Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.Schlächtereien, Bäckereien und Weinpressen sind aus freier Straße. Von Die Berichte der Zeitungen von einer Beobachtung "der russischen Truppen Die auf deutschen Landkarten fabricirte Straße von Giurgewo nach Bukarest Wir kamen in ein Dorf, wo wir eine kurze Rast hielten. Auf der Straße Ans dem größten Theile des Weges erblickt das Ange weit herum nichts, Schlächtereien, Bäckereien und Weinpressen sind aus freier Straße. Von Die Berichte der Zeitungen von einer Beobachtung „der russischen Truppen Die auf deutschen Landkarten fabricirte Straße von Giurgewo nach Bukarest Wir kamen in ein Dorf, wo wir eine kurze Rast hielten. Auf der Straße Ans dem größten Theile des Weges erblickt das Ange weit herum nichts, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0330" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97035"/> <p xml:id="ID_982"> Schlächtereien, Bäckereien und Weinpressen sind aus freier Straße. Von<lb/> Rustschuk herüber bringt man eine große Menge Trauben, die hier gekeltert<lb/> werden. Die Beeren 'sind, wie alle, die ich in der Walachei gesehen, etwas<lb/> größer als Taubeneier, aber sehr wässerig. Trotzdem wird ungewöhnlich guter<lb/> und starker Wein daraus gepreßt. Wäre die ganze Behandlung, von der<lb/> Pflanzung der Reben an, bis zur Füllung der Fässer nicht so unzweckmäßig und<lb/> vcruuuftwidrig, die Walachei würde einen Wein liefern, der den berühmtesten<lb/> europäischen Sorten an die Seite gestellt werden konnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_983"> Die Berichte der Zeitungen von einer Beobachtung „der russischen Truppen<lb/> in der walachischen Ebene" von Rustschuk aus, und den Kunststücken der russischen<lb/> Generale zur Vereitelung dieser Beobachtungen — scheinen mir in den Redactions¬<lb/> zimmern vor großen walachischen Landkarten geschrieben zu sein. Denn hinter<lb/> Ginrgcwo steigt der Boden allmälig, und ich konnte, trotz eines guten Fernglases,<lb/> uicht weit ins Land hineinsehen, weshalb es mir unbegreiflich ist, wie man das<lb/> vom gegenüberliegenden Rustschuk vermögen soll, welches nicht höher als<lb/> Giurgewo liegt.</p><lb/> <p xml:id="ID_984"> Die auf deutschen Landkarten fabricirte Straße von Giurgewo nach Bukarest<lb/> war bei meiner Reise nach der Hauptstadt (Ende October vorigen Jahres) noch<lb/> nicht an Ort und Stelle angekommen, und ich mußte mich begnügen, ans einem<lb/> Wege zu fahren, der als solcher sich nnr hier und da durch einige Wagenspuren<lb/> documcutirte. Vor der Stadt mußten ich und meine Reisegefährten in eine tiefe,<lb/> mit Stroh gedeckte Grube, wie man, sie hie und da zur Aufbewahrung von<lb/> Kartoffeln angelegt hinter, hinabkriechen, um unsere Pässe visiren zu lassen. Etwa<lb/> zwei Stunden von Giurgewo kreuzte ein Wolf unsern Weg.</p><lb/> <p xml:id="ID_985"> Wir kamen in ein Dorf, wo wir eine kurze Rast hielten. Auf der Straße<lb/> gabs eine große Versammlung nicht salonfähiger Vierfüßler, die sich im tiefsten<lb/> Baß bei einem Frühstück unterhielten, welches aus etwa einem Centner Rinds¬<lb/> lebern bestand. In dem Dorfe, das ungefähr aus der Hälfte des Weges liegt,<lb/> ist nämlich eine jeuer großen Schlächtereien, wo viele tausend Stück Rindvieh<lb/> jährlich geschlachtet werden. Ich trat in einen Hof, der etwa die Größe des<lb/> StcphanSplatzeS in Wien hat. Weltherrn lagen, wie mir schien, zahllose Ochsen¬<lb/> leichen. Es waren jedoch nur die mit Talg ausgefüllten Felle. Talg ist das<lb/> Hauptproduct, da die Felle, wenn sie als Emballage dienen, gänzlich unbrauchbar<lb/> werden, und das Fleisch blos ein Nebenprodnct abgibt, welches, in dünne Scheiben<lb/> geschnitten, an der Luft getrocknet, und vou der ärmeren Classe verzehrt wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_986" next="#ID_987"> Ans dem größten Theile des Weges erblickt das Ange weit herum nichts,<lb/> als jungfräulichen Boden. Es gibt zu wenig Hände für den Ackerbau, und die<lb/> vorhanden sind, rühren sich ans angeborener Trägheit nicht. Der Romane sitzt<lb/> seit Jahrhunderten oft ganz vereinzelt zwischen Sachse», aber seiue Hütte ist<lb/> auf den ersten Blick in einem sächsischen Dorfe aus den netten Steinhäusern der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0330]
Schlächtereien, Bäckereien und Weinpressen sind aus freier Straße. Von
Rustschuk herüber bringt man eine große Menge Trauben, die hier gekeltert
werden. Die Beeren 'sind, wie alle, die ich in der Walachei gesehen, etwas
größer als Taubeneier, aber sehr wässerig. Trotzdem wird ungewöhnlich guter
und starker Wein daraus gepreßt. Wäre die ganze Behandlung, von der
Pflanzung der Reben an, bis zur Füllung der Fässer nicht so unzweckmäßig und
vcruuuftwidrig, die Walachei würde einen Wein liefern, der den berühmtesten
europäischen Sorten an die Seite gestellt werden konnte.
Die Berichte der Zeitungen von einer Beobachtung „der russischen Truppen
in der walachischen Ebene" von Rustschuk aus, und den Kunststücken der russischen
Generale zur Vereitelung dieser Beobachtungen — scheinen mir in den Redactions¬
zimmern vor großen walachischen Landkarten geschrieben zu sein. Denn hinter
Ginrgcwo steigt der Boden allmälig, und ich konnte, trotz eines guten Fernglases,
uicht weit ins Land hineinsehen, weshalb es mir unbegreiflich ist, wie man das
vom gegenüberliegenden Rustschuk vermögen soll, welches nicht höher als
Giurgewo liegt.
Die auf deutschen Landkarten fabricirte Straße von Giurgewo nach Bukarest
war bei meiner Reise nach der Hauptstadt (Ende October vorigen Jahres) noch
nicht an Ort und Stelle angekommen, und ich mußte mich begnügen, ans einem
Wege zu fahren, der als solcher sich nnr hier und da durch einige Wagenspuren
documcutirte. Vor der Stadt mußten ich und meine Reisegefährten in eine tiefe,
mit Stroh gedeckte Grube, wie man, sie hie und da zur Aufbewahrung von
Kartoffeln angelegt hinter, hinabkriechen, um unsere Pässe visiren zu lassen. Etwa
zwei Stunden von Giurgewo kreuzte ein Wolf unsern Weg.
Wir kamen in ein Dorf, wo wir eine kurze Rast hielten. Auf der Straße
gabs eine große Versammlung nicht salonfähiger Vierfüßler, die sich im tiefsten
Baß bei einem Frühstück unterhielten, welches aus etwa einem Centner Rinds¬
lebern bestand. In dem Dorfe, das ungefähr aus der Hälfte des Weges liegt,
ist nämlich eine jeuer großen Schlächtereien, wo viele tausend Stück Rindvieh
jährlich geschlachtet werden. Ich trat in einen Hof, der etwa die Größe des
StcphanSplatzeS in Wien hat. Weltherrn lagen, wie mir schien, zahllose Ochsen¬
leichen. Es waren jedoch nur die mit Talg ausgefüllten Felle. Talg ist das
Hauptproduct, da die Felle, wenn sie als Emballage dienen, gänzlich unbrauchbar
werden, und das Fleisch blos ein Nebenprodnct abgibt, welches, in dünne Scheiben
geschnitten, an der Luft getrocknet, und vou der ärmeren Classe verzehrt wird.
Ans dem größten Theile des Weges erblickt das Ange weit herum nichts,
als jungfräulichen Boden. Es gibt zu wenig Hände für den Ackerbau, und die
vorhanden sind, rühren sich ans angeborener Trägheit nicht. Der Romane sitzt
seit Jahrhunderten oft ganz vereinzelt zwischen Sachse», aber seiue Hütte ist
auf den ersten Blick in einem sächsischen Dorfe aus den netten Steinhäusern der
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