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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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Der General Siviecicki bezeugt, daß seiner Ansicht nach die von dem Angeklagten
vorgelegten Dienstpapiere falsch seien, was der General Nibynski bestätigt; der
Präsident erwähnt hierbei eines Diebstahls von Papieren, welche, wie in den
Registern der Emigration stände, einem Offizier, Namens Mnrzynowski von einem
in dessen Diensten befindliche" Soldaten gestohlen worden wären, worauf der
Zeuge entgegnet, daß man keinen Grund habe, diese Angabe für richtig zu halten,
ja nicht einmal wisse, woher sie käme. Zunächst wird ein Herr Larbin, Geschäfts¬
agent, vernommen, der mit Herrn Ferraris und einem gewissen Herrn Perdignier
den Hofstaat des angeblichen Prinzen bildete, und besonders seine Ordensange¬
legenheiten besorgte. Präsident: Hat der Angeklagte Ihnen mehre Grade in
den verschiedenen Orden ertheilt, deren Großmeister er zu sein behauptet? Hat
er Sie selbst zum Baron ernannt? Zeuge: Ja! -- P. Wie haben Sie ihn kennen
gelernt? Z. Durch Vermittelung des Herrn Ferraris, der mir immer gutes von
ihm gesagt hat. P. Es mag sein, aber Ferraris hat nicht immer gutes von ihm
geschrieben, denn in einem Briefe, der dnrch Sie dem Angeklagten zugestellt sein
muß, behandelt er ihn als Fälscher und bedroht ihn als solchen dem Publicum
zu denunciren. Z. Ich weiß nichts von den Ausdrücken dieses Briefes. P. Sie
haben mehr gethan, als Decorationen empfangen, Sie haben bei ihrer Verleihung
Theil genommen, gab es nicht einen Tarif dafür? Z. Man entrichtet gewisse
Kanzleigebühren. P., nachdem er die Sätze des Tarifs näher bezeichnet: Es
war also nicht das Verdienst, welches diese Kreuze erhalten machte, sondern das
Geld? Z. Man mußte sehr ehrenwerth sein. Se. Hoheit hatte mir empfohlen,
ihm zur Verleihung dieser Kreuze uur Künstler und ausgezeichnete Schriftsteller zu
präsentiren. P. Welche Gründe haben Sie, diesen Menschen als Prinzen und
Hoheit zu behandeln? Z. Das Buch des Herrn Ferraris gibt ihm diese Titel. Der
Staatsanwalt verliest ein Memoire, welches der Zeuge über seine Beziehungen
zum Angeklagte" an den Jnstrnctionsrichter gerichtet hat, worin er erzählt, daß
er Herr" Ferraris, der mit mehren Orden des Prinze" decorirt war, Geld zur
schon erwähnte" Broschüre geliehen und dieser ihm dafür das Ritterkreuz des
Ordens der Erlösung zugesagt habe. Einige Zeit darauf, so heißt es weiter,
sagte er mir, der Prinz findet Sie sehr liebenswürdig, er schickt Ihnen das
Offizierkreuz des Ordens der Erlösung; es sind nnr 300 Francs Kanzleigebühren
dafür zu entrichten. Der Prinz beabsichtigt Sie zum Baron und selbst zum
Grafen zu macheu. O, antwortete ich, der Prinz ist zu gütig, das ist mehr,
als ich jemals geträumt habe, ich weiß uicht, wie ich mich solcher Ehre würdig
macheu soll. Ich lieh Herr" Ferraris noch weitere hundert Francs, um die
Correctur der Abzüge und andere Kosten zu bezahlen; er forderte mich hernach
auf, nach Genua zu reisen, um dem Prinzen zu danken; ich wurde sehr gut
empfangen; einige Tage später schickte er mir ein Baronsdiplom. Ich empfing
den Besuch des Herrn Perdiguier, seines Secretärs, der mir seine Freund-


Der General Siviecicki bezeugt, daß seiner Ansicht nach die von dem Angeklagten
vorgelegten Dienstpapiere falsch seien, was der General Nibynski bestätigt; der
Präsident erwähnt hierbei eines Diebstahls von Papieren, welche, wie in den
Registern der Emigration stände, einem Offizier, Namens Mnrzynowski von einem
in dessen Diensten befindliche» Soldaten gestohlen worden wären, worauf der
Zeuge entgegnet, daß man keinen Grund habe, diese Angabe für richtig zu halten,
ja nicht einmal wisse, woher sie käme. Zunächst wird ein Herr Larbin, Geschäfts¬
agent, vernommen, der mit Herrn Ferraris und einem gewissen Herrn Perdignier
den Hofstaat des angeblichen Prinzen bildete, und besonders seine Ordensange¬
legenheiten besorgte. Präsident: Hat der Angeklagte Ihnen mehre Grade in
den verschiedenen Orden ertheilt, deren Großmeister er zu sein behauptet? Hat
er Sie selbst zum Baron ernannt? Zeuge: Ja! — P. Wie haben Sie ihn kennen
gelernt? Z. Durch Vermittelung des Herrn Ferraris, der mir immer gutes von
ihm gesagt hat. P. Es mag sein, aber Ferraris hat nicht immer gutes von ihm
geschrieben, denn in einem Briefe, der dnrch Sie dem Angeklagten zugestellt sein
muß, behandelt er ihn als Fälscher und bedroht ihn als solchen dem Publicum
zu denunciren. Z. Ich weiß nichts von den Ausdrücken dieses Briefes. P. Sie
haben mehr gethan, als Decorationen empfangen, Sie haben bei ihrer Verleihung
Theil genommen, gab es nicht einen Tarif dafür? Z. Man entrichtet gewisse
Kanzleigebühren. P., nachdem er die Sätze des Tarifs näher bezeichnet: Es
war also nicht das Verdienst, welches diese Kreuze erhalten machte, sondern das
Geld? Z. Man mußte sehr ehrenwerth sein. Se. Hoheit hatte mir empfohlen,
ihm zur Verleihung dieser Kreuze uur Künstler und ausgezeichnete Schriftsteller zu
präsentiren. P. Welche Gründe haben Sie, diesen Menschen als Prinzen und
Hoheit zu behandeln? Z. Das Buch des Herrn Ferraris gibt ihm diese Titel. Der
Staatsanwalt verliest ein Memoire, welches der Zeuge über seine Beziehungen
zum Angeklagte» an den Jnstrnctionsrichter gerichtet hat, worin er erzählt, daß
er Herr» Ferraris, der mit mehren Orden des Prinze» decorirt war, Geld zur
schon erwähnte» Broschüre geliehen und dieser ihm dafür das Ritterkreuz des
Ordens der Erlösung zugesagt habe. Einige Zeit darauf, so heißt es weiter,
sagte er mir, der Prinz findet Sie sehr liebenswürdig, er schickt Ihnen das
Offizierkreuz des Ordens der Erlösung; es sind nnr 300 Francs Kanzleigebühren
dafür zu entrichten. Der Prinz beabsichtigt Sie zum Baron und selbst zum
Grafen zu macheu. O, antwortete ich, der Prinz ist zu gütig, das ist mehr,
als ich jemals geträumt habe, ich weiß uicht, wie ich mich solcher Ehre würdig
macheu soll. Ich lieh Herr» Ferraris noch weitere hundert Francs, um die
Correctur der Abzüge und andere Kosten zu bezahlen; er forderte mich hernach
auf, nach Genua zu reisen, um dem Prinzen zu danken; ich wurde sehr gut
empfangen; einige Tage später schickte er mir ein Baronsdiplom. Ich empfing
den Besuch des Herrn Perdiguier, seines Secretärs, der mir seine Freund-


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[0224] Der General Siviecicki bezeugt, daß seiner Ansicht nach die von dem Angeklagten vorgelegten Dienstpapiere falsch seien, was der General Nibynski bestätigt; der Präsident erwähnt hierbei eines Diebstahls von Papieren, welche, wie in den Registern der Emigration stände, einem Offizier, Namens Mnrzynowski von einem in dessen Diensten befindliche» Soldaten gestohlen worden wären, worauf der Zeuge entgegnet, daß man keinen Grund habe, diese Angabe für richtig zu halten, ja nicht einmal wisse, woher sie käme. Zunächst wird ein Herr Larbin, Geschäfts¬ agent, vernommen, der mit Herrn Ferraris und einem gewissen Herrn Perdignier den Hofstaat des angeblichen Prinzen bildete, und besonders seine Ordensange¬ legenheiten besorgte. Präsident: Hat der Angeklagte Ihnen mehre Grade in den verschiedenen Orden ertheilt, deren Großmeister er zu sein behauptet? Hat er Sie selbst zum Baron ernannt? Zeuge: Ja! — P. Wie haben Sie ihn kennen gelernt? Z. Durch Vermittelung des Herrn Ferraris, der mir immer gutes von ihm gesagt hat. P. Es mag sein, aber Ferraris hat nicht immer gutes von ihm geschrieben, denn in einem Briefe, der dnrch Sie dem Angeklagten zugestellt sein muß, behandelt er ihn als Fälscher und bedroht ihn als solchen dem Publicum zu denunciren. Z. Ich weiß nichts von den Ausdrücken dieses Briefes. P. Sie haben mehr gethan, als Decorationen empfangen, Sie haben bei ihrer Verleihung Theil genommen, gab es nicht einen Tarif dafür? Z. Man entrichtet gewisse Kanzleigebühren. P., nachdem er die Sätze des Tarifs näher bezeichnet: Es war also nicht das Verdienst, welches diese Kreuze erhalten machte, sondern das Geld? Z. Man mußte sehr ehrenwerth sein. Se. Hoheit hatte mir empfohlen, ihm zur Verleihung dieser Kreuze uur Künstler und ausgezeichnete Schriftsteller zu präsentiren. P. Welche Gründe haben Sie, diesen Menschen als Prinzen und Hoheit zu behandeln? Z. Das Buch des Herrn Ferraris gibt ihm diese Titel. Der Staatsanwalt verliest ein Memoire, welches der Zeuge über seine Beziehungen zum Angeklagte» an den Jnstrnctionsrichter gerichtet hat, worin er erzählt, daß er Herr» Ferraris, der mit mehren Orden des Prinze» decorirt war, Geld zur schon erwähnte» Broschüre geliehen und dieser ihm dafür das Ritterkreuz des Ordens der Erlösung zugesagt habe. Einige Zeit darauf, so heißt es weiter, sagte er mir, der Prinz findet Sie sehr liebenswürdig, er schickt Ihnen das Offizierkreuz des Ordens der Erlösung; es sind nnr 300 Francs Kanzleigebühren dafür zu entrichten. Der Prinz beabsichtigt Sie zum Baron und selbst zum Grafen zu macheu. O, antwortete ich, der Prinz ist zu gütig, das ist mehr, als ich jemals geträumt habe, ich weiß uicht, wie ich mich solcher Ehre würdig macheu soll. Ich lieh Herr» Ferraris noch weitere hundert Francs, um die Correctur der Abzüge und andere Kosten zu bezahlen; er forderte mich hernach auf, nach Genua zu reisen, um dem Prinzen zu danken; ich wurde sehr gut empfangen; einige Tage später schickte er mir ein Baronsdiplom. Ich empfing den Besuch des Herrn Perdiguier, seines Secretärs, der mir seine Freund-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/224>, abgerufen am 23.07.2024.