klangeffecte nachzuahmen, was allzu häufig<lb/> bei ihm hervortritt. An solchen Zügen ist besonders das Scherzo der Fee Maki<lb/> reich; die komischste Wirkung aber macht es, wenn mit einem außerordentlichen<lb/> Aufwand nud der feinsten Berechnung der Mittel das Kochen eines Theekessels<lb/> dargestellt wird. Es ist wahr, man hört es, wie das Wasser anfängt sich zu regen,<lb/> Blasen wirft, hauset, zischt und zuletzt zu singen anfängt — aber soviel Lärm,<lb/> nicht einmal um eine Omelette? Und ist es denn besser, wenn Schalmei, Dudel¬<lb/> sack, Piffero mit täuschender Wahrheit nachgebildet werden, damit wer nicht in<lb/> Italien gewesen ist, doch weiß wie die Pifferari blasen, von denen er soviel ge¬<lb/> lesen hat, wenn dies nur die äußere Decoration bleibt? Kein irgend gebildeter<lb/> Beschauer läßt sich bei einem Bilde dnrch das wohlausgeführte Costüm über den<lb/> Mangel an poetischer Auffassung und malerischer Komposition täuschen; es liegt<lb/> nicht im Wesen der Kunst, wenn das musikalische Publicum weniger strenge An¬<lb/> sprüche zu machen scheint.</p><lb/> <p xml:id="ID_1455"> Wir haben Berlioz hier in zwei Concerten gehört. .Die Direction der Ge¬<lb/> wandhausconcerte hatte dem Virtuosen des Orchesters den zweiten Theil des<lb/> Concerts am -I. December für seine Kompositionen zu freier Verfügung gestellt.<lb/> Es war eine seine' Aufmerksamkeit gegen Berlioz und das Publicum, daß für den<lb/> ersten Theil Beethovens, achte Symphonie in I? gewählt war, einmal weil sie die<lb/> kürzeste ist, und dann weil sie als die Symphonie, in welcher Beethovens Hu¬<lb/> mor am freisten und unbeschränktesten-sich ausspricht, geeignet war, das Moment<lb/> zu charakterisiern, welches Berlioz als den Ausgangspunkt seiner musikalischen<lb/> Richtung anzusehen liebt, und so dem Publicum einen Anhalt zu bieten, um sich zu<lb/> orientiren, wie weit es im Weitergehen auch einen Fortschritt anerkennen möge.</p><lb/> <p xml:id="ID_1456"> Berlioz bot uns darauf in diesem Concert:</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0496]
der blos eine schöne oder gar nnr frappante. Zusammenstellung von Farben ans
die Leinwand bringen und dazu in einem Programm auseinandersetzen wollte, was
er sich dabei gedacht habe, würde alle Welt auslachen. Wenn ein Komponist eine
Reihe von Klangeffecten combinirt, diesen nicht die Gesetze der musikalischen Or¬
ganisation, sondern außermustkalische Gedanken zu Grunde legt, so glaubt man
sagen zu dürfen, daß er ein geistreicher Komponist ist, der prächtig instrumen-
tirt. Daß die Jnstrumentation nnr den Zweck haben könne, musikalischen
Ideen den angemessenen Ausdruck zu geben, daß daher vor allem musikalische
Ideen vorhanden sein müssen, ehe man von Jnstrumentation reden kann, das ist
so, einfach, daß man es vielleicht nur deshalb nicht mehr beachtet. Ebenso ein¬
leuchtend ist es auch, daß einzelne aneinander gehängte Effecte nie ein organisches
Kunstwerk bilden, und daß man, jemehr es an den Bedingungen für ein solches fehlt,
umsomehr das Einzelne auf Kosten des Ganzen zu übertreiben geneigt wird, was
dann bei der Jnstrumentation zuletzt auf die rein mechanische Klangwirkung hin¬
ausläuft. Das ist auch bei Berlioz in,der That der Fall, ja es ist sogar das
noch tiefer stehende Bestreben bestimmte Klangeffecte nachzuahmen, was allzu häufig
bei ihm hervortritt. An solchen Zügen ist besonders das Scherzo der Fee Maki
reich; die komischste Wirkung aber macht es, wenn mit einem außerordentlichen
Aufwand nud der feinsten Berechnung der Mittel das Kochen eines Theekessels
dargestellt wird. Es ist wahr, man hört es, wie das Wasser anfängt sich zu regen,
Blasen wirft, hauset, zischt und zuletzt zu singen anfängt — aber soviel Lärm,
nicht einmal um eine Omelette? Und ist es denn besser, wenn Schalmei, Dudel¬
sack, Piffero mit täuschender Wahrheit nachgebildet werden, damit wer nicht in
Italien gewesen ist, doch weiß wie die Pifferari blasen, von denen er soviel ge¬
lesen hat, wenn dies nur die äußere Decoration bleibt? Kein irgend gebildeter
Beschauer läßt sich bei einem Bilde dnrch das wohlausgeführte Costüm über den
Mangel an poetischer Auffassung und malerischer Komposition täuschen; es liegt
nicht im Wesen der Kunst, wenn das musikalische Publicum weniger strenge An¬
sprüche zu machen scheint.
Wir haben Berlioz hier in zwei Concerten gehört. .Die Direction der Ge¬
wandhausconcerte hatte dem Virtuosen des Orchesters den zweiten Theil des
Concerts am -I. December für seine Kompositionen zu freier Verfügung gestellt.
Es war eine seine' Aufmerksamkeit gegen Berlioz und das Publicum, daß für den
ersten Theil Beethovens, achte Symphonie in I? gewählt war, einmal weil sie die
kürzeste ist, und dann weil sie als die Symphonie, in welcher Beethovens Hu¬
mor am freisten und unbeschränktesten-sich ausspricht, geeignet war, das Moment
zu charakterisiern, welches Berlioz als den Ausgangspunkt seiner musikalischen
Richtung anzusehen liebt, und so dem Publicum einen Anhalt zu bieten, um sich zu
orientiren, wie weit es im Weitergehen auch einen Fortschritt anerkennen möge.
Berlioz bot uns darauf in diesem Concert:
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