Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Seine die Gnmdprincipien eines so wichtigen Gegenstandes wie eines Rockes
oder Beinkleides ins Schwanken gebracht, verrückt und verändert worden, die
Kauw volee sich so schnell modernisirt, wie die mitten im Herzpunkte der weit
entlegenen Wallachei.

Man kann nicht behaupten, daß die Diplomatie in Bucharest, wo sich
Generalconsnln aller Hauptmächte, und östreichischerseits selbst ein Minister-
resident befinden, eine große Rolle spiele. Der Reichthum der Bojaren muß
selbstredend die Vorhand vor dem mäßig, wenn auch unter anderen Umständen
ausreichend besoldeten auswärtigen Beamtenthum behalte". Im allgemeinen
ziehen sich die Vertreter der auswärtigen Mächte ans der nationalen oberen
Schicht zurück, und bilden untereinander Kreise für sich, etwa, wenn auch nicht in
ganz demselben Maße, wie die Diplomatie in Pera.

Gestatten Sie mir noch einiges Weitere über Land und Leute in der Wal¬
lachei mitzutheilen. Wie jedermann bekannt, ist dieses Fürstenthum der Haupt¬
masse nach eine langgedehnte Ebene, die sich nach der Donau sanft absenkt und
in dieser Richtung von einer außerordentlich großen Menge von Flüssen, Bächen
und kleinen Strömen durchflossen wird. Auf dem erstgedachten Riesenstrome hin¬
fahrend machen die Ufer den Eindruck eines mit Wald und Unterholz bestandenen
Wiesenlandes. Weiter ins Innere hinein dehnt sich indeß über unermeßliche
Räume hin ein vortrefflicher Ackerboden, der nicht nnr denjenigen in Ungarn,
sondern auch den bulgarische" weit übertrifft. Man würde, wenn der Anbau
weitere Fortschritte mache" sollte, und wenn für die Transportmittel, namentlich
für Herstellung von Wegen und Kanalisirung der Flüsse einiges geschähe, ans
dem Kreise der wallachischen Grenze" heraus ganz Westeuropa und zwar billiger,
als es Rußland und Polen hente vermögen, mit dem fehlenden Getreide ver¬
sorgen können. Zu unseren am meisten angebaute" Fruchtarten gesellen sich hier
bereits die dem Süden angehöre"den, namentlich der Mais. Bei dem Wasser¬
reichthum des gesegneten Landes würde man im besondern Reis mit Vortheil
anbauen können. Wie es mit den: Weinbau steht, weiß ich nicht. Die Land¬
weine, die ich kostete, waren indeß feurig, wie die edleren ungarischen. Gewiß
ist es, daß dieser C"lturbra"che von Klima und Boden hier unendliche Vortheile
geboten sind. Nichts übertrifft aber die Fruchtbarkeit der Wallachei an Baum¬
obst. Pfuudschwcre Aepfel, gewaltige Pflaumen und Nüsse von höchst achtens¬
werthen Durchmesser hängen allerwärts jetzt schon, wo die Zeit der Reise noch
nicht da ist, von den Aesten. Ja es gibt ganze Waldungen und die sich meilen¬
weit hinziehen, welche nur aus Obstbäumen bestehen. We"" dieser wunderbaren
Ueppigkeit die veredelnde Hand deutscher Ackerbauer und Gartenwirthe nachHälse,
so möchte hier der Mittelpunkt einer Production entstehen, die vorerst nur um
die großen Hauptstädte her massenweise entfaltet worden: ich meine die Erzeugung
des feineren Obstes. Wer im Süden Europas gereist ist, wird sich erinnern,


Seine die Gnmdprincipien eines so wichtigen Gegenstandes wie eines Rockes
oder Beinkleides ins Schwanken gebracht, verrückt und verändert worden, die
Kauw volee sich so schnell modernisirt, wie die mitten im Herzpunkte der weit
entlegenen Wallachei.

Man kann nicht behaupten, daß die Diplomatie in Bucharest, wo sich
Generalconsnln aller Hauptmächte, und östreichischerseits selbst ein Minister-
resident befinden, eine große Rolle spiele. Der Reichthum der Bojaren muß
selbstredend die Vorhand vor dem mäßig, wenn auch unter anderen Umständen
ausreichend besoldeten auswärtigen Beamtenthum behalte». Im allgemeinen
ziehen sich die Vertreter der auswärtigen Mächte ans der nationalen oberen
Schicht zurück, und bilden untereinander Kreise für sich, etwa, wenn auch nicht in
ganz demselben Maße, wie die Diplomatie in Pera.

Gestatten Sie mir noch einiges Weitere über Land und Leute in der Wal¬
lachei mitzutheilen. Wie jedermann bekannt, ist dieses Fürstenthum der Haupt¬
masse nach eine langgedehnte Ebene, die sich nach der Donau sanft absenkt und
in dieser Richtung von einer außerordentlich großen Menge von Flüssen, Bächen
und kleinen Strömen durchflossen wird. Auf dem erstgedachten Riesenstrome hin¬
fahrend machen die Ufer den Eindruck eines mit Wald und Unterholz bestandenen
Wiesenlandes. Weiter ins Innere hinein dehnt sich indeß über unermeßliche
Räume hin ein vortrefflicher Ackerboden, der nicht nnr denjenigen in Ungarn,
sondern auch den bulgarische» weit übertrifft. Man würde, wenn der Anbau
weitere Fortschritte mache» sollte, und wenn für die Transportmittel, namentlich
für Herstellung von Wegen und Kanalisirung der Flüsse einiges geschähe, ans
dem Kreise der wallachischen Grenze» heraus ganz Westeuropa und zwar billiger,
als es Rußland und Polen hente vermögen, mit dem fehlenden Getreide ver¬
sorgen können. Zu unseren am meisten angebaute» Fruchtarten gesellen sich hier
bereits die dem Süden angehöre»den, namentlich der Mais. Bei dem Wasser¬
reichthum des gesegneten Landes würde man im besondern Reis mit Vortheil
anbauen können. Wie es mit den: Weinbau steht, weiß ich nicht. Die Land¬
weine, die ich kostete, waren indeß feurig, wie die edleren ungarischen. Gewiß
ist es, daß dieser C»lturbra»che von Klima und Boden hier unendliche Vortheile
geboten sind. Nichts übertrifft aber die Fruchtbarkeit der Wallachei an Baum¬
obst. Pfuudschwcre Aepfel, gewaltige Pflaumen und Nüsse von höchst achtens¬
werthen Durchmesser hängen allerwärts jetzt schon, wo die Zeit der Reise noch
nicht da ist, von den Aesten. Ja es gibt ganze Waldungen und die sich meilen¬
weit hinziehen, welche nur aus Obstbäumen bestehen. We»» dieser wunderbaren
Ueppigkeit die veredelnde Hand deutscher Ackerbauer und Gartenwirthe nachHälse,
so möchte hier der Mittelpunkt einer Production entstehen, die vorerst nur um
die großen Hauptstädte her massenweise entfaltet worden: ich meine die Erzeugung
des feineren Obstes. Wer im Süden Europas gereist ist, wird sich erinnern,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0309" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96484"/>
          <p xml:id="ID_1066" prev="#ID_1065"> Seine die Gnmdprincipien eines so wichtigen Gegenstandes wie eines Rockes<lb/>
oder Beinkleides ins Schwanken gebracht, verrückt und verändert worden, die<lb/>
Kauw volee sich so schnell modernisirt, wie die mitten im Herzpunkte der weit<lb/>
entlegenen Wallachei.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1067"> Man kann nicht behaupten, daß die Diplomatie in Bucharest, wo sich<lb/>
Generalconsnln aller Hauptmächte, und östreichischerseits selbst ein Minister-<lb/>
resident befinden, eine große Rolle spiele. Der Reichthum der Bojaren muß<lb/>
selbstredend die Vorhand vor dem mäßig, wenn auch unter anderen Umständen<lb/>
ausreichend besoldeten auswärtigen Beamtenthum behalte». Im allgemeinen<lb/>
ziehen sich die Vertreter der auswärtigen Mächte ans der nationalen oberen<lb/>
Schicht zurück, und bilden untereinander Kreise für sich, etwa, wenn auch nicht in<lb/>
ganz demselben Maße, wie die Diplomatie in Pera.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1068" next="#ID_1069"> Gestatten Sie mir noch einiges Weitere über Land und Leute in der Wal¬<lb/>
lachei mitzutheilen. Wie jedermann bekannt, ist dieses Fürstenthum der Haupt¬<lb/>
masse nach eine langgedehnte Ebene, die sich nach der Donau sanft absenkt und<lb/>
in dieser Richtung von einer außerordentlich großen Menge von Flüssen, Bächen<lb/>
und kleinen Strömen durchflossen wird. Auf dem erstgedachten Riesenstrome hin¬<lb/>
fahrend machen die Ufer den Eindruck eines mit Wald und Unterholz bestandenen<lb/>
Wiesenlandes. Weiter ins Innere hinein dehnt sich indeß über unermeßliche<lb/>
Räume hin ein vortrefflicher Ackerboden, der nicht nnr denjenigen in Ungarn,<lb/>
sondern auch den bulgarische» weit übertrifft. Man würde, wenn der Anbau<lb/>
weitere Fortschritte mache» sollte, und wenn für die Transportmittel, namentlich<lb/>
für Herstellung von Wegen und Kanalisirung der Flüsse einiges geschähe, ans<lb/>
dem Kreise der wallachischen Grenze» heraus ganz Westeuropa und zwar billiger,<lb/>
als es Rußland und Polen hente vermögen, mit dem fehlenden Getreide ver¬<lb/>
sorgen können. Zu unseren am meisten angebaute» Fruchtarten gesellen sich hier<lb/>
bereits die dem Süden angehöre»den, namentlich der Mais. Bei dem Wasser¬<lb/>
reichthum des gesegneten Landes würde man im besondern Reis mit Vortheil<lb/>
anbauen können. Wie es mit den: Weinbau steht, weiß ich nicht. Die Land¬<lb/>
weine, die ich kostete, waren indeß feurig, wie die edleren ungarischen. Gewiß<lb/>
ist es, daß dieser C»lturbra»che von Klima und Boden hier unendliche Vortheile<lb/>
geboten sind. Nichts übertrifft aber die Fruchtbarkeit der Wallachei an Baum¬<lb/>
obst. Pfuudschwcre Aepfel, gewaltige Pflaumen und Nüsse von höchst achtens¬<lb/>
werthen Durchmesser hängen allerwärts jetzt schon, wo die Zeit der Reise noch<lb/>
nicht da ist, von den Aesten. Ja es gibt ganze Waldungen und die sich meilen¬<lb/>
weit hinziehen, welche nur aus Obstbäumen bestehen. We»» dieser wunderbaren<lb/>
Ueppigkeit die veredelnde Hand deutscher Ackerbauer und Gartenwirthe nachHälse,<lb/>
so möchte hier der Mittelpunkt einer Production entstehen, die vorerst nur um<lb/>
die großen Hauptstädte her massenweise entfaltet worden: ich meine die Erzeugung<lb/>
des feineren Obstes. Wer im Süden Europas gereist ist, wird sich erinnern,</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0309] Seine die Gnmdprincipien eines so wichtigen Gegenstandes wie eines Rockes oder Beinkleides ins Schwanken gebracht, verrückt und verändert worden, die Kauw volee sich so schnell modernisirt, wie die mitten im Herzpunkte der weit entlegenen Wallachei. Man kann nicht behaupten, daß die Diplomatie in Bucharest, wo sich Generalconsnln aller Hauptmächte, und östreichischerseits selbst ein Minister- resident befinden, eine große Rolle spiele. Der Reichthum der Bojaren muß selbstredend die Vorhand vor dem mäßig, wenn auch unter anderen Umständen ausreichend besoldeten auswärtigen Beamtenthum behalte». Im allgemeinen ziehen sich die Vertreter der auswärtigen Mächte ans der nationalen oberen Schicht zurück, und bilden untereinander Kreise für sich, etwa, wenn auch nicht in ganz demselben Maße, wie die Diplomatie in Pera. Gestatten Sie mir noch einiges Weitere über Land und Leute in der Wal¬ lachei mitzutheilen. Wie jedermann bekannt, ist dieses Fürstenthum der Haupt¬ masse nach eine langgedehnte Ebene, die sich nach der Donau sanft absenkt und in dieser Richtung von einer außerordentlich großen Menge von Flüssen, Bächen und kleinen Strömen durchflossen wird. Auf dem erstgedachten Riesenstrome hin¬ fahrend machen die Ufer den Eindruck eines mit Wald und Unterholz bestandenen Wiesenlandes. Weiter ins Innere hinein dehnt sich indeß über unermeßliche Räume hin ein vortrefflicher Ackerboden, der nicht nnr denjenigen in Ungarn, sondern auch den bulgarische» weit übertrifft. Man würde, wenn der Anbau weitere Fortschritte mache» sollte, und wenn für die Transportmittel, namentlich für Herstellung von Wegen und Kanalisirung der Flüsse einiges geschähe, ans dem Kreise der wallachischen Grenze» heraus ganz Westeuropa und zwar billiger, als es Rußland und Polen hente vermögen, mit dem fehlenden Getreide ver¬ sorgen können. Zu unseren am meisten angebaute» Fruchtarten gesellen sich hier bereits die dem Süden angehöre»den, namentlich der Mais. Bei dem Wasser¬ reichthum des gesegneten Landes würde man im besondern Reis mit Vortheil anbauen können. Wie es mit den: Weinbau steht, weiß ich nicht. Die Land¬ weine, die ich kostete, waren indeß feurig, wie die edleren ungarischen. Gewiß ist es, daß dieser C»lturbra»che von Klima und Boden hier unendliche Vortheile geboten sind. Nichts übertrifft aber die Fruchtbarkeit der Wallachei an Baum¬ obst. Pfuudschwcre Aepfel, gewaltige Pflaumen und Nüsse von höchst achtens¬ werthen Durchmesser hängen allerwärts jetzt schon, wo die Zeit der Reise noch nicht da ist, von den Aesten. Ja es gibt ganze Waldungen und die sich meilen¬ weit hinziehen, welche nur aus Obstbäumen bestehen. We»» dieser wunderbaren Ueppigkeit die veredelnde Hand deutscher Ackerbauer und Gartenwirthe nachHälse, so möchte hier der Mittelpunkt einer Production entstehen, die vorerst nur um die großen Hauptstädte her massenweise entfaltet worden: ich meine die Erzeugung des feineren Obstes. Wer im Süden Europas gereist ist, wird sich erinnern,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/309
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/309>, abgerufen am 03.07.2024.