Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.Schwedens bewirkte eine Koalition seine Verwerfung. Der Bürgerstand allein Das Votum der Bauern erkläre" zwei Umstände. Erstlich verwarfen sie Hofft die Negierung, unablässig die Reform verzögern zu können, die sie 2*'
Schwedens bewirkte eine Koalition seine Verwerfung. Der Bürgerstand allein Das Votum der Bauern erkläre» zwei Umstände. Erstlich verwarfen sie Hofft die Negierung, unablässig die Reform verzögern zu können, die sie 2*'
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0019" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96724"/> <p xml:id="ID_32" prev="#ID_31"> Schwedens bewirkte eine Koalition seine Verwerfung. Der Bürgerstand allein<lb/> stimmte für den ministeriellen Entwurf. Die aristokratische Partei, bestehend aus<lb/> den Ständen des Adels und der Geistlichkeit, nnter Führung des Herrn von<lb/> HartmaiinSdorf, verwarf ein Project, das ihre Macht ruinirte. Man wunderte sich<lb/> darüber nicht, aber was man nicht erwartet hatte, war, daß die Aristokratie in<lb/> diesem verzweifelten Kampfe mit dein Bauernstande sich vereinigte.</p><lb/> <p xml:id="ID_33"> Das Votum der Bauern erkläre» zwei Umstände. Erstlich verwarfen sie<lb/> trotz ihrer liberalen Manieren eine Reform, welche ihren besondern Stand und<lb/> damit ihre Bedeutung im Staate aufhob; anch würde der Triumph der Reform<lb/> weniger ihne» als den Mittelclasseu Vortheil gebracht haben. Sodann waren die<lb/> Bauern vor dem Landtage auf dem Lande von den Predigern bearbeitet und ein¬<lb/> genommen worden, einer noch schwachen Partei, die hauptsächlich ans den exaltir-<lb/> testen Mitgliedern des Kongresses von Oerebro bestand und ein Interesse hatte,<lb/> die von der Regierung beantragte gemäßigte Reform nicht durchgehen zu lassen.<lb/> Die Bauern waren entzückt, Liberalismus zu machen und zugleich ihre Privilegien<lb/> zu bewahre», die beide» ersten Stäude verwarfen die Reform als zu weit gehend,<lb/> der dritte Stand verwarf sie als antiliberal. Vielleicht sah endlich auch die Re¬<lb/> gierung selbst diese Koalition nicht ungern, wenn sie dieselbe uicht gar ermuthigte.</p><lb/> <p xml:id="ID_34" next="#ID_35"> Hofft die Negierung, unablässig die Reform verzögern zu können, die sie<lb/> als nothwendig anerkannt hat? Wenn aber einst der allgemeine Wunsch doch<lb/> befriedigt werden muß, ist es nicht zu fürchte», einen Radicalismus groß werden<lb/> zu lassen, der augenblicklich »och wenig mächtig ist, aber in einigen Jahre», i»<lb/> der Zwischeiizeit zweier Landtage, eine gewaltige Propaganda machen kann? Und<lb/> die liberale Partei selbst, dere» Majorität, das heißt der Mittelstand, »ach de»<lb/> reellen, von der Regierung gemachten Zugeständnisse» el»gewilligt hat, die An¬<lb/> sprüche des Kongresses von Oerebro nicht geltend »ut gemei»same Sache mit dem<lb/> Ministerium zu machen: bringt er nicht seine Sache in Gefahr, wen» er es ver¬<lb/> absäumt, fortan eine stärkere Union, ohne mögliche» Abfall, Agitatoren entgegen¬<lb/> zusetzen, die dnrch ihre übertriebene» Ansprüche jede Aussicht a»f Reform in Frage<lb/> stellen können? Dazu bedarf es nur, daß die Gemäßigten allein das öffentliche<lb/> Wohl im Ange haben und ihre Sonderinteressen vergessen. El» »euch Project,<lb/> welches der Landtag in seine» letzte» Sitzungen angenommen hat, soll in drei<lb/> Jahren discutirt werden; weniger liberal als das von Oerebro würde seine defi¬<lb/> nitive Annahme nichtsdestoweniger eine Eroberung sein. Eine gewisse Zahl der<lb/> Reformer von Oerebro, namentlich die Partei des Aftonblads und dieses Journal<lb/> selbst, schickt sich a», es z» unterstützen; wir wünschen den schwedischen Liberalen<lb/> dazu Glück. Der Sieg wird ihnen nicht entgehe», wenn sie sich nicht thören<lb/> lassen und der Regierung selbst in weiser Mäßigung Vertrauen einflößen. Die<lb/> beiden ersten Staude werden bald einsehen, daß die Reform, welche von der<lb/> Mehrzahl der Nation in Einverständnis) mit der Negierung betrieben wird, ihnen</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 2*'</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0019]
Schwedens bewirkte eine Koalition seine Verwerfung. Der Bürgerstand allein
stimmte für den ministeriellen Entwurf. Die aristokratische Partei, bestehend aus
den Ständen des Adels und der Geistlichkeit, nnter Führung des Herrn von
HartmaiinSdorf, verwarf ein Project, das ihre Macht ruinirte. Man wunderte sich
darüber nicht, aber was man nicht erwartet hatte, war, daß die Aristokratie in
diesem verzweifelten Kampfe mit dein Bauernstande sich vereinigte.
Das Votum der Bauern erkläre» zwei Umstände. Erstlich verwarfen sie
trotz ihrer liberalen Manieren eine Reform, welche ihren besondern Stand und
damit ihre Bedeutung im Staate aufhob; anch würde der Triumph der Reform
weniger ihne» als den Mittelclasseu Vortheil gebracht haben. Sodann waren die
Bauern vor dem Landtage auf dem Lande von den Predigern bearbeitet und ein¬
genommen worden, einer noch schwachen Partei, die hauptsächlich ans den exaltir-
testen Mitgliedern des Kongresses von Oerebro bestand und ein Interesse hatte,
die von der Regierung beantragte gemäßigte Reform nicht durchgehen zu lassen.
Die Bauern waren entzückt, Liberalismus zu machen und zugleich ihre Privilegien
zu bewahre», die beide» ersten Stäude verwarfen die Reform als zu weit gehend,
der dritte Stand verwarf sie als antiliberal. Vielleicht sah endlich auch die Re¬
gierung selbst diese Koalition nicht ungern, wenn sie dieselbe uicht gar ermuthigte.
Hofft die Negierung, unablässig die Reform verzögern zu können, die sie
als nothwendig anerkannt hat? Wenn aber einst der allgemeine Wunsch doch
befriedigt werden muß, ist es nicht zu fürchte», einen Radicalismus groß werden
zu lassen, der augenblicklich »och wenig mächtig ist, aber in einigen Jahre», i»
der Zwischeiizeit zweier Landtage, eine gewaltige Propaganda machen kann? Und
die liberale Partei selbst, dere» Majorität, das heißt der Mittelstand, »ach de»
reellen, von der Regierung gemachten Zugeständnisse» el»gewilligt hat, die An¬
sprüche des Kongresses von Oerebro nicht geltend »ut gemei»same Sache mit dem
Ministerium zu machen: bringt er nicht seine Sache in Gefahr, wen» er es ver¬
absäumt, fortan eine stärkere Union, ohne mögliche» Abfall, Agitatoren entgegen¬
zusetzen, die dnrch ihre übertriebene» Ansprüche jede Aussicht a»f Reform in Frage
stellen können? Dazu bedarf es nur, daß die Gemäßigten allein das öffentliche
Wohl im Ange haben und ihre Sonderinteressen vergessen. El» »euch Project,
welches der Landtag in seine» letzte» Sitzungen angenommen hat, soll in drei
Jahren discutirt werden; weniger liberal als das von Oerebro würde seine defi¬
nitive Annahme nichtsdestoweniger eine Eroberung sein. Eine gewisse Zahl der
Reformer von Oerebro, namentlich die Partei des Aftonblads und dieses Journal
selbst, schickt sich a», es z» unterstützen; wir wünschen den schwedischen Liberalen
dazu Glück. Der Sieg wird ihnen nicht entgehe», wenn sie sich nicht thören
lassen und der Regierung selbst in weiser Mäßigung Vertrauen einflößen. Die
beiden ersten Staude werden bald einsehen, daß die Reform, welche von der
Mehrzahl der Nation in Einverständnis) mit der Negierung betrieben wird, ihnen
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