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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

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unendlich verschieden ist. In der That ist der Unterschied zwischen einem Profil-
umriß "ut einem ausgeführten Bilde eil kaoo so groß, daß man sich nicht
wundern kann, wenn beim ersten Anblick die Verschiedenheit mehr auffällt, als
die Uebereinstimmung. Leider sind die meisten Bilder Mozarts verschwunden oder
doch verschollen. Ein Oelgemälde, das im Jahre 1780 ansgeführt ist und sich
jetzt im Mozarteum in Salzburg befindet, steht dem neu entdeckten, wenn man
den Unterschied des Alters in Anschlag bringt, mindestens ebenso nahe, als
jenem Profil.

Eine Porträtsammlung, welche mit einer Sorgfalt für die Herbeischaffung
eines als zuverlässig geprüften Materials und einer Liebe und Sachkenntnis hin¬
sichtlich der technischen Ausführung unternommen wird, wie die vorliegende, hat
ans allgemeinen Dank gerechte Ansprüche, und die Ancrkcnrnng einer solchen
Leistung wird sich steigern, je mehr man die dabei zu überwältigenden Schwierig¬
keiten zu würdigen weiß. Diese lassen es auch begreiflich erscheinen, daß seit
geraumer Zeit keine neue Lieferung erschienen ist; daß ein Mangel an Theilnahme
beim Publicum darauf Einfluß haben sollte, ist jdoch bei dem äußerst billigen
Preis (I V" Thlr. sür die Lieferung) nicht zu vermuthen.




Ueberall wo ein gewissenhafter Journalist die Unschuld leiden sieht, ist. es
seiue Pflicht, sich ihrer anzunehmen, "ut Sie werden daher Ihrem Korrespon¬
denten gewiß erlaube", ein paar Worte für die Times einzulegen, die seit Mo¬
naten von rechts und links, in England und ans dem Festland anSgeschimvft nud
angegriffen wird, weil sie das Unglück hat, die orientalische Frage in ihren vielen
Phasen nicht nach den Bedürfnissen einer politischen Partei, sondern nach der
Natur der Verhältnisse zu betrachten. , Sie hat zuviel Verstand und ruhiges
Urtheil, um glaube" zu können, daß die Türkei mit eignen Kräften Rußland
auf die Länge Widerstand leiste" könnte, und wen" sie dies heute sagt, so schilt
man sie russisch; sie hat zuviel politischen Sinn, um die große Gefahr, die in
dem stegreichen Vorschreiten Rußlands gegen Konstantinopel für ganz Europa
liegt, zu verkennen, und zuviel Unabhängigkeitsgefühl, um den Machtsprüchen der
russischen Diplomatie stumm Beifall zuzunicken, und da sie dies gestern gesagt
hat, nenut man sie inconsequent, weil viele Leute nicht begreifen können, daß
man Antirusse sein kann, ohne für die Türken zu schwärmen. Außerdem ist sie
noch der Meinung, daß die Türkei, da sie den Andrang der russischen Macht
nicht durch eigne Kräfte aufhalten kann, sondern für die Fortdauer ihrer Existenz
auf die Unterstützung anderer Mächte angewiesen ist, ihre Politik nach den I"-


unendlich verschieden ist. In der That ist der Unterschied zwischen einem Profil-
umriß »ut einem ausgeführten Bilde eil kaoo so groß, daß man sich nicht
wundern kann, wenn beim ersten Anblick die Verschiedenheit mehr auffällt, als
die Uebereinstimmung. Leider sind die meisten Bilder Mozarts verschwunden oder
doch verschollen. Ein Oelgemälde, das im Jahre 1780 ansgeführt ist und sich
jetzt im Mozarteum in Salzburg befindet, steht dem neu entdeckten, wenn man
den Unterschied des Alters in Anschlag bringt, mindestens ebenso nahe, als
jenem Profil.

Eine Porträtsammlung, welche mit einer Sorgfalt für die Herbeischaffung
eines als zuverlässig geprüften Materials und einer Liebe und Sachkenntnis hin¬
sichtlich der technischen Ausführung unternommen wird, wie die vorliegende, hat
ans allgemeinen Dank gerechte Ansprüche, und die Ancrkcnrnng einer solchen
Leistung wird sich steigern, je mehr man die dabei zu überwältigenden Schwierig¬
keiten zu würdigen weiß. Diese lassen es auch begreiflich erscheinen, daß seit
geraumer Zeit keine neue Lieferung erschienen ist; daß ein Mangel an Theilnahme
beim Publicum darauf Einfluß haben sollte, ist jdoch bei dem äußerst billigen
Preis (I V» Thlr. sür die Lieferung) nicht zu vermuthen.




Ueberall wo ein gewissenhafter Journalist die Unschuld leiden sieht, ist. es
seiue Pflicht, sich ihrer anzunehmen, »ut Sie werden daher Ihrem Korrespon¬
denten gewiß erlaube», ein paar Worte für die Times einzulegen, die seit Mo¬
naten von rechts und links, in England und ans dem Festland anSgeschimvft nud
angegriffen wird, weil sie das Unglück hat, die orientalische Frage in ihren vielen
Phasen nicht nach den Bedürfnissen einer politischen Partei, sondern nach der
Natur der Verhältnisse zu betrachten. , Sie hat zuviel Verstand und ruhiges
Urtheil, um glaube» zu können, daß die Türkei mit eignen Kräften Rußland
auf die Länge Widerstand leiste» könnte, und wen» sie dies heute sagt, so schilt
man sie russisch; sie hat zuviel politischen Sinn, um die große Gefahr, die in
dem stegreichen Vorschreiten Rußlands gegen Konstantinopel für ganz Europa
liegt, zu verkennen, und zuviel Unabhängigkeitsgefühl, um den Machtsprüchen der
russischen Diplomatie stumm Beifall zuzunicken, und da sie dies gestern gesagt
hat, nenut man sie inconsequent, weil viele Leute nicht begreifen können, daß
man Antirusse sein kann, ohne für die Türken zu schwärmen. Außerdem ist sie
noch der Meinung, daß die Türkei, da sie den Andrang der russischen Macht
nicht durch eigne Kräfte aufhalten kann, sondern für die Fortdauer ihrer Existenz
auf die Unterstützung anderer Mächte angewiesen ist, ihre Politik nach den I»-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/469>, abgerufen am 05.02.2025.