Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.schiefer Stellung zu sei", und wenn sie kühle Aufnahme an einzelnen Höfen zu Dies Odium droht jetzt die Orleans mit zu treffen. Durch die Freundschaft schiefer Stellung zu sei», und wenn sie kühle Aufnahme an einzelnen Höfen zu Dies Odium droht jetzt die Orleans mit zu treffen. Durch die Freundschaft <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0474" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97179"/> <p xml:id="ID_1403" prev="#ID_1402"> schiefer Stellung zu sei», und wenn sie kühle Aufnahme an einzelnen Höfen zu<lb/> fürchten hatten und selbst die Illegitimität ihrer Präteudentcnstcllnng schmerzlich<lb/> empfanden, so war dies vielleicht für sie selber ein Unglück, allerdings ein Unglück,<lb/> welches wohl zu ertragen gewesen wäre. Indeß, wenn die Orleans durch diese<lb/> Vereinigung nichts Anderes zu erreichen hatten, als sich die Zeit ihres Exils<lb/> leichter zu machen, so hätte die Presse kein Recht, etwas dagegen zu sagen.<lb/> Wenn sie aber der Ansicht waren, daß durch die Fusion und durch die Unter¬<lb/> ordnung unter das Legilimitätsprincip die Aussichten ihrer Familie auf eine Wie¬<lb/> derherstellung in Frankreich größer werden würden, so waren sie sicher im Irr¬<lb/> thum. Und von diesem Staudpunkte aus halten hier viele Anhänger des Hauses<lb/> Orleans, zu denen auch Ihr Korrespondent gehört, die Fusion für unnütz, ja<lb/> für schädlich. Denn obgleich schwer zu sagen ist, was die Franzosen in Zukunft<lb/> noch thun oder ertragen werden, so ist doch das Unwahrscheinlichste von allem,<lb/> daß sie jemals wieder irgend eine Pietät gegen das göttliche Recht der Bour¬<lb/> bonen bekommen werden. Dieser Zweig der Familie hat in Frankreich keine<lb/> Zukunft mehr. Denn die Erinnerung an die Bourbonen ist bei drei großen<lb/> Gewalten Frankreichs, dem Heer, der wohlhabenden Bürgerschaft und der unruhigen<lb/> Masse mit keinem einzigen warmen und wohlthuenden Gefühle verbunden; Kälte,<lb/> ja Mißtrauen und Abneigung, und was das Schlimmste von allem ist, ein iro¬<lb/> nisches Lächeln, sind die herrschenden Stimmungen im Heere, in der Bürgerschaft<lb/> und in der Masse. Und auch die vierte mächtige Partei in Frankreich, die kleri¬<lb/> kale, hat längst aufgehört, ein zuverlässiger Bundesgenosse der legitimen Macht<lb/> zu sein, und bei der klugen Taktik Louis Napoleons ist gar nicht abzusehen, daß<lb/> die Kirche jemals ein besonderes Interesse daran haben' könnte, zu Gunsten der<lb/> Bourbonen der öffentlichen Meinung zu trotzen. Was aber die Partei des Gra¬<lb/> fen von Chambord noch mehr als der gegenwärtige Mangel an Anhängern un¬<lb/> möglich macht, ist die in ganz Frankreich verbreitete Ansicht, daß seine Restitution<lb/> Wunsch und Plan derselben östlichen Mächte Europas sei, welche die Bourbonen<lb/> schon einmal in das «^demüthigte Frankreich mit Waffengewalt eingeführt haben.<lb/> Was auch in Frankreich noch geschehen mag, diese Abneigung gegen den Schütz¬<lb/> ling des Auslandes wird bleiben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1404" next="#ID_1405"> Dies Odium droht jetzt die Orleans mit zu treffen. Durch die Freundschaft<lb/> der legitimistischen Mächte werden sie ihre Wiederherstellung nie durchsetzen. Wenn<lb/> eine Zeit kommen sollte, wo die Masse, das Heer und die Classen der Besitzen¬<lb/> den sich gegen die Bonapartisten vereinigen sollten, so wird man sich an die<lb/> Orleans erinneren, nicht weil stein ihrem Wappen die königlichen Lilien führen,<lb/> sondern weil der Bater oder Großvater dnrch den Willen der Nation auf<lb/> den Thron gekommen ist, weil unter seiner Negierung ein hoher Grad von gesetz¬<lb/> licher Freiheit vorhanden war, und vielleicht weil seine Nachkommen den Ruf<lb/> ehrenwerther und tüchtiger Männer genießen. Ja, daß sie den Regierungen des</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0474]
schiefer Stellung zu sei», und wenn sie kühle Aufnahme an einzelnen Höfen zu
fürchten hatten und selbst die Illegitimität ihrer Präteudentcnstcllnng schmerzlich
empfanden, so war dies vielleicht für sie selber ein Unglück, allerdings ein Unglück,
welches wohl zu ertragen gewesen wäre. Indeß, wenn die Orleans durch diese
Vereinigung nichts Anderes zu erreichen hatten, als sich die Zeit ihres Exils
leichter zu machen, so hätte die Presse kein Recht, etwas dagegen zu sagen.
Wenn sie aber der Ansicht waren, daß durch die Fusion und durch die Unter¬
ordnung unter das Legilimitätsprincip die Aussichten ihrer Familie auf eine Wie¬
derherstellung in Frankreich größer werden würden, so waren sie sicher im Irr¬
thum. Und von diesem Staudpunkte aus halten hier viele Anhänger des Hauses
Orleans, zu denen auch Ihr Korrespondent gehört, die Fusion für unnütz, ja
für schädlich. Denn obgleich schwer zu sagen ist, was die Franzosen in Zukunft
noch thun oder ertragen werden, so ist doch das Unwahrscheinlichste von allem,
daß sie jemals wieder irgend eine Pietät gegen das göttliche Recht der Bour¬
bonen bekommen werden. Dieser Zweig der Familie hat in Frankreich keine
Zukunft mehr. Denn die Erinnerung an die Bourbonen ist bei drei großen
Gewalten Frankreichs, dem Heer, der wohlhabenden Bürgerschaft und der unruhigen
Masse mit keinem einzigen warmen und wohlthuenden Gefühle verbunden; Kälte,
ja Mißtrauen und Abneigung, und was das Schlimmste von allem ist, ein iro¬
nisches Lächeln, sind die herrschenden Stimmungen im Heere, in der Bürgerschaft
und in der Masse. Und auch die vierte mächtige Partei in Frankreich, die kleri¬
kale, hat längst aufgehört, ein zuverlässiger Bundesgenosse der legitimen Macht
zu sein, und bei der klugen Taktik Louis Napoleons ist gar nicht abzusehen, daß
die Kirche jemals ein besonderes Interesse daran haben' könnte, zu Gunsten der
Bourbonen der öffentlichen Meinung zu trotzen. Was aber die Partei des Gra¬
fen von Chambord noch mehr als der gegenwärtige Mangel an Anhängern un¬
möglich macht, ist die in ganz Frankreich verbreitete Ansicht, daß seine Restitution
Wunsch und Plan derselben östlichen Mächte Europas sei, welche die Bourbonen
schon einmal in das «^demüthigte Frankreich mit Waffengewalt eingeführt haben.
Was auch in Frankreich noch geschehen mag, diese Abneigung gegen den Schütz¬
ling des Auslandes wird bleiben.
Dies Odium droht jetzt die Orleans mit zu treffen. Durch die Freundschaft
der legitimistischen Mächte werden sie ihre Wiederherstellung nie durchsetzen. Wenn
eine Zeit kommen sollte, wo die Masse, das Heer und die Classen der Besitzen¬
den sich gegen die Bonapartisten vereinigen sollten, so wird man sich an die
Orleans erinneren, nicht weil stein ihrem Wappen die königlichen Lilien führen,
sondern weil der Bater oder Großvater dnrch den Willen der Nation auf
den Thron gekommen ist, weil unter seiner Negierung ein hoher Grad von gesetz¬
licher Freiheit vorhanden war, und vielleicht weil seine Nachkommen den Ruf
ehrenwerther und tüchtiger Männer genießen. Ja, daß sie den Regierungen des
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