Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.Seine eigene poetische Thätigkeit erwies er dnrch Herausgabe seiner G edles de. Sein letztes Gedicht "Ada" ist ein Epos in 17 Bücher", von denen jedes 42*
Seine eigene poetische Thätigkeit erwies er dnrch Herausgabe seiner G edles de. Sein letztes Gedicht „Ada" ist ein Epos in 17 Bücher», von denen jedes 42*
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Seine eigene poetische Thätigkeit erwies er dnrch Herausgabe seiner G edles de.
Ael'erall erkennt man in diesen den gebildeten Mann mit großer Empfänglichkeit
für poetische Eindrücke heraus. Viele Gedichte sind anmuthige und correcte
Darstellungen einer wahren poetischen Stimmung. Indeß ist die originelle
schöpferische Kraft in ihnen nicht so groß, als die sehr vorwiegende Fähigkeit,
fremde Klänge nachzuahmen und durch Ton und Farbe in Bild, Rythmus und
Composition, die Eigenthümlichkeiten anderer Nationalitäten geschickt anzudeuten.
Sein letztes Gedicht „Ada" ist ein Epos in 17 Bücher», von denen jedes
einige Gesänge enthält. Der Schauplatz ist das gebirgige Schlachtenterrain, in
welchem die Phantasie des Dichters seit Jahren mit Vorliebe verweilt, der Kau-
kasus. Die Geschichte selbst ist einfach, wie dem Epos ziemt. Auf Emir Hamsad,
einem Fürsteusohu von Jelissu, liegt die furchtbare Pflicht der Blutrache. Er
sucht den Mörder seines Vaters und irrt umher, ehrlos, bis er ihn gefunden
und getödtet. Ans dieser Irrfahrt sieht er Ada, die Tochter von Ali Beg,
dem Häuptling von Lesghistan, welche dem Verschmachtenden gütig Speise und
Trank reicht. Beide erglühen in leidenschaftlichem Gefühl füreinander. Der Held
erfährt den Namen seiner Geliebten und beide erkennen trostlos, daß es Adas
Bruder war, der den Vater Emir Hamsads getödtet. Emir Hamsad hat Speise
und Trank aus dem Hanse seiner Todfeinde genommen und darf die Nachcthat
nicht mehr vollbringen, er ist nach den Vorstellungen seines Volkes ehrlos für
immer. In seiner Verzweiflung trifft er auf einen kriegerischen Derwisch, einen
Sendboten Schcnuyls, einen ruhmvollen Agitator der Gebirge gegen die Russen,
welcher mit Ali Beg, dem Vater Adas, befreundet ist. Er vertraut sich dem
Derwisch an, hat Gelegenheit, seinen Heldenmuth bei einem gelegentliche» Kampfe
gegen die Russen zu zeigen und wird von dem Derwisch getröstet, der ihn von
der Verderblichkeit der Blutrache zu überzeugen sucht, mit der Lehre SchamylS
bekannt macht und endlich zu diesem hinsendet. Der Derwisch versucht auch, seinen
alten Freund, Ali Beg, für Schamyl zu gewinnen, aber der trotzige Häuptling will
allein stehn und auf eigene Faust gegen die Russen kriege». Der Derwisch sieht,
daß diese Zersplitterung, die Privatfeindschaften der Häuptlinge der Verderb des
Volkes sind, er weiß, daß Emir Hamsad nach dem Volksglauben keine Sühne
finden kann und daß die Blutrache zwischen den beiden Stämmen nicht aufhört,
wenn nicht der letzte Schuldige durch deu Blitz des Himmels selbst erschlagen
wird. Er beschließt, — nach schwerem innern Kampfe, den Bruder Adas ans
der Welt zu schaffen. Bei einem Gewitter trifft er diesen im Walde und stürzt
den nichts Ahnenden in den Abgrund. Das Volk sieht in dem Tode einen Befehl
des Himmels zur Versöhnung der beiden Stämme. Der Derwisch betreibt die Ver¬
einigung der Liebenden, ein großer Kampf gegen die Russen ist angebrochen; es
gilt schnelle Verbindung aller Stämme. Emir Hamsad, der unterdeß ein Liebling
Schamyls geworden, kommt ans dem Kriegslärm zu Ali Beg, selig, die Geliebte
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