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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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Gruben von Argana-Madene, gehören zu den reichsten der Welt. Sie bestehen
aus einem großen Nest von Kupferschwefelkies in einem Uebergangskalk, dessen
Ausdehnung noch gar nicht vollständig bekannt ist. Der bis jetzt bebaute Theil
des Lagers hat in der Richtung von Osten nach Westen eine Ausdehnung von
6 Kilometer; die Länge der senkrechten Axe des ungeheuren Lagers ist noch nicht
bekannt; der mittlere Theil des Nestes aber enthält Kupferkies von 30 -- 40
Gehalt. Leider hemmen mehre Ursachen die vollständige Benutzung eines
Bergwerks, das für die türkische Regierung eine unerschöpfliche Quelle des Reich¬
thums werden könnte. Die schlechte Organisation der Verwaltung der. Bergwerke
ist die erste, dieser Ursachen. Die Regierung, der Mitwirkung tüchtiger Beamten
beraubt, muß das Erz, das ihr die unwissenden Unternehmer, welche die Gruben
von Argana-Madene gepachtet haben, liefern, fast ohne Controle annehmen. Es
wird an der Grube selbst sehr unvollkommen geröstet, dann mit großen Unkosten
nach Tokat gebracht, und dort abermals geröstet. Dadurch wird nicht nur viel
Brennmaterial, sonder" anch große Transportkosten unnütz verwendet, denn die
Entfernung von Argana nach Tokat beträgt mehr als 80 Stunden, und minde¬
stens ein Drittel des Gewichts könnte schon an der Grube ausgeschieden werdend
Mindestens 4000 Centner werde" jährlich auf diese Weise unnütz auf einer Strecke
transportirt, zu deren Zurücklegung die Kameele und andre Lastthiere 10 --Is
Tage brauchen.

Allerdings beauftragte die Regierung östreichische Bergverständige mit
der Leitung der Grubenarbeiter in Argana; aber diese Herren wollten ganz na¬
türlich erst Grund legen, ehe sie Ausbeute erwarteten, und legten tiefe Entwässe¬
rungsstolle" an, um auch für zukünftige Arbeiten vor dem Wasser geschützt zu sein.
Dieses methodische Verfahren gefiel jedoch der türkischen Regierung durchaus
nicht, denn diese wollte vor allen Dingen und ohne Verzug recht viel Kupfer
sehen. Daher beeilte sie sich, die östreichische" Ingenieure zu entlassen, sowie ihr
Engagement abgelaufen war, und die Arbeiten wieder den Armeniern zu über¬
geben. Diese ließe" die von den Ungläubigen angefangenen Bauten liegen, und
befolgten wieder die alte Weise. Gegenwärtig ist das reichste Kupfcrlager von
der Welt in dem beklagenswerthesten Zustand.

Ein andrer Umstand, welcher das Aufblühen des Bergbaues in Kleinasien
hindert, ist der, daß jeder türkische Unterthan, von welcher Religion er sei, Berg¬
bau treiben darf, daß das Gesetz Ausländern jedoch dieses Recht ansdrücklich ab¬
spricht. Wer ein Erzlager entdeckt und es abhauen will, muß von der Regie¬
rung eine Concession haben, die ans mindestens 10 und höchstens 20Jahr lautet. Nach
Ablauf dieser Frist kaun die Concession erneuert werde". Sie verpflichtet de"
Inhaber der Regierung 20 von der Ausbeute zu zahlen, und den dazu be¬
stimmten Behörden alles gewonnene Erz zu übergeben, denn das Schmelze" ist
Privatleute" streng untersagt. Die Regierung zieht erst ihre 20 "/<> ab, und


Gruben von Argana-Madene, gehören zu den reichsten der Welt. Sie bestehen
aus einem großen Nest von Kupferschwefelkies in einem Uebergangskalk, dessen
Ausdehnung noch gar nicht vollständig bekannt ist. Der bis jetzt bebaute Theil
des Lagers hat in der Richtung von Osten nach Westen eine Ausdehnung von
6 Kilometer; die Länge der senkrechten Axe des ungeheuren Lagers ist noch nicht
bekannt; der mittlere Theil des Nestes aber enthält Kupferkies von 30 — 40
Gehalt. Leider hemmen mehre Ursachen die vollständige Benutzung eines
Bergwerks, das für die türkische Regierung eine unerschöpfliche Quelle des Reich¬
thums werden könnte. Die schlechte Organisation der Verwaltung der. Bergwerke
ist die erste, dieser Ursachen. Die Regierung, der Mitwirkung tüchtiger Beamten
beraubt, muß das Erz, das ihr die unwissenden Unternehmer, welche die Gruben
von Argana-Madene gepachtet haben, liefern, fast ohne Controle annehmen. Es
wird an der Grube selbst sehr unvollkommen geröstet, dann mit großen Unkosten
nach Tokat gebracht, und dort abermals geröstet. Dadurch wird nicht nur viel
Brennmaterial, sonder» anch große Transportkosten unnütz verwendet, denn die
Entfernung von Argana nach Tokat beträgt mehr als 80 Stunden, und minde¬
stens ein Drittel des Gewichts könnte schon an der Grube ausgeschieden werdend
Mindestens 4000 Centner werde» jährlich auf diese Weise unnütz auf einer Strecke
transportirt, zu deren Zurücklegung die Kameele und andre Lastthiere 10 —Is
Tage brauchen.

Allerdings beauftragte die Regierung östreichische Bergverständige mit
der Leitung der Grubenarbeiter in Argana; aber diese Herren wollten ganz na¬
türlich erst Grund legen, ehe sie Ausbeute erwarteten, und legten tiefe Entwässe¬
rungsstolle» an, um auch für zukünftige Arbeiten vor dem Wasser geschützt zu sein.
Dieses methodische Verfahren gefiel jedoch der türkischen Regierung durchaus
nicht, denn diese wollte vor allen Dingen und ohne Verzug recht viel Kupfer
sehen. Daher beeilte sie sich, die östreichische» Ingenieure zu entlassen, sowie ihr
Engagement abgelaufen war, und die Arbeiten wieder den Armeniern zu über¬
geben. Diese ließe» die von den Ungläubigen angefangenen Bauten liegen, und
befolgten wieder die alte Weise. Gegenwärtig ist das reichste Kupfcrlager von
der Welt in dem beklagenswerthesten Zustand.

Ein andrer Umstand, welcher das Aufblühen des Bergbaues in Kleinasien
hindert, ist der, daß jeder türkische Unterthan, von welcher Religion er sei, Berg¬
bau treiben darf, daß das Gesetz Ausländern jedoch dieses Recht ansdrücklich ab¬
spricht. Wer ein Erzlager entdeckt und es abhauen will, muß von der Regie¬
rung eine Concession haben, die ans mindestens 10 und höchstens 20Jahr lautet. Nach
Ablauf dieser Frist kaun die Concession erneuert werde». Sie verpflichtet de»
Inhaber der Regierung 20 von der Ausbeute zu zahlen, und den dazu be¬
stimmten Behörden alles gewonnene Erz zu übergeben, denn das Schmelze» ist
Privatleute» streng untersagt. Die Regierung zieht erst ihre 20 "/<> ab, und


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[0216] Gruben von Argana-Madene, gehören zu den reichsten der Welt. Sie bestehen aus einem großen Nest von Kupferschwefelkies in einem Uebergangskalk, dessen Ausdehnung noch gar nicht vollständig bekannt ist. Der bis jetzt bebaute Theil des Lagers hat in der Richtung von Osten nach Westen eine Ausdehnung von 6 Kilometer; die Länge der senkrechten Axe des ungeheuren Lagers ist noch nicht bekannt; der mittlere Theil des Nestes aber enthält Kupferkies von 30 — 40 Gehalt. Leider hemmen mehre Ursachen die vollständige Benutzung eines Bergwerks, das für die türkische Regierung eine unerschöpfliche Quelle des Reich¬ thums werden könnte. Die schlechte Organisation der Verwaltung der. Bergwerke ist die erste, dieser Ursachen. Die Regierung, der Mitwirkung tüchtiger Beamten beraubt, muß das Erz, das ihr die unwissenden Unternehmer, welche die Gruben von Argana-Madene gepachtet haben, liefern, fast ohne Controle annehmen. Es wird an der Grube selbst sehr unvollkommen geröstet, dann mit großen Unkosten nach Tokat gebracht, und dort abermals geröstet. Dadurch wird nicht nur viel Brennmaterial, sonder» anch große Transportkosten unnütz verwendet, denn die Entfernung von Argana nach Tokat beträgt mehr als 80 Stunden, und minde¬ stens ein Drittel des Gewichts könnte schon an der Grube ausgeschieden werdend Mindestens 4000 Centner werde» jährlich auf diese Weise unnütz auf einer Strecke transportirt, zu deren Zurücklegung die Kameele und andre Lastthiere 10 —Is Tage brauchen. Allerdings beauftragte die Regierung östreichische Bergverständige mit der Leitung der Grubenarbeiter in Argana; aber diese Herren wollten ganz na¬ türlich erst Grund legen, ehe sie Ausbeute erwarteten, und legten tiefe Entwässe¬ rungsstolle» an, um auch für zukünftige Arbeiten vor dem Wasser geschützt zu sein. Dieses methodische Verfahren gefiel jedoch der türkischen Regierung durchaus nicht, denn diese wollte vor allen Dingen und ohne Verzug recht viel Kupfer sehen. Daher beeilte sie sich, die östreichische» Ingenieure zu entlassen, sowie ihr Engagement abgelaufen war, und die Arbeiten wieder den Armeniern zu über¬ geben. Diese ließe» die von den Ungläubigen angefangenen Bauten liegen, und befolgten wieder die alte Weise. Gegenwärtig ist das reichste Kupfcrlager von der Welt in dem beklagenswerthesten Zustand. Ein andrer Umstand, welcher das Aufblühen des Bergbaues in Kleinasien hindert, ist der, daß jeder türkische Unterthan, von welcher Religion er sei, Berg¬ bau treiben darf, daß das Gesetz Ausländern jedoch dieses Recht ansdrücklich ab¬ spricht. Wer ein Erzlager entdeckt und es abhauen will, muß von der Regie¬ rung eine Concession haben, die ans mindestens 10 und höchstens 20Jahr lautet. Nach Ablauf dieser Frist kaun die Concession erneuert werde». Sie verpflichtet de» Inhaber der Regierung 20 von der Ausbeute zu zahlen, und den dazu be¬ stimmten Behörden alles gewonnene Erz zu übergeben, denn das Schmelze» ist Privatleute» streng untersagt. Die Regierung zieht erst ihre 20 "/<> ab, und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/216>, abgerufen am 23.07.2024.