Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.Auslandes weniger angenehm sind, als die Descendenz der Bourbonen, grade Allerdings haben die Orleans nach der Fusion größere Aussicht, daß der Der Redaction ist ans zuverlässiger Quelle die Mittheilung geworden, daß I. K. H. die Frau Herzogin von Orleans der Fusion nicht nur nicht beigetreten ist, sondern sich sehr bestimmt dagegen erklärt hat, weil sie dieselbe für eine Maßregel hält, welche das 59*
Auslandes weniger angenehm sind, als die Descendenz der Bourbonen, grade Allerdings haben die Orleans nach der Fusion größere Aussicht, daß der Der Redaction ist ans zuverlässiger Quelle die Mittheilung geworden, daß I. K. H. die Frau Herzogin von Orleans der Fusion nicht nur nicht beigetreten ist, sondern sich sehr bestimmt dagegen erklärt hat, weil sie dieselbe für eine Maßregel hält, welche das 59*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0475" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97180"/> <p xml:id="ID_1405" prev="#ID_1404"> Auslandes weniger angenehm sind, als die Descendenz der Bourbonen, grade<lb/> das würde unter allen Umständen eine Empfehlung für das französische Gemüth<lb/> sein. Als Prinzen des französischen Volkes und nicht als Enkel des heiligen<lb/> Ludwig wird die Nation sie im Gedächtniß behalten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1406" next="#ID_1407"> Allerdings haben die Orleans nach der Fusion größere Aussicht, daß der<lb/> conservative Theil der politischen Intriguanten, welche in Paris die großen po¬<lb/> litischen Actiouen mehr vorbereiten, als irgendwo sonst, nicht mehr in zwei ver¬<lb/> schiedenen Lagern gegeneinander intriguiren wird. ' Aber dieser Vortheil wird<lb/> dadurch mehr als aufgewogen, daß die Anzahl ihrer Anhänger durch die Fusion<lb/> selbst geringer und daß sich sowol die Mehrzahl der Legitimisten als Or-<lb/> leanisten von jetzt ab kühl gegen sie verhalten wird. Soweit sich Schreiber<lb/> dieses ein Urtheil erlauben darf über die Stimmung der großen Classe von Be¬<lb/> sitzenden, welche an die Zeit der Orleans bis jetzt mit einer gewissen Zuneigung<lb/> zurückdenken, ist der Eindruck, welchen die Annäherung an die Bourbonen gemacht<lb/> hat, kein günstiger. Es ist mit Recht bereits hervorgehoben worden, daßmranche<lb/> Freunde der Orleans, solche, welche ihr Lebelang gegen die Bourbonen gearbeitet<lb/> haben, durch diesen Act verletzt werden, daß viele daraus Veranlassung nehmen<lb/> werden, ihren Frieden mit der gegenwärtigen Regierung zu machen. Und doch<lb/> scheint grade die gute Meinung der Wohlhabenden in Frankreich die einzige<lb/> Aussicht, welche für die Restitution der Orleans geblieben ist. Wenn der Zeit¬<lb/> punkt eintreten sollte, wo eine allgemeine Unzufriedenheit mit den Geldoperationen<lb/> der gegenwärtigen Regierung, mit dem despotischen Druck des Napoleonischen<lb/> Regiments in weiten Kreisen verbreitet wird, wo das Heer durch erfolglose Kriege<lb/> oder lange Unthätigkeit kühl, gegen die Nachkommen des Kaisers geworden, dann<lb/> muß für Frankreich wieder eine Zeit eintreten, wo der sogenannte dritte Stand,<lb/> der die materielle» Interessen der Nation vorzugsweise vertritt, zu größerer Be¬<lb/> deutung und Kraft kommt und bei der Wahl eines neuen Souveräns den Aus-<lb/> schlag gibt. Dann werden die Orleans erfahren, ob ihnen ihr Eingehen in die<lb/> Anschauungen der Faubourg Se. Germain Vortheil gebracht hat. Ihre Politik<lb/> mußte jetzt sein, sich in möglicher Zurückgezogenheit zu halten, jede Annäherung<lb/> an die Höfe und Principien von Rußland, Oestreich u. s. w. zu vermeiden, sich<lb/> bei jeder passenden Gelegenheit als Söhne Frankreichs, als warme Freunde seiner<lb/> constitutionellen Staatsformen und sorgsame Wächter der französischen Ehre zu<lb/> zeigen. Wie auch das Recht ihres Vaters gewesen war, ihr Anrecht an Frank¬<lb/> reich war gut. Unter solchen Umständen wäre es von Wichtigkeit, wenn die<lb/> deutsche Fürstin, welche nach Zeitungsberichten im Interesse ihrer Söhne der Fusion<lb/> nicht beigetreten ist, dafür Sorge trüge"), daß dieser Umstand mit Sicherheit</p><lb/> <note xml:id="FID_24" place="foot" next="#FID_25"> Der Redaction ist ans zuverlässiger Quelle die Mittheilung geworden, daß I. K. H.<lb/> die Frau Herzogin von Orleans der Fusion nicht nur nicht beigetreten ist, sondern sich<lb/> sehr bestimmt dagegen erklärt hat, weil sie dieselbe für eine Maßregel hält, welche das</note><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 59*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0475]
Auslandes weniger angenehm sind, als die Descendenz der Bourbonen, grade
das würde unter allen Umständen eine Empfehlung für das französische Gemüth
sein. Als Prinzen des französischen Volkes und nicht als Enkel des heiligen
Ludwig wird die Nation sie im Gedächtniß behalten.
Allerdings haben die Orleans nach der Fusion größere Aussicht, daß der
conservative Theil der politischen Intriguanten, welche in Paris die großen po¬
litischen Actiouen mehr vorbereiten, als irgendwo sonst, nicht mehr in zwei ver¬
schiedenen Lagern gegeneinander intriguiren wird. ' Aber dieser Vortheil wird
dadurch mehr als aufgewogen, daß die Anzahl ihrer Anhänger durch die Fusion
selbst geringer und daß sich sowol die Mehrzahl der Legitimisten als Or-
leanisten von jetzt ab kühl gegen sie verhalten wird. Soweit sich Schreiber
dieses ein Urtheil erlauben darf über die Stimmung der großen Classe von Be¬
sitzenden, welche an die Zeit der Orleans bis jetzt mit einer gewissen Zuneigung
zurückdenken, ist der Eindruck, welchen die Annäherung an die Bourbonen gemacht
hat, kein günstiger. Es ist mit Recht bereits hervorgehoben worden, daßmranche
Freunde der Orleans, solche, welche ihr Lebelang gegen die Bourbonen gearbeitet
haben, durch diesen Act verletzt werden, daß viele daraus Veranlassung nehmen
werden, ihren Frieden mit der gegenwärtigen Regierung zu machen. Und doch
scheint grade die gute Meinung der Wohlhabenden in Frankreich die einzige
Aussicht, welche für die Restitution der Orleans geblieben ist. Wenn der Zeit¬
punkt eintreten sollte, wo eine allgemeine Unzufriedenheit mit den Geldoperationen
der gegenwärtigen Regierung, mit dem despotischen Druck des Napoleonischen
Regiments in weiten Kreisen verbreitet wird, wo das Heer durch erfolglose Kriege
oder lange Unthätigkeit kühl, gegen die Nachkommen des Kaisers geworden, dann
muß für Frankreich wieder eine Zeit eintreten, wo der sogenannte dritte Stand,
der die materielle» Interessen der Nation vorzugsweise vertritt, zu größerer Be¬
deutung und Kraft kommt und bei der Wahl eines neuen Souveräns den Aus-
schlag gibt. Dann werden die Orleans erfahren, ob ihnen ihr Eingehen in die
Anschauungen der Faubourg Se. Germain Vortheil gebracht hat. Ihre Politik
mußte jetzt sein, sich in möglicher Zurückgezogenheit zu halten, jede Annäherung
an die Höfe und Principien von Rußland, Oestreich u. s. w. zu vermeiden, sich
bei jeder passenden Gelegenheit als Söhne Frankreichs, als warme Freunde seiner
constitutionellen Staatsformen und sorgsame Wächter der französischen Ehre zu
zeigen. Wie auch das Recht ihres Vaters gewesen war, ihr Anrecht an Frank¬
reich war gut. Unter solchen Umständen wäre es von Wichtigkeit, wenn die
deutsche Fürstin, welche nach Zeitungsberichten im Interesse ihrer Söhne der Fusion
nicht beigetreten ist, dafür Sorge trüge"), daß dieser Umstand mit Sicherheit
Der Redaction ist ans zuverlässiger Quelle die Mittheilung geworden, daß I. K. H.
die Frau Herzogin von Orleans der Fusion nicht nur nicht beigetreten ist, sondern sich
sehr bestimmt dagegen erklärt hat, weil sie dieselbe für eine Maßregel hält, welche das
59*
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |