Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Lobau handgemein, indem sie ihr Feuer ans unsere ganze rechte Flanke aus¬
dehnte. Es war rathsam, den Ausgang dieses Angriffs abzuwarten, bevor man
anderwärts etwas Weiteres unternahm. Zu diesem Behuf waren alle
Streitkräfte der Reserve bereit, dem Grafen Lobau zu Hilfe zu eilen
und das preußische Corps zu zertrümmern, falls es sich weiter vor¬
wagen sollte.

Nachdem dies geschehen, hegte der Kaiser die Absteht, einen Angriff gegen
das Dorf Mont-Saint-Jca" zu richten, von dem man einen entscheidenden Erfolg
hoffte; aber durch eine in unseren militärischen Annalen so häufige
Bewegung der Ungeduld, die uns so häufig verderblich wurde, erschien die
Cavalerie der Reserve, die eine rückgängige Bewegung bemerkt hatte, welche die
Engländer machten, um sich vor unsrer Batterie, durch die sie schon soviel ge¬
litten hatten, zu sichern, auf den Höhen von Mont-Saint-Jean und griff die
Infanterie an. Diese Bewegung, die zur Zeit gemacht und durch die Reserven
unterstützt, den Tag entscheide" mußte, wurde, isolirt gemacht und bevor die
Affaire auf dem rechte" Flügel beendigt war, verderblich.

Da es nicht mehr möglich war, einen Gegenbefehl zu erlassen, der Feind
bedeutende Massen von Infanterie und Cavalerie entwickelte und die beiden
Kürassierdivisionen in den Kampf hineingezogen waren, so eilte unsere ganze
Cavalerie gleichzeitig zur Unterstützung ihrer Kameraden herbei. Dort wurden
nun drei Stunden hindurch zahlreiche Angriffe gemacht, infolge deren die
unsrigen in mehre Quarks einbrachen und sechs Fahnen der englischen
Infanterie erbeuteten, ein Vortheil, der ohne Verhältniß mit den Ver¬
lusten war, die unsere Cavalerie durch das Kartätschen- und Klein-
gewehrfeuer erlitt. Es war unmöglich, über unsere Jnfanteriereserven zu
verfüge", eh? mau die Flankenangriffe des preußischen Corps zurückgeschlagen
hatte. Dieser Angriff verlängerte sich unaufhörlich und senkrecht auf unserem
rechte" Flügel; der Kaiser schickte den General Duhesme mit der jungen Garde
und mehrenReservebatterieu dorthin. D er Fe in d w "rde a ufg e halten, zurn ck-
geschlcigen und wich; er hatte seine Kräfte erschöpft und man hatte weiter
nichts zu fürchten. Dies war der vorhergesehene Moment für einen Angriff ans
das feindliche Centrum. Da die Kürassiere durch das Kartätschenfeuer
litte", so schickte man vier Bataillone der mittleren Garde, um die Küras¬
siere zu beschütze", die Stellung zu halten, falls es möglich wäre,
eine" Theil unsrer Cavalerie dem Kampf zu entziehen und ihm den
Rückzug in die Ebene frei zu macheu.

Mau schickte zwei andere Bataillone, um sich auf der äußersten Flanke
der Division zu halten, die ans unserm rechten Flügel mauövrirt harte, und'
von dieser Seite her nichts befürchten zu dürfe"; der Nest wurde als Re¬
serve formirt, theils um die Stellung hinter Mont-Saint-Jean zu besetzen, theils


Lobau handgemein, indem sie ihr Feuer ans unsere ganze rechte Flanke aus¬
dehnte. Es war rathsam, den Ausgang dieses Angriffs abzuwarten, bevor man
anderwärts etwas Weiteres unternahm. Zu diesem Behuf waren alle
Streitkräfte der Reserve bereit, dem Grafen Lobau zu Hilfe zu eilen
und das preußische Corps zu zertrümmern, falls es sich weiter vor¬
wagen sollte.

Nachdem dies geschehen, hegte der Kaiser die Absteht, einen Angriff gegen
das Dorf Mont-Saint-Jca» zu richten, von dem man einen entscheidenden Erfolg
hoffte; aber durch eine in unseren militärischen Annalen so häufige
Bewegung der Ungeduld, die uns so häufig verderblich wurde, erschien die
Cavalerie der Reserve, die eine rückgängige Bewegung bemerkt hatte, welche die
Engländer machten, um sich vor unsrer Batterie, durch die sie schon soviel ge¬
litten hatten, zu sichern, auf den Höhen von Mont-Saint-Jean und griff die
Infanterie an. Diese Bewegung, die zur Zeit gemacht und durch die Reserven
unterstützt, den Tag entscheide» mußte, wurde, isolirt gemacht und bevor die
Affaire auf dem rechte» Flügel beendigt war, verderblich.

Da es nicht mehr möglich war, einen Gegenbefehl zu erlassen, der Feind
bedeutende Massen von Infanterie und Cavalerie entwickelte und die beiden
Kürassierdivisionen in den Kampf hineingezogen waren, so eilte unsere ganze
Cavalerie gleichzeitig zur Unterstützung ihrer Kameraden herbei. Dort wurden
nun drei Stunden hindurch zahlreiche Angriffe gemacht, infolge deren die
unsrigen in mehre Quarks einbrachen und sechs Fahnen der englischen
Infanterie erbeuteten, ein Vortheil, der ohne Verhältniß mit den Ver¬
lusten war, die unsere Cavalerie durch das Kartätschen- und Klein-
gewehrfeuer erlitt. Es war unmöglich, über unsere Jnfanteriereserven zu
verfüge», eh? mau die Flankenangriffe des preußischen Corps zurückgeschlagen
hatte. Dieser Angriff verlängerte sich unaufhörlich und senkrecht auf unserem
rechte» Flügel; der Kaiser schickte den General Duhesme mit der jungen Garde
und mehrenReservebatterieu dorthin. D er Fe in d w »rde a ufg e halten, zurn ck-
geschlcigen und wich; er hatte seine Kräfte erschöpft und man hatte weiter
nichts zu fürchten. Dies war der vorhergesehene Moment für einen Angriff ans
das feindliche Centrum. Da die Kürassiere durch das Kartätschenfeuer
litte», so schickte man vier Bataillone der mittleren Garde, um die Küras¬
siere zu beschütze», die Stellung zu halten, falls es möglich wäre,
eine» Theil unsrer Cavalerie dem Kampf zu entziehen und ihm den
Rückzug in die Ebene frei zu macheu.

Mau schickte zwei andere Bataillone, um sich auf der äußersten Flanke
der Division zu halten, die ans unserm rechten Flügel mauövrirt harte, und'
von dieser Seite her nichts befürchten zu dürfe»; der Nest wurde als Re¬
serve formirt, theils um die Stellung hinter Mont-Saint-Jean zu besetzen, theils


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0435" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96610"/>
          <p xml:id="ID_1504" prev="#ID_1503"> Lobau handgemein, indem sie ihr Feuer ans unsere ganze rechte Flanke aus¬<lb/>
dehnte. Es war rathsam, den Ausgang dieses Angriffs abzuwarten, bevor man<lb/>
anderwärts etwas Weiteres unternahm. Zu diesem Behuf waren alle<lb/>
Streitkräfte der Reserve bereit, dem Grafen Lobau zu Hilfe zu eilen<lb/>
und das preußische Corps zu zertrümmern, falls es sich weiter vor¬<lb/>
wagen sollte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1505"> Nachdem dies geschehen, hegte der Kaiser die Absteht, einen Angriff gegen<lb/>
das Dorf Mont-Saint-Jca» zu richten, von dem man einen entscheidenden Erfolg<lb/>
hoffte; aber durch eine in unseren militärischen Annalen so häufige<lb/>
Bewegung der Ungeduld, die uns so häufig verderblich wurde, erschien die<lb/>
Cavalerie der Reserve, die eine rückgängige Bewegung bemerkt hatte, welche die<lb/>
Engländer machten, um sich vor unsrer Batterie, durch die sie schon soviel ge¬<lb/>
litten hatten, zu sichern, auf den Höhen von Mont-Saint-Jean und griff die<lb/>
Infanterie an. Diese Bewegung, die zur Zeit gemacht und durch die Reserven<lb/>
unterstützt, den Tag entscheide» mußte, wurde, isolirt gemacht und bevor die<lb/>
Affaire auf dem rechte» Flügel beendigt war, verderblich.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1506"> Da es nicht mehr möglich war, einen Gegenbefehl zu erlassen, der Feind<lb/>
bedeutende Massen von Infanterie und Cavalerie entwickelte und die beiden<lb/>
Kürassierdivisionen in den Kampf hineingezogen waren, so eilte unsere ganze<lb/>
Cavalerie gleichzeitig zur Unterstützung ihrer Kameraden herbei. Dort wurden<lb/>
nun drei Stunden hindurch zahlreiche Angriffe gemacht, infolge deren die<lb/>
unsrigen in mehre Quarks einbrachen und sechs Fahnen der englischen<lb/>
Infanterie erbeuteten, ein Vortheil, der ohne Verhältniß mit den Ver¬<lb/>
lusten war, die unsere Cavalerie durch das Kartätschen- und Klein-<lb/>
gewehrfeuer erlitt. Es war unmöglich, über unsere Jnfanteriereserven zu<lb/>
verfüge», eh? mau die Flankenangriffe des preußischen Corps zurückgeschlagen<lb/>
hatte. Dieser Angriff verlängerte sich unaufhörlich und senkrecht auf unserem<lb/>
rechte» Flügel; der Kaiser schickte den General Duhesme mit der jungen Garde<lb/>
und mehrenReservebatterieu dorthin. D er Fe in d w »rde a ufg e halten, zurn ck-<lb/>
geschlcigen und wich; er hatte seine Kräfte erschöpft und man hatte weiter<lb/>
nichts zu fürchten. Dies war der vorhergesehene Moment für einen Angriff ans<lb/>
das feindliche Centrum. Da die Kürassiere durch das Kartätschenfeuer<lb/>
litte», so schickte man vier Bataillone der mittleren Garde, um die Küras¬<lb/>
siere zu beschütze», die Stellung zu halten, falls es möglich wäre,<lb/>
eine» Theil unsrer Cavalerie dem Kampf zu entziehen und ihm den<lb/>
Rückzug in die Ebene frei zu macheu.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1507" next="#ID_1508"> Mau schickte zwei andere Bataillone, um sich auf der äußersten Flanke<lb/>
der Division zu halten, die ans unserm rechten Flügel mauövrirt harte, und'<lb/>
von dieser Seite her nichts befürchten zu dürfe»; der Nest wurde als Re¬<lb/>
serve formirt, theils um die Stellung hinter Mont-Saint-Jean zu besetzen, theils</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0435] Lobau handgemein, indem sie ihr Feuer ans unsere ganze rechte Flanke aus¬ dehnte. Es war rathsam, den Ausgang dieses Angriffs abzuwarten, bevor man anderwärts etwas Weiteres unternahm. Zu diesem Behuf waren alle Streitkräfte der Reserve bereit, dem Grafen Lobau zu Hilfe zu eilen und das preußische Corps zu zertrümmern, falls es sich weiter vor¬ wagen sollte. Nachdem dies geschehen, hegte der Kaiser die Absteht, einen Angriff gegen das Dorf Mont-Saint-Jca» zu richten, von dem man einen entscheidenden Erfolg hoffte; aber durch eine in unseren militärischen Annalen so häufige Bewegung der Ungeduld, die uns so häufig verderblich wurde, erschien die Cavalerie der Reserve, die eine rückgängige Bewegung bemerkt hatte, welche die Engländer machten, um sich vor unsrer Batterie, durch die sie schon soviel ge¬ litten hatten, zu sichern, auf den Höhen von Mont-Saint-Jean und griff die Infanterie an. Diese Bewegung, die zur Zeit gemacht und durch die Reserven unterstützt, den Tag entscheide» mußte, wurde, isolirt gemacht und bevor die Affaire auf dem rechte» Flügel beendigt war, verderblich. Da es nicht mehr möglich war, einen Gegenbefehl zu erlassen, der Feind bedeutende Massen von Infanterie und Cavalerie entwickelte und die beiden Kürassierdivisionen in den Kampf hineingezogen waren, so eilte unsere ganze Cavalerie gleichzeitig zur Unterstützung ihrer Kameraden herbei. Dort wurden nun drei Stunden hindurch zahlreiche Angriffe gemacht, infolge deren die unsrigen in mehre Quarks einbrachen und sechs Fahnen der englischen Infanterie erbeuteten, ein Vortheil, der ohne Verhältniß mit den Ver¬ lusten war, die unsere Cavalerie durch das Kartätschen- und Klein- gewehrfeuer erlitt. Es war unmöglich, über unsere Jnfanteriereserven zu verfüge», eh? mau die Flankenangriffe des preußischen Corps zurückgeschlagen hatte. Dieser Angriff verlängerte sich unaufhörlich und senkrecht auf unserem rechte» Flügel; der Kaiser schickte den General Duhesme mit der jungen Garde und mehrenReservebatterieu dorthin. D er Fe in d w »rde a ufg e halten, zurn ck- geschlcigen und wich; er hatte seine Kräfte erschöpft und man hatte weiter nichts zu fürchten. Dies war der vorhergesehene Moment für einen Angriff ans das feindliche Centrum. Da die Kürassiere durch das Kartätschenfeuer litte», so schickte man vier Bataillone der mittleren Garde, um die Küras¬ siere zu beschütze», die Stellung zu halten, falls es möglich wäre, eine» Theil unsrer Cavalerie dem Kampf zu entziehen und ihm den Rückzug in die Ebene frei zu macheu. Mau schickte zwei andere Bataillone, um sich auf der äußersten Flanke der Division zu halten, die ans unserm rechten Flügel mauövrirt harte, und' von dieser Seite her nichts befürchten zu dürfe»; der Nest wurde als Re¬ serve formirt, theils um die Stellung hinter Mont-Saint-Jean zu besetzen, theils

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/435
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/435>, abgerufen am 23.07.2024.