Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.denn für jeden Abend einen solchen sich zu wünschen, grenzt an Vermessenheit, Schöner, eleganter, geräumiger und Heller sind die drei Vorstadttheater, -- Nur im Winter oder bei schlechtem Wetter wird hier gespielt, im Sommer denn für jeden Abend einen solchen sich zu wünschen, grenzt an Vermessenheit, Schöner, eleganter, geräumiger und Heller sind die drei Vorstadttheater, — Nur im Winter oder bei schlechtem Wetter wird hier gespielt, im Sommer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0319" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97024"/> <p xml:id="ID_946" prev="#ID_945"> denn für jeden Abend einen solchen sich zu wünschen, grenzt an Vermessenheit,<lb/> da bis nnter den Plafond alles abonnirt ist, Jahr aus, Jahr ein, und daher<lb/> auch Logenplätze nicht auf dem Theaterzettel nnter den Kassenpreisen figuriren.<lb/> Die Zuschauerraume sind aber nicht blos eng, sie sind anch ungenügend beleuch¬<lb/> tet, denn sie sind noch mit Oellampen erhellt, während man sich liberal! an Gas¬<lb/> licht gewöhnt hat. Zwar hat ein nicht allznheller Zuschauerraum sein Gutes, aber<lb/> bei so vielen Schönheiten,- so eleganten Toiletten, reizenden Gestalten in allen<lb/> Logen, ist da der Wunsch wenigstens verzeihlich, daß das Lampenlicht weniger schwach<lb/> sein möchte! — So beschränkt der Raum im Publicum ist, noch viel enger muß<lb/> er oben bei den Schauspielern sein, denn wenn man kurz vor sieben Uhr eintritt<lb/> in das Burgtheater und sich durch lauge Korridors und verschiedene flanellbe¬<lb/> schlagene Klappthüren den Weg zur Kaffa sucht, so sieht man Kriegsknechte,<lb/> Ritter, Masken, Longobarden, Tectosagen, oder was sonst der Abend an Statisten<lb/> bieten soll, vollständig costümirt und geschminkt an sich vorüberschlüpfen. Das<lb/> Ankleidezimmer dieses Völkchens liegt ganz vorn am Eingang, und sie haben oft<lb/> Mühe, in ihren seltsamen Costümen dnrch den Strom des Publicums bis an<lb/> die Bühne vorzudringen. Und das im Burgtheater in Wien! Sollte man da<lb/> nicht endlich ein neues Haus bauen? Anderswo würde das längst geschehen sein,<lb/> aber hier hält man fest am Ueberlieserte», und das Bewußtsein, „im Hause des<lb/> Kaisers" — in der Burg.— zu spielen, gilt den Bühnenveteranen bei weitem<lb/> mehr, als ein bequemes Ankleidezimmer. ,</p><lb/> <p xml:id="ID_947"> Schöner, eleganter, geräumiger und Heller sind die drei Vorstadttheater, —<lb/> aber auch nur dieses habe» sie vor den beiden kaiserlichen voraus. Wenn das<lb/> Burgtheater so voll ist, daß ein Theil des Publicums in den Corridors an den<lb/> Thüren horchen muß, und man versetzte diese Menschenmasse in das Theater<lb/> an der Wien, so würde man hier glauben, diese „Leute" zählen zu können.<lb/> Das Theater an der Wien, — berühmt durch Mozarts Anfänge, — ist das größte<lb/> der Residenz; es ward im vorigen Jahrhundert auf der Leimgrube von einigen<lb/> Adligen erbaut. — Dies Theater, früher wenn ich nicht irre von Carl, später vom<lb/> alten Pockorny bewirthschaftet, steht jetzt, nach des Alten Tode — wenigstens no¬<lb/> minell — nnter des letzteren Sohne, dem jüngern Pockorny.</p><lb/> <p xml:id="ID_948" next="#ID_949"> Nur im Winter oder bei schlechtem Wetter wird hier gespielt, im Sommer<lb/> aber in der Regel in der zu diesem Theater gehörigen großen Arena zu Fünfhaus<lb/> (einer entfernteren Vorstadt an der Straße nach Schönbrunn). Das Publicum<lb/> dieses Theaters und seiner Arena ist ein sehr großes, zahlreiches: leere Häuser<lb/> sieht man selten. Die Wirksamkeit dieser Bühne ist eine doppelte, eine östreichische<lb/> und eine norddeutsche, anch das Personal ein östreichisches und ein deutsches.<lb/> Das häugt so zusammen. An diesem Theater geschieht wenig für die Kunst,<lb/> soudern alles sür das Amüsement des Publicums und für den Beutel des Directors<lb/> oder der Beteiligten. Es sind an diesem Theater etwa sechs bis acht fest en-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0319]
denn für jeden Abend einen solchen sich zu wünschen, grenzt an Vermessenheit,
da bis nnter den Plafond alles abonnirt ist, Jahr aus, Jahr ein, und daher
auch Logenplätze nicht auf dem Theaterzettel nnter den Kassenpreisen figuriren.
Die Zuschauerraume sind aber nicht blos eng, sie sind anch ungenügend beleuch¬
tet, denn sie sind noch mit Oellampen erhellt, während man sich liberal! an Gas¬
licht gewöhnt hat. Zwar hat ein nicht allznheller Zuschauerraum sein Gutes, aber
bei so vielen Schönheiten,- so eleganten Toiletten, reizenden Gestalten in allen
Logen, ist da der Wunsch wenigstens verzeihlich, daß das Lampenlicht weniger schwach
sein möchte! — So beschränkt der Raum im Publicum ist, noch viel enger muß
er oben bei den Schauspielern sein, denn wenn man kurz vor sieben Uhr eintritt
in das Burgtheater und sich durch lauge Korridors und verschiedene flanellbe¬
schlagene Klappthüren den Weg zur Kaffa sucht, so sieht man Kriegsknechte,
Ritter, Masken, Longobarden, Tectosagen, oder was sonst der Abend an Statisten
bieten soll, vollständig costümirt und geschminkt an sich vorüberschlüpfen. Das
Ankleidezimmer dieses Völkchens liegt ganz vorn am Eingang, und sie haben oft
Mühe, in ihren seltsamen Costümen dnrch den Strom des Publicums bis an
die Bühne vorzudringen. Und das im Burgtheater in Wien! Sollte man da
nicht endlich ein neues Haus bauen? Anderswo würde das längst geschehen sein,
aber hier hält man fest am Ueberlieserte», und das Bewußtsein, „im Hause des
Kaisers" — in der Burg.— zu spielen, gilt den Bühnenveteranen bei weitem
mehr, als ein bequemes Ankleidezimmer. ,
Schöner, eleganter, geräumiger und Heller sind die drei Vorstadttheater, —
aber auch nur dieses habe» sie vor den beiden kaiserlichen voraus. Wenn das
Burgtheater so voll ist, daß ein Theil des Publicums in den Corridors an den
Thüren horchen muß, und man versetzte diese Menschenmasse in das Theater
an der Wien, so würde man hier glauben, diese „Leute" zählen zu können.
Das Theater an der Wien, — berühmt durch Mozarts Anfänge, — ist das größte
der Residenz; es ward im vorigen Jahrhundert auf der Leimgrube von einigen
Adligen erbaut. — Dies Theater, früher wenn ich nicht irre von Carl, später vom
alten Pockorny bewirthschaftet, steht jetzt, nach des Alten Tode — wenigstens no¬
minell — nnter des letzteren Sohne, dem jüngern Pockorny.
Nur im Winter oder bei schlechtem Wetter wird hier gespielt, im Sommer
aber in der Regel in der zu diesem Theater gehörigen großen Arena zu Fünfhaus
(einer entfernteren Vorstadt an der Straße nach Schönbrunn). Das Publicum
dieses Theaters und seiner Arena ist ein sehr großes, zahlreiches: leere Häuser
sieht man selten. Die Wirksamkeit dieser Bühne ist eine doppelte, eine östreichische
und eine norddeutsche, anch das Personal ein östreichisches und ein deutsches.
Das häugt so zusammen. An diesem Theater geschieht wenig für die Kunst,
soudern alles sür das Amüsement des Publicums und für den Beutel des Directors
oder der Beteiligten. Es sind an diesem Theater etwa sechs bis acht fest en-
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