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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

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von OSO. nach WNW. acht Werst lang und 1--l '/^ Werst breit. Im Osten
besteht sie ans Dammerde, Thon, Sand, Kalkstein, wie das benachbarte Festland;
nach Westen zu hob sich ihr fruchtbares, mit erratischen Granitblöcken übersäeteö
Land wol erst später aus den Wellen und der Molo, welcher nach dem Leucht-
thurm ans der nordwestlichen Spitze führt, befördert hier die Anschwemmung zu¬
sehends. Ihr höchster Punkt ragt am Südostende etwa 8 Faden aus dem Wasser;
nach Westen fällt dagegen das Erdreich so sehr ab, daß die Spitze des Festlan¬
des fast stets überflutet ist. -- Ganz seichter Grund umgibt die ganze Insel und
zieht sich ununterbrochen herüber nach der ingermanländischen, wie hinüber nach
der finnischen Küste. Zwischen der nigrischen Küste und der Insel (südwestwärts)
ist blos ein ganz schmales Fahrwasser (i--S Klafter tief) als einzige Passage aller
Schiffe ausgegraben und muß fortwährend durch Baggerarbeiten erhalten werden,
da die untiefen Sandbänke nach jedem heftigen Windstoß Lagerstelle und Umfang
verändern. Der Wasserarm zwischen der finnischen Küste und Kronstäbe ist über¬
dies durch versenkte Granitblöcke selbst schon für größere Segelboote unfahrbar ge¬
macht. Unweit der südwestliche" Durchfahrt erbaute "um Peter l. (1703) das
Castell Kronschlvß (Cronchlvß) aus dem Südufer der Insel. Obgleich nicht das
wichtigste Werk, bildet es uoch heut gewissermaßen den Mittelpunkt für die Festung,
welche in Form eines hohen Walles mit kasemattirten Werken von Süden nach
Nordosten quer über die Insel läuft. Unmittelbar an Kronschloß schließt sich
gen Osten der dreifach getheilte, theils mit steinernen, theils mit hölzernen Boll¬
werken versehene Hafen. Seinen westlichen Theil, direct unter deu Mauern von
Kronschloß, bildet der Kauffahrteihafen, w'einher ebenso, wie der mittlere Hafen ziemlich
eng ist, während der östliche, weiteste Theil nnr für die Kriegsmarine bestimmt ist. Dem
Kriegs- und Mittelhafen gegenüber befinden sich Bovthänscr, Sägmühlen, Tauspin-
nereien, das ungeheure Arsenal, das Mastendepot, die SteuermannSschnle, die Admira¬
lität und fünf Kasernen. Hinter den Festungöwällen liegt die kleine Stadt Kronstäbe,
das Petersburg zugewendete Ende der Insel überdeckend und auch gegen diese Seite
von blockhansartigen Kasernen und anderen Militärgebänden umschlossen. Jen¬
seits des erwähnten Fahrwassers oder vielmehr mitten in demselben erheben sich
unmittelbar ans den Fluten das mit vier oder sechs Geschützlagen ausgestattete
Nicolaifort, weiterhin das Kathannenfort, in Form Montalembertschcr Thürme.
Von der Insel her correspondirt mit ihnen Kronschloß, von der manschen Küste
ans eine Gruppe kleinerer Werke, welche unweit Peterhof ans Hügeln erbaut
sind. Dieser Durchgang ist so vollkommen von den Batterien beherrscht, daß ihn
anch nicht das kleinste Boot passiren könnte, ohne gradezu von den Kngeln zer¬
splittert zu werden. Die Besatzung von Kronstäbe besteht ungefähr aus 33,000
Mann, worunter sich nnr zwei Bataillone Landsoldaten, aber an 10,000 Mann
Strafsoldaten (Festnngsbanregimenter) in eigenen, gefängnißartig eingerichteten
Casernen befinden. Den Eingang in die Newamnndnng zu forciren, würde eiuer


von OSO. nach WNW. acht Werst lang und 1—l '/^ Werst breit. Im Osten
besteht sie ans Dammerde, Thon, Sand, Kalkstein, wie das benachbarte Festland;
nach Westen zu hob sich ihr fruchtbares, mit erratischen Granitblöcken übersäeteö
Land wol erst später aus den Wellen und der Molo, welcher nach dem Leucht-
thurm ans der nordwestlichen Spitze führt, befördert hier die Anschwemmung zu¬
sehends. Ihr höchster Punkt ragt am Südostende etwa 8 Faden aus dem Wasser;
nach Westen fällt dagegen das Erdreich so sehr ab, daß die Spitze des Festlan¬
des fast stets überflutet ist. — Ganz seichter Grund umgibt die ganze Insel und
zieht sich ununterbrochen herüber nach der ingermanländischen, wie hinüber nach
der finnischen Küste. Zwischen der nigrischen Küste und der Insel (südwestwärts)
ist blos ein ganz schmales Fahrwasser (i—S Klafter tief) als einzige Passage aller
Schiffe ausgegraben und muß fortwährend durch Baggerarbeiten erhalten werden,
da die untiefen Sandbänke nach jedem heftigen Windstoß Lagerstelle und Umfang
verändern. Der Wasserarm zwischen der finnischen Küste und Kronstäbe ist über¬
dies durch versenkte Granitblöcke selbst schon für größere Segelboote unfahrbar ge¬
macht. Unweit der südwestliche« Durchfahrt erbaute »um Peter l. (1703) das
Castell Kronschlvß (Cronchlvß) aus dem Südufer der Insel. Obgleich nicht das
wichtigste Werk, bildet es uoch heut gewissermaßen den Mittelpunkt für die Festung,
welche in Form eines hohen Walles mit kasemattirten Werken von Süden nach
Nordosten quer über die Insel läuft. Unmittelbar an Kronschloß schließt sich
gen Osten der dreifach getheilte, theils mit steinernen, theils mit hölzernen Boll¬
werken versehene Hafen. Seinen westlichen Theil, direct unter deu Mauern von
Kronschloß, bildet der Kauffahrteihafen, w'einher ebenso, wie der mittlere Hafen ziemlich
eng ist, während der östliche, weiteste Theil nnr für die Kriegsmarine bestimmt ist. Dem
Kriegs- und Mittelhafen gegenüber befinden sich Bovthänscr, Sägmühlen, Tauspin-
nereien, das ungeheure Arsenal, das Mastendepot, die SteuermannSschnle, die Admira¬
lität und fünf Kasernen. Hinter den Festungöwällen liegt die kleine Stadt Kronstäbe,
das Petersburg zugewendete Ende der Insel überdeckend und auch gegen diese Seite
von blockhansartigen Kasernen und anderen Militärgebänden umschlossen. Jen¬
seits des erwähnten Fahrwassers oder vielmehr mitten in demselben erheben sich
unmittelbar ans den Fluten das mit vier oder sechs Geschützlagen ausgestattete
Nicolaifort, weiterhin das Kathannenfort, in Form Montalembertschcr Thürme.
Von der Insel her correspondirt mit ihnen Kronschloß, von der manschen Küste
ans eine Gruppe kleinerer Werke, welche unweit Peterhof ans Hügeln erbaut
sind. Dieser Durchgang ist so vollkommen von den Batterien beherrscht, daß ihn
anch nicht das kleinste Boot passiren könnte, ohne gradezu von den Kngeln zer¬
splittert zu werden. Die Besatzung von Kronstäbe besteht ungefähr aus 33,000
Mann, worunter sich nnr zwei Bataillone Landsoldaten, aber an 10,000 Mann
Strafsoldaten (Festnngsbanregimenter) in eigenen, gefängnißartig eingerichteten
Casernen befinden. Den Eingang in die Newamnndnng zu forciren, würde eiuer


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/381>, abgerufen am 06.02.2025.