Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.Später wurden die Capitalstrafen immer mehr beschränkt und die hierauf 1830 trat anch die Sklavenfrage in ein neues Stadium. Noch vor we¬ So legten die Führer der Abolitionisten die Axt an die Wurzel, während sie Die folgenden politischen Ereignisse waren der Forderung der Abolition nicht Später wurden die Capitalstrafen immer mehr beschränkt und die hierauf 1830 trat anch die Sklavenfrage in ein neues Stadium. Noch vor we¬ So legten die Führer der Abolitionisten die Axt an die Wurzel, während sie Die folgenden politischen Ereignisse waren der Forderung der Abolition nicht <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0264" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96969"/> <p xml:id="ID_779"> Später wurden die Capitalstrafen immer mehr beschränkt und die hierauf<lb/> abzielenden Anträge von Buxton angelegentlich unterstützt, so daß gegenwärtig<lb/> die Anzahl von Verbrechen, die mit dem Tode bestraft werden, von 230 ans 8<lb/> oder 9 herabgesetzt ist und in England und Wales nur Hinrichtungen wegen Mord<lb/> und Mordversuch stattfinden.</p><lb/> <p xml:id="ID_780"> 1830 trat anch die Sklavenfrage in ein neues Stadium. Noch vor we¬<lb/> nigen Jahren war die Emancipation der Sklaven sowol dem Volke als dem Par¬<lb/> lamente verhaßt. Nun aber hatte sich die Abneigung gegen die Sklaverei schon<lb/> ziemlich Bahn gebrochen. Die Sympathie für die Pflanzer war durch die unbe¬<lb/> siegbare Hartnäckigkeit derselben bedeutend erkaltet und sie verloren von Tag zu<lb/> Tag mehr Boden. Bnxto» selbst war anfangs nnr für eine allmälige Ab¬<lb/> schaffung der Sklaverei gewesen: bald aber überzeugte er sich, daß alle Versuche<lb/> eiuer allmäligen Abolition bei der entschiedenen Weigerung der Pflanzer zur<lb/> Hebung der Neger mitzuwirken, in das Reich der Unmöglichkeit gehörten. Die<lb/> Führer der Sklavensache mußten es endlich aufgeben, zunächst nnr an Mil¬<lb/> derungsmittel zu denken. Dies geschah freilich nicht ohne Kampf: denn der<lb/> Satz: „Kein Volk darf frei sein, bevor es nicht geschickt ist, seine Freiheit zu ge¬<lb/> brauchen" schien zu einleuchtend. „Aber dieser Satz, sagt Macaulay, ist jenes<lb/> Narren in der Fabel würdig, der beschloß, nicht eher ins Wasser zu gehe», als<lb/> bis er schwimmen gelernt. Wenn der Mensch auf die Freiheit warten soll, bis<lb/> er in der Sklaverei gut und weise geworden, so kaun er bis in alle Ewigkeit<lb/> warten."</p><lb/> <p xml:id="ID_781"> So legten die Führer der Abolitionisten die Axt an die Wurzel, während sie<lb/> bisher nur die Zweige des Giftbaums beschnitten hatten. Im Mai 1830 wurde ein<lb/> zahlreich besuchtes Meeting in der Freimanrerhalle unter dem Vorsitz von Wilber-<lb/> force abgehalten. Die erste von Buxton vorgeschlagene Resolution ging dahin,<lb/> „keine geeignete Maßregel unversucht zu lassen, um in der kürzesten Zeit die Skla¬<lb/> verei in dem britischen Reiche abzuschaffen." or. Andrew Thomson erklärte auf<lb/> einem Meeting zu Edinburg: „Wir müssen der Legislatur ernst und offen sagen,<lb/> daß keinem Menschen ein Eigenthumsrecht auf seine Mitmenschen zusteht — daß<lb/> 800,000 Individuen in der Sklaverei schmachten, die denselben Anspruch auf<lb/> Freiheit haben wie wir und daß sie befreit werden sollen und müsse»'" Buxton<lb/> richtete einen ernsten Aufruf an die Wähler des ganzen Königreichs, in welchem<lb/> er sie an Cannings Worte aus dem Jahre 1823 erinnerte: „daß der erste Schritt<lb/> zur Abolition die Abschaffung der Peitschenhiebe für die Sklavinnen sein müsse."<lb/> Er wies nach, daß bisher noch nicht einmal dieser erste Schritt gethan sei und<lb/> daß alle andern Grausamkeiten und Mißbräuche in den Kolonien, die 1823 existirt<lb/> hätten, auch jetzt noch ungestört fortdauerten.</p><lb/> <p xml:id="ID_782" next="#ID_783"> Die folgenden politischen Ereignisse waren der Forderung der Abolition nicht<lb/> günstig. Die berühmte Erklärung des Herzogs von Wellington gegen jede Re-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0264]
Später wurden die Capitalstrafen immer mehr beschränkt und die hierauf
abzielenden Anträge von Buxton angelegentlich unterstützt, so daß gegenwärtig
die Anzahl von Verbrechen, die mit dem Tode bestraft werden, von 230 ans 8
oder 9 herabgesetzt ist und in England und Wales nur Hinrichtungen wegen Mord
und Mordversuch stattfinden.
1830 trat anch die Sklavenfrage in ein neues Stadium. Noch vor we¬
nigen Jahren war die Emancipation der Sklaven sowol dem Volke als dem Par¬
lamente verhaßt. Nun aber hatte sich die Abneigung gegen die Sklaverei schon
ziemlich Bahn gebrochen. Die Sympathie für die Pflanzer war durch die unbe¬
siegbare Hartnäckigkeit derselben bedeutend erkaltet und sie verloren von Tag zu
Tag mehr Boden. Bnxto» selbst war anfangs nnr für eine allmälige Ab¬
schaffung der Sklaverei gewesen: bald aber überzeugte er sich, daß alle Versuche
eiuer allmäligen Abolition bei der entschiedenen Weigerung der Pflanzer zur
Hebung der Neger mitzuwirken, in das Reich der Unmöglichkeit gehörten. Die
Führer der Sklavensache mußten es endlich aufgeben, zunächst nnr an Mil¬
derungsmittel zu denken. Dies geschah freilich nicht ohne Kampf: denn der
Satz: „Kein Volk darf frei sein, bevor es nicht geschickt ist, seine Freiheit zu ge¬
brauchen" schien zu einleuchtend. „Aber dieser Satz, sagt Macaulay, ist jenes
Narren in der Fabel würdig, der beschloß, nicht eher ins Wasser zu gehe», als
bis er schwimmen gelernt. Wenn der Mensch auf die Freiheit warten soll, bis
er in der Sklaverei gut und weise geworden, so kaun er bis in alle Ewigkeit
warten."
So legten die Führer der Abolitionisten die Axt an die Wurzel, während sie
bisher nur die Zweige des Giftbaums beschnitten hatten. Im Mai 1830 wurde ein
zahlreich besuchtes Meeting in der Freimanrerhalle unter dem Vorsitz von Wilber-
force abgehalten. Die erste von Buxton vorgeschlagene Resolution ging dahin,
„keine geeignete Maßregel unversucht zu lassen, um in der kürzesten Zeit die Skla¬
verei in dem britischen Reiche abzuschaffen." or. Andrew Thomson erklärte auf
einem Meeting zu Edinburg: „Wir müssen der Legislatur ernst und offen sagen,
daß keinem Menschen ein Eigenthumsrecht auf seine Mitmenschen zusteht — daß
800,000 Individuen in der Sklaverei schmachten, die denselben Anspruch auf
Freiheit haben wie wir und daß sie befreit werden sollen und müsse»'" Buxton
richtete einen ernsten Aufruf an die Wähler des ganzen Königreichs, in welchem
er sie an Cannings Worte aus dem Jahre 1823 erinnerte: „daß der erste Schritt
zur Abolition die Abschaffung der Peitschenhiebe für die Sklavinnen sein müsse."
Er wies nach, daß bisher noch nicht einmal dieser erste Schritt gethan sei und
daß alle andern Grausamkeiten und Mißbräuche in den Kolonien, die 1823 existirt
hätten, auch jetzt noch ungestört fortdauerten.
Die folgenden politischen Ereignisse waren der Forderung der Abolition nicht
günstig. Die berühmte Erklärung des Herzogs von Wellington gegen jede Re-
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