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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

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gedruckten Bücher, neue Druckereien wurden in Konstantinopel und in einigen
großen Städten des Reichs angelegt. Während die alte Druckerei, welche Sultan
Selim in Scntari angelegt hatte, wiederhergestellt wurde, erforderte die
Gründung der ,, Staatszeitung " eine neue Typographie, welcher jetzt die kaiser¬
liche Druckerei sich bedient und vermöge deren sie Druckwerke in den Hanpt-
sprachen Europas und des Orients ausführen kaun.

Indessen beträgt doch-die Zahl der Bände, welche alle diese Pressen zusammen
in verschiedenen Sprachen gedruckt haben, bis zum Jahre 18S0 nicht mehr
als -100. Unter dieser Zahl sind freilich nicht die speciellen Werke über die Theorie
und Kunst des Krieges, sowie die geographischen Karten und Plane begriffen.
Diese werden dem Druck übergeben dnrch das permanente Uebersetznngsbureau,
welches im Seraskerat sitzt, und zwar nachdem seitens des obern Kriegsraths
die Genehmigung erfolgt ist. Dieses Bureau besteht ans acht Beamten, den
fähigsten Mitgliedern der Amedjis, welche fortwährend die besten kriegswissen-
schaftlichen Schriften übersetzen, die in Europa und besonders in Frankreich er¬
scheinen. Etwa 30 Bände dieses Inhalts sind seit 20 Jahren herausgegeben
worden. Später wurden auch Schulbücher gedruckt. Kanal-Effendi, Director
des öffentlichen Unterrichts, hat seit der -18-16 erfolgten Reorganisation der
Schulen 22 Erziehuugsschriften, meist Übertragungen ans dem Französischen, in
7S,000 Exemplaren durch die lithographischen Pressen von Galata-Serai anfertigen
lassen.

Zu deu türkischen Druckereien muß anch die große typographische Anstalt
von Boulac in Aegypten gerechnet werden, zumal da jetzt Aegypten einen in-
tegrirenden Theil des ottomanischen Reichs bildet. Diese ägyptische Druckerei,
welche 1822 von Mehemed-Ali gegründet wurde, hat bis -18-42 243 Werke
veröffentlicht. -is derselben etwa sind arabische oder türkische Uebersetzungen
europäischer Werke und von den jungen Leuten der ägyptischen Mission in
Frankreich angefertigt, welche der Vicekönig 1823 gründete. Es sind dies meist,
Werke streng wissenschaftlichen Inhalts, doch findet sich unter ihnen anch ein
Theil von Bvttas Geschichte Italiens, der erste Band der Memoiren des Herzogs
von Rovigo (türkisch), ein Auszug aus dem Memorial von Se. Helena, ebenfalls
türkisch, eine arabische Geschichte der alten Philosophen, Voltaires Charles XII.,
endlich eine sehr bemerkenswerthe Schrift über Ursprung und Fortschritte der
socialen und politischen Verhältnisse in Europa, welche dnrch den Chef des Ueber-
setzungsbureaus aus europäischen Werken zusammengestellt ist.

Die übrigen Schriften sind Originalwerke, 298 an der Zahl. Sie sind theils
wissenschaftlichen, theils belletristischen Inhalts, und enthalten auch 20 Divans
persischer und türkischer Dichter.

Diese ägyptische Literatur überflügelt in auffallender Weise die türkische in
Konstantinopel, und diese Erscheinung ist um so merkwürdiger, als die Bemühungen


gedruckten Bücher, neue Druckereien wurden in Konstantinopel und in einigen
großen Städten des Reichs angelegt. Während die alte Druckerei, welche Sultan
Selim in Scntari angelegt hatte, wiederhergestellt wurde, erforderte die
Gründung der ,, Staatszeitung " eine neue Typographie, welcher jetzt die kaiser¬
liche Druckerei sich bedient und vermöge deren sie Druckwerke in den Hanpt-
sprachen Europas und des Orients ausführen kaun.

Indessen beträgt doch-die Zahl der Bände, welche alle diese Pressen zusammen
in verschiedenen Sprachen gedruckt haben, bis zum Jahre 18S0 nicht mehr
als -100. Unter dieser Zahl sind freilich nicht die speciellen Werke über die Theorie
und Kunst des Krieges, sowie die geographischen Karten und Plane begriffen.
Diese werden dem Druck übergeben dnrch das permanente Uebersetznngsbureau,
welches im Seraskerat sitzt, und zwar nachdem seitens des obern Kriegsraths
die Genehmigung erfolgt ist. Dieses Bureau besteht ans acht Beamten, den
fähigsten Mitgliedern der Amedjis, welche fortwährend die besten kriegswissen-
schaftlichen Schriften übersetzen, die in Europa und besonders in Frankreich er¬
scheinen. Etwa 30 Bände dieses Inhalts sind seit 20 Jahren herausgegeben
worden. Später wurden auch Schulbücher gedruckt. Kanal-Effendi, Director
des öffentlichen Unterrichts, hat seit der -18-16 erfolgten Reorganisation der
Schulen 22 Erziehuugsschriften, meist Übertragungen ans dem Französischen, in
7S,000 Exemplaren durch die lithographischen Pressen von Galata-Serai anfertigen
lassen.

Zu deu türkischen Druckereien muß anch die große typographische Anstalt
von Boulac in Aegypten gerechnet werden, zumal da jetzt Aegypten einen in-
tegrirenden Theil des ottomanischen Reichs bildet. Diese ägyptische Druckerei,
welche 1822 von Mehemed-Ali gegründet wurde, hat bis -18-42 243 Werke
veröffentlicht. -is derselben etwa sind arabische oder türkische Uebersetzungen
europäischer Werke und von den jungen Leuten der ägyptischen Mission in
Frankreich angefertigt, welche der Vicekönig 1823 gründete. Es sind dies meist,
Werke streng wissenschaftlichen Inhalts, doch findet sich unter ihnen anch ein
Theil von Bvttas Geschichte Italiens, der erste Band der Memoiren des Herzogs
von Rovigo (türkisch), ein Auszug aus dem Memorial von Se. Helena, ebenfalls
türkisch, eine arabische Geschichte der alten Philosophen, Voltaires Charles XII.,
endlich eine sehr bemerkenswerthe Schrift über Ursprung und Fortschritte der
socialen und politischen Verhältnisse in Europa, welche dnrch den Chef des Ueber-
setzungsbureaus aus europäischen Werken zusammengestellt ist.

Die übrigen Schriften sind Originalwerke, 298 an der Zahl. Sie sind theils
wissenschaftlichen, theils belletristischen Inhalts, und enthalten auch 20 Divans
persischer und türkischer Dichter.

Diese ägyptische Literatur überflügelt in auffallender Weise die türkische in
Konstantinopel, und diese Erscheinung ist um so merkwürdiger, als die Bemühungen


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[0224] gedruckten Bücher, neue Druckereien wurden in Konstantinopel und in einigen großen Städten des Reichs angelegt. Während die alte Druckerei, welche Sultan Selim in Scntari angelegt hatte, wiederhergestellt wurde, erforderte die Gründung der ,, Staatszeitung " eine neue Typographie, welcher jetzt die kaiser¬ liche Druckerei sich bedient und vermöge deren sie Druckwerke in den Hanpt- sprachen Europas und des Orients ausführen kaun. Indessen beträgt doch-die Zahl der Bände, welche alle diese Pressen zusammen in verschiedenen Sprachen gedruckt haben, bis zum Jahre 18S0 nicht mehr als -100. Unter dieser Zahl sind freilich nicht die speciellen Werke über die Theorie und Kunst des Krieges, sowie die geographischen Karten und Plane begriffen. Diese werden dem Druck übergeben dnrch das permanente Uebersetznngsbureau, welches im Seraskerat sitzt, und zwar nachdem seitens des obern Kriegsraths die Genehmigung erfolgt ist. Dieses Bureau besteht ans acht Beamten, den fähigsten Mitgliedern der Amedjis, welche fortwährend die besten kriegswissen- schaftlichen Schriften übersetzen, die in Europa und besonders in Frankreich er¬ scheinen. Etwa 30 Bände dieses Inhalts sind seit 20 Jahren herausgegeben worden. Später wurden auch Schulbücher gedruckt. Kanal-Effendi, Director des öffentlichen Unterrichts, hat seit der -18-16 erfolgten Reorganisation der Schulen 22 Erziehuugsschriften, meist Übertragungen ans dem Französischen, in 7S,000 Exemplaren durch die lithographischen Pressen von Galata-Serai anfertigen lassen. Zu deu türkischen Druckereien muß anch die große typographische Anstalt von Boulac in Aegypten gerechnet werden, zumal da jetzt Aegypten einen in- tegrirenden Theil des ottomanischen Reichs bildet. Diese ägyptische Druckerei, welche 1822 von Mehemed-Ali gegründet wurde, hat bis -18-42 243 Werke veröffentlicht. -is derselben etwa sind arabische oder türkische Uebersetzungen europäischer Werke und von den jungen Leuten der ägyptischen Mission in Frankreich angefertigt, welche der Vicekönig 1823 gründete. Es sind dies meist, Werke streng wissenschaftlichen Inhalts, doch findet sich unter ihnen anch ein Theil von Bvttas Geschichte Italiens, der erste Band der Memoiren des Herzogs von Rovigo (türkisch), ein Auszug aus dem Memorial von Se. Helena, ebenfalls türkisch, eine arabische Geschichte der alten Philosophen, Voltaires Charles XII., endlich eine sehr bemerkenswerthe Schrift über Ursprung und Fortschritte der socialen und politischen Verhältnisse in Europa, welche dnrch den Chef des Ueber- setzungsbureaus aus europäischen Werken zusammengestellt ist. Die übrigen Schriften sind Originalwerke, 298 an der Zahl. Sie sind theils wissenschaftlichen, theils belletristischen Inhalts, und enthalten auch 20 Divans persischer und türkischer Dichter. Diese ägyptische Literatur überflügelt in auffallender Weise die türkische in Konstantinopel, und diese Erscheinung ist um so merkwürdiger, als die Bemühungen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/224>, abgerufen am 05.02.2025.