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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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bezahlt dann den Rest nach fester Taxe, das Kupfer zu 6 Piaster den Batmau
(66 Pfd.), das Silber zu 3 Paras die Dreme, das Blei zu 31 Paras die Ol.
Trotz der soweit zurückgebliebenen Schmelz- und Ausbentungsmethvde zieht die türkische
Regierung von den Bergwerken Kleinasiens einen jährlichen Nettogewinn von
2V- Million Francs.

Das Haupthinderniß aber, welches dem Aufblühen der materiellen Inter¬
essen Kleinasiens im Wege steht, bleiben immer die allgemeinen Zustände des
Landes. An eigentlichen Landstraßen fehlt es gänzlich, und da, wo man unter
dem Verwände welche zu bauen einige Steine zusammengehäuft hat, werden diese
rohen Versuche im Straßenbau eher zu Hindernissen des Verkehrs, und sowol
Fußgänger wie Reiter sollten wohl Sorge tragen, sich von ihnen fern zu halten.
Ebensowenig ist für die Flüsse gethan, die allerdings, um schiffbar gemacht zu
werden, sehr beträchtliche Arbeiten bedürfen, denn die in Kleinasien sonst so frei¬
gebige Natur hat es in dieser einen Hinsicht etwas vernachlässigt. Desto besser
eignen sich die Küsten zur Schiffahrt, und hauptsächlich die westliche und südliche Küste,
wo es eine Menge schöne natürliche Häfen gibt. Die ganze Küste entlang reihen
sich Buchten und Krihks aneinander, die da, wo sie nicht genügend vor dem Süd¬
oder Westwind geschützt sind, leicht durch sehr geringfügige Arbeiten ganz sicher
gemacht werde" können. Aber außer diesen Häfen, denen dnrch die Kunst noch
nachgeholfen werden müßte, gibt es mehre Lokalitäten, welche die Natur schon voll¬
kommen gemacht hat. Außer dem prächtigen Golfe von Smyrna sind dies die
Buchten von Mermeridscha, Main und Kastellorizo, welche geräumig, tief und von '
der Natur von allen Seiten geschützt sind. Für den Absatz der Producte des
Binnenlands sind die kleinen Hafenorte der Südküste Selefke, Kalendria, Main,
Adalia !c. von sehr großer Wichtigkeit. Zahlreiche Agenten griechischer, Triester
und englicher Häuser kaufcnhier die Landeserzeugnisse auf, um sie entweder direct,
meistens aber über Smyrna nach Europa zu schicken. Weit weniger reich an
Häfen ist die Nordküste des Landes am schwarzen Meere; von Skutari bis zur
russischen Grenze am Kaukasus sind alle Buchten dem hier so häufigen und hef¬
tigen Nordwinde mehr oder weniger ausgesetzt. Selbst der durch seiue Lage
und seine Größe wichtigste dieser Häfen, der von Batur, leidet an diesem Mangel,
dem aber in diesem Falle unschwer abzuhelfen ist.

Weitere Hindernisse einer gedeihlichen Entwickelung Kleinasiens sind der
schlechte Zustand der Finanzen des türkischen Reichs, der Mangel an Rechtsschutz,
die Unsicherheit des Eigenthums und die Abwesenheit von Garantien für persön¬
liche Sicherheit. Die jährlichen Staatseinnahmen der Türkei lassen sich auf
600 Millionen Piaster veranschlagen, eine sehr mäßige Summe bei den reiche"
Hilfsquellen des Landes, deren Geringfügigkeit sich aber dnrch die schlechte Ein¬
richtung der Finanzverwaltung erklären läßt. Die wichtigsten Zweige der Staats¬
einnahmen sind nämlich an die Meistbietenden verpachtet. Da die Regierung sich


Greiizboten. III. -I8l>Z. 27

bezahlt dann den Rest nach fester Taxe, das Kupfer zu 6 Piaster den Batmau
(66 Pfd.), das Silber zu 3 Paras die Dreme, das Blei zu 31 Paras die Ol.
Trotz der soweit zurückgebliebenen Schmelz- und Ausbentungsmethvde zieht die türkische
Regierung von den Bergwerken Kleinasiens einen jährlichen Nettogewinn von
2V- Million Francs.

Das Haupthinderniß aber, welches dem Aufblühen der materiellen Inter¬
essen Kleinasiens im Wege steht, bleiben immer die allgemeinen Zustände des
Landes. An eigentlichen Landstraßen fehlt es gänzlich, und da, wo man unter
dem Verwände welche zu bauen einige Steine zusammengehäuft hat, werden diese
rohen Versuche im Straßenbau eher zu Hindernissen des Verkehrs, und sowol
Fußgänger wie Reiter sollten wohl Sorge tragen, sich von ihnen fern zu halten.
Ebensowenig ist für die Flüsse gethan, die allerdings, um schiffbar gemacht zu
werden, sehr beträchtliche Arbeiten bedürfen, denn die in Kleinasien sonst so frei¬
gebige Natur hat es in dieser einen Hinsicht etwas vernachlässigt. Desto besser
eignen sich die Küsten zur Schiffahrt, und hauptsächlich die westliche und südliche Küste,
wo es eine Menge schöne natürliche Häfen gibt. Die ganze Küste entlang reihen
sich Buchten und Krihks aneinander, die da, wo sie nicht genügend vor dem Süd¬
oder Westwind geschützt sind, leicht durch sehr geringfügige Arbeiten ganz sicher
gemacht werde» können. Aber außer diesen Häfen, denen dnrch die Kunst noch
nachgeholfen werden müßte, gibt es mehre Lokalitäten, welche die Natur schon voll¬
kommen gemacht hat. Außer dem prächtigen Golfe von Smyrna sind dies die
Buchten von Mermeridscha, Main und Kastellorizo, welche geräumig, tief und von '
der Natur von allen Seiten geschützt sind. Für den Absatz der Producte des
Binnenlands sind die kleinen Hafenorte der Südküste Selefke, Kalendria, Main,
Adalia !c. von sehr großer Wichtigkeit. Zahlreiche Agenten griechischer, Triester
und englicher Häuser kaufcnhier die Landeserzeugnisse auf, um sie entweder direct,
meistens aber über Smyrna nach Europa zu schicken. Weit weniger reich an
Häfen ist die Nordküste des Landes am schwarzen Meere; von Skutari bis zur
russischen Grenze am Kaukasus sind alle Buchten dem hier so häufigen und hef¬
tigen Nordwinde mehr oder weniger ausgesetzt. Selbst der durch seiue Lage
und seine Größe wichtigste dieser Häfen, der von Batur, leidet an diesem Mangel,
dem aber in diesem Falle unschwer abzuhelfen ist.

Weitere Hindernisse einer gedeihlichen Entwickelung Kleinasiens sind der
schlechte Zustand der Finanzen des türkischen Reichs, der Mangel an Rechtsschutz,
die Unsicherheit des Eigenthums und die Abwesenheit von Garantien für persön¬
liche Sicherheit. Die jährlichen Staatseinnahmen der Türkei lassen sich auf
600 Millionen Piaster veranschlagen, eine sehr mäßige Summe bei den reiche»
Hilfsquellen des Landes, deren Geringfügigkeit sich aber dnrch die schlechte Ein¬
richtung der Finanzverwaltung erklären läßt. Die wichtigsten Zweige der Staats¬
einnahmen sind nämlich an die Meistbietenden verpachtet. Da die Regierung sich


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[0217] bezahlt dann den Rest nach fester Taxe, das Kupfer zu 6 Piaster den Batmau (66 Pfd.), das Silber zu 3 Paras die Dreme, das Blei zu 31 Paras die Ol. Trotz der soweit zurückgebliebenen Schmelz- und Ausbentungsmethvde zieht die türkische Regierung von den Bergwerken Kleinasiens einen jährlichen Nettogewinn von 2V- Million Francs. Das Haupthinderniß aber, welches dem Aufblühen der materiellen Inter¬ essen Kleinasiens im Wege steht, bleiben immer die allgemeinen Zustände des Landes. An eigentlichen Landstraßen fehlt es gänzlich, und da, wo man unter dem Verwände welche zu bauen einige Steine zusammengehäuft hat, werden diese rohen Versuche im Straßenbau eher zu Hindernissen des Verkehrs, und sowol Fußgänger wie Reiter sollten wohl Sorge tragen, sich von ihnen fern zu halten. Ebensowenig ist für die Flüsse gethan, die allerdings, um schiffbar gemacht zu werden, sehr beträchtliche Arbeiten bedürfen, denn die in Kleinasien sonst so frei¬ gebige Natur hat es in dieser einen Hinsicht etwas vernachlässigt. Desto besser eignen sich die Küsten zur Schiffahrt, und hauptsächlich die westliche und südliche Küste, wo es eine Menge schöne natürliche Häfen gibt. Die ganze Küste entlang reihen sich Buchten und Krihks aneinander, die da, wo sie nicht genügend vor dem Süd¬ oder Westwind geschützt sind, leicht durch sehr geringfügige Arbeiten ganz sicher gemacht werde» können. Aber außer diesen Häfen, denen dnrch die Kunst noch nachgeholfen werden müßte, gibt es mehre Lokalitäten, welche die Natur schon voll¬ kommen gemacht hat. Außer dem prächtigen Golfe von Smyrna sind dies die Buchten von Mermeridscha, Main und Kastellorizo, welche geräumig, tief und von ' der Natur von allen Seiten geschützt sind. Für den Absatz der Producte des Binnenlands sind die kleinen Hafenorte der Südküste Selefke, Kalendria, Main, Adalia !c. von sehr großer Wichtigkeit. Zahlreiche Agenten griechischer, Triester und englicher Häuser kaufcnhier die Landeserzeugnisse auf, um sie entweder direct, meistens aber über Smyrna nach Europa zu schicken. Weit weniger reich an Häfen ist die Nordküste des Landes am schwarzen Meere; von Skutari bis zur russischen Grenze am Kaukasus sind alle Buchten dem hier so häufigen und hef¬ tigen Nordwinde mehr oder weniger ausgesetzt. Selbst der durch seiue Lage und seine Größe wichtigste dieser Häfen, der von Batur, leidet an diesem Mangel, dem aber in diesem Falle unschwer abzuhelfen ist. Weitere Hindernisse einer gedeihlichen Entwickelung Kleinasiens sind der schlechte Zustand der Finanzen des türkischen Reichs, der Mangel an Rechtsschutz, die Unsicherheit des Eigenthums und die Abwesenheit von Garantien für persön¬ liche Sicherheit. Die jährlichen Staatseinnahmen der Türkei lassen sich auf 600 Millionen Piaster veranschlagen, eine sehr mäßige Summe bei den reiche» Hilfsquellen des Landes, deren Geringfügigkeit sich aber dnrch die schlechte Ein¬ richtung der Finanzverwaltung erklären läßt. Die wichtigsten Zweige der Staats¬ einnahmen sind nämlich an die Meistbietenden verpachtet. Da die Regierung sich Greiizboten. III. -I8l>Z. 27

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/217>, abgerufen am 03.07.2024.