Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.init im Sinne, auch für die übrigen Völker. Er ist der Anwalt der historischen Die Färl'ung erhält diese Abstraction dnrch die leidenschaftliche Abneigung init im Sinne, auch für die übrigen Völker. Er ist der Anwalt der historischen Die Färl'ung erhält diese Abstraction dnrch die leidenschaftliche Abneigung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0100" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96805"/> <p xml:id="ID_257" prev="#ID_256"> init im Sinne, auch für die übrigen Völker. Er ist der Anwalt der historischen<lb/> Mächte gegen die abstracte Legalität, gegen das historische Recht.</p><lb/> <p xml:id="ID_258" next="#ID_259"> Die Färl'ung erhält diese Abstraction dnrch die leidenschaftliche Abneigung<lb/> gegen alles spiritualistische, dnrch den ausschließlich weltlichen Sinn deS Geschicht¬<lb/> schreibers, der vielleicht eine Reaction gegen seine eigenen theologischen Studien<lb/> war. Mit dein bittersten Spott verfolgt er die Einmischung der Pfaffen in die<lb/> weltlichen Angelegenheiten, die in den Zeiten des dreißigjährigen Kriegs so all¬<lb/> gemein war, einerlei, ob es bei Katholiken oder Protestanten vorkommt. „A»s<lb/> des Kaisers Palast vertrieben", sagt er S. 3-16 von der Reformation, „mußte sie<lb/> Schutz suchen bei der Aristokratie des Reichs, dadurch büßte sie ihren hohen po¬<lb/> litischen Charakter ein. Die kühne Ghibellinin, welche seit ihrer Geburts-<lb/> stunde dazu bestimmt schien, alle, nicht mir die kirchliche» Mißbräuche abzuschaffen,<lb/> und den alten Glanz germanischer Nation wiederherzustellen, wurde zur Schüjz-<lb/> lingin der Fürsten, bald zur Pfahl- und Spießbürgern! des Reichs.....<lb/> (S. 319). Seit sie ein landesherrliches Institut geworden war, verschwanden<lb/> aus ihr aller Höhere politische Schwung, alle größeren Ansichten. Dadurch ist es<lb/> gekommen, daß die lutherische Kirche . . . jenen kleinlichen, knauserige», niedrig<lb/> demüthigen Charakter angenommen hat. Sie wurde die unterthänigste Dienen»<lb/> der gnädigsten Herrschaft. Bald behielten die Fürsten sich selbst allein die Milch,<lb/> oder die finanziellen Folgen der Kirchenverbesserung bevor, den Theologen blieben<lb/> als Abfall vom Tische die bloßen Fragen der Schule und das Gezänk, auf wel¬<lb/> chem Gebiete sie zum Schrecken des gesunden Menschenverstandes so wacker ge¬<lb/> arbeitet haben . . . Gewiß gibt es nichts Schöneres in der Welt, als demü¬<lb/> thige Vergessenheit seiner selbst, für höhere Zwecke. Aber es war nicht Demuth,<lb/> was jene Menschen zu einer solchen Handlungsweise trieb, sondern ein wahrer<lb/> Sklaveneifcr und politischer Unverstand. Hat man eine»! Hause» unpolitischer,<lb/> die Welt und das Leben nicht kennender Schriftgelehrten . . einmal von oben<lb/> herab eine bestimmte Richtung gegeben, so rennen sie blindlings darauf fort, so<lb/> lange man es allergnädigst will" n. s. w. — In dieser wenigstens relativ ge¬<lb/> rechtfertigten Abneigung gegen die pfäffische Einmischung in weltliche Angelegen¬<lb/> heiten ist Gfrörer das ganze Buch hindurch consequent; er lobt Wallenstein wegen<lb/> seiner Toleranz, und tadelt Ferdinand II. wegen seiner Bigotterie. Ueberall entwickelt<lb/> er eine entschiedene Vorliebe für praktische Geschäftsmänner im Gegensatz gegen die<lb/> in ihren Gedanke» Verlornen Gelehrten. Karl V. werden die ernstesten Vorwürfe<lb/> gemacht, daß er nicht die Fahne des GhibelliniSmns ergriff, die ihm diesmal,<lb/> angeregt durch die Reformation, das deutsche Volk darbot, während es in der<lb/> Hohenstaufenzeit überwiegend welfisch gewesen war. — Soweit wäre alles in<lb/> Ordnung, aber Gfrörer begeht den Fehler, sei» eigenes Urtheil j» die Zeit<lb/> zurückzuverlegeu, die er schildert. Er glaubt nicht an den Ernst und die Leiden¬<lb/> schaft der religiösen Gesinnung, wenigstens wo er einer bedeutenden Erscheinung</p><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0100]
init im Sinne, auch für die übrigen Völker. Er ist der Anwalt der historischen
Mächte gegen die abstracte Legalität, gegen das historische Recht.
Die Färl'ung erhält diese Abstraction dnrch die leidenschaftliche Abneigung
gegen alles spiritualistische, dnrch den ausschließlich weltlichen Sinn deS Geschicht¬
schreibers, der vielleicht eine Reaction gegen seine eigenen theologischen Studien
war. Mit dein bittersten Spott verfolgt er die Einmischung der Pfaffen in die
weltlichen Angelegenheiten, die in den Zeiten des dreißigjährigen Kriegs so all¬
gemein war, einerlei, ob es bei Katholiken oder Protestanten vorkommt. „A»s
des Kaisers Palast vertrieben", sagt er S. 3-16 von der Reformation, „mußte sie
Schutz suchen bei der Aristokratie des Reichs, dadurch büßte sie ihren hohen po¬
litischen Charakter ein. Die kühne Ghibellinin, welche seit ihrer Geburts-
stunde dazu bestimmt schien, alle, nicht mir die kirchliche» Mißbräuche abzuschaffen,
und den alten Glanz germanischer Nation wiederherzustellen, wurde zur Schüjz-
lingin der Fürsten, bald zur Pfahl- und Spießbürgern! des Reichs.....
(S. 319). Seit sie ein landesherrliches Institut geworden war, verschwanden
aus ihr aller Höhere politische Schwung, alle größeren Ansichten. Dadurch ist es
gekommen, daß die lutherische Kirche . . . jenen kleinlichen, knauserige», niedrig
demüthigen Charakter angenommen hat. Sie wurde die unterthänigste Dienen»
der gnädigsten Herrschaft. Bald behielten die Fürsten sich selbst allein die Milch,
oder die finanziellen Folgen der Kirchenverbesserung bevor, den Theologen blieben
als Abfall vom Tische die bloßen Fragen der Schule und das Gezänk, auf wel¬
chem Gebiete sie zum Schrecken des gesunden Menschenverstandes so wacker ge¬
arbeitet haben . . . Gewiß gibt es nichts Schöneres in der Welt, als demü¬
thige Vergessenheit seiner selbst, für höhere Zwecke. Aber es war nicht Demuth,
was jene Menschen zu einer solchen Handlungsweise trieb, sondern ein wahrer
Sklaveneifcr und politischer Unverstand. Hat man eine»! Hause» unpolitischer,
die Welt und das Leben nicht kennender Schriftgelehrten . . einmal von oben
herab eine bestimmte Richtung gegeben, so rennen sie blindlings darauf fort, so
lange man es allergnädigst will" n. s. w. — In dieser wenigstens relativ ge¬
rechtfertigten Abneigung gegen die pfäffische Einmischung in weltliche Angelegen¬
heiten ist Gfrörer das ganze Buch hindurch consequent; er lobt Wallenstein wegen
seiner Toleranz, und tadelt Ferdinand II. wegen seiner Bigotterie. Ueberall entwickelt
er eine entschiedene Vorliebe für praktische Geschäftsmänner im Gegensatz gegen die
in ihren Gedanke» Verlornen Gelehrten. Karl V. werden die ernstesten Vorwürfe
gemacht, daß er nicht die Fahne des GhibelliniSmns ergriff, die ihm diesmal,
angeregt durch die Reformation, das deutsche Volk darbot, während es in der
Hohenstaufenzeit überwiegend welfisch gewesen war. — Soweit wäre alles in
Ordnung, aber Gfrörer begeht den Fehler, sei» eigenes Urtheil j» die Zeit
zurückzuverlegeu, die er schildert. Er glaubt nicht an den Ernst und die Leiden¬
schaft der religiösen Gesinnung, wenigstens wo er einer bedeutenden Erscheinung
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