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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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gänge hindurch fortgehen. -- 1823 sind einige Nomanzenkreise von Rückert
("Edelstein und Perle"), W. Müller (die von Schubert mit so wunderbarer Tiefe
und Innigkeit componirte "Winterreise") und G. Schwab; einige unbedeutende
Novellen in der altrvmantischcn Weise, Sonette und historische Abhandlungen. --
1824 lyrische, romantische und erzählende Gedichte von Rückert, W. Müller,
Gries, Streckfuß. -- Dann fällt ein Jahrgang ans, und mit -1826 tritt Ludwig
Tieck an die Spitze der Novellen. Er beginnt die Reihe mit seinem "Dichter¬
leben". Bemerkenswerth ist außerdem das Drama: "Der Paria" von Michael
Beer; ferner romantische Gedichte von W. Müller und G. Schwab. Uuter den
Novellisten liefert von dieser Zeit an Johanna Schopenhauer die reichlichsten Bei¬
träge. -- 1827 ist uuter andern eine kleine Novelle von W. Alexis, der übri¬
gens, so vortrefflich er erzählen konnte, wenn er einen breiten Raum für seine
Darstellung hatte, in der kleinen Novelle fast immer geschmacklos ist. -- 1828
ist Tiecks Novelle: "Der Gelehrte" das Beste. -- 1829 eine Bearbeitung der
alten Tragödie: "Karl Stuart" von Gryphius, von . G. Schwab, und unter
andern Novellen auch eine von Spindler und eine von Ludwig Robert, dem
Bruder der Nadel. --

Mit dem Jahre 1830 geht neben der Urania das "historische Taschenbuch"
her, welches noch hente fortbesteht, und doch anch vorzugsweise in die Reihe der
Uuterhaltnngslectüre gerechnet werden muß. Die Urania enthält die Bearbeitung
der Volkssage von der Griseldis, in Romanzen von G. Schwab; ferner von
Tieck "das Zauberschloß". Wir bemerken gelegentlich, daß auch im Felde der
Novellistik die Preisausschreibungen nicht viel genutzt haben. Brockhaus stellte
nicht unbedeutende Preise: zehn Louisdor für den sehr kleinen Bogen als erster,
fünf Louisdor als zweiter Preis; aber es ist nichts Kluges daraus geworden.--
1831 enthält: "der griechische Kaiser" von Tieck, "die Düvecke" von L. Schefer
und eine Uebersetzung der "Orientale"" V. Hugos von G. Schwab. Das ist
übrigens die letzte lyrische Leistung der Urania. Seit der Zeit beschränkte sie sich
ausschließlich auf Novellen. Wir heben darunter nur "och die bemerkenswerthesten
hervor. 1832 "der Mondsüchtige" von Tieck, eine Novelle von W. Alexis und
G. Döring sind so auffallend im Hoffmanaschen Geschmack geschrieben, wie es nicht
leicht von einem talentvollen Nachahmer geschehen ist. -- 1833 "die Ahnenprobe"
von Tieck und eine Novelle von PoSgarn, jenem neuauftauchenden Gestirn, das
aber nicht lange Zeit leuchtete. 1834 eine Sommerreise von Tieck, und u. A.
eine Novelle von Eduard Möricke. 183S "die Reise ins Blane" von Tieck. Seit
der Zeit beginnt die regelmäßige und sast ununterbrochene Theilnahme von A. v.
Sternberg und Emereutius Scävola. Bei dem erster" wird man bei dem
Durchblättern dieser Novellen doch gewahr, daß ein sehr bedeutendes Talent
vergeudet ist, wenn auch dieses Talent eigentlich mehr receptiver Natur war.
Gleich im folgenden Jahr haben wir von ihm e-me Kunstnovelle: "die Gebrüder


Grenzlwten. III, 2S

gänge hindurch fortgehen. — 1823 sind einige Nomanzenkreise von Rückert
(„Edelstein und Perle"), W. Müller (die von Schubert mit so wunderbarer Tiefe
und Innigkeit componirte „Winterreise") und G. Schwab; einige unbedeutende
Novellen in der altrvmantischcn Weise, Sonette und historische Abhandlungen. —
1824 lyrische, romantische und erzählende Gedichte von Rückert, W. Müller,
Gries, Streckfuß. — Dann fällt ein Jahrgang ans, und mit -1826 tritt Ludwig
Tieck an die Spitze der Novellen. Er beginnt die Reihe mit seinem „Dichter¬
leben". Bemerkenswerth ist außerdem das Drama: „Der Paria" von Michael
Beer; ferner romantische Gedichte von W. Müller und G. Schwab. Uuter den
Novellisten liefert von dieser Zeit an Johanna Schopenhauer die reichlichsten Bei¬
träge. — 1827 ist uuter andern eine kleine Novelle von W. Alexis, der übri¬
gens, so vortrefflich er erzählen konnte, wenn er einen breiten Raum für seine
Darstellung hatte, in der kleinen Novelle fast immer geschmacklos ist. — 1828
ist Tiecks Novelle: „Der Gelehrte" das Beste. — 1829 eine Bearbeitung der
alten Tragödie: „Karl Stuart" von Gryphius, von . G. Schwab, und unter
andern Novellen auch eine von Spindler und eine von Ludwig Robert, dem
Bruder der Nadel. —

Mit dem Jahre 1830 geht neben der Urania das „historische Taschenbuch"
her, welches noch hente fortbesteht, und doch anch vorzugsweise in die Reihe der
Uuterhaltnngslectüre gerechnet werden muß. Die Urania enthält die Bearbeitung
der Volkssage von der Griseldis, in Romanzen von G. Schwab; ferner von
Tieck „das Zauberschloß". Wir bemerken gelegentlich, daß auch im Felde der
Novellistik die Preisausschreibungen nicht viel genutzt haben. Brockhaus stellte
nicht unbedeutende Preise: zehn Louisdor für den sehr kleinen Bogen als erster,
fünf Louisdor als zweiter Preis; aber es ist nichts Kluges daraus geworden.—
1831 enthält: „der griechische Kaiser" von Tieck, „die Düvecke" von L. Schefer
und eine Uebersetzung der „Orientale»" V. Hugos von G. Schwab. Das ist
übrigens die letzte lyrische Leistung der Urania. Seit der Zeit beschränkte sie sich
ausschließlich auf Novellen. Wir heben darunter nur »och die bemerkenswerthesten
hervor. 1832 „der Mondsüchtige" von Tieck, eine Novelle von W. Alexis und
G. Döring sind so auffallend im Hoffmanaschen Geschmack geschrieben, wie es nicht
leicht von einem talentvollen Nachahmer geschehen ist. — 1833 „die Ahnenprobe"
von Tieck und eine Novelle von PoSgarn, jenem neuauftauchenden Gestirn, das
aber nicht lange Zeit leuchtete. 1834 eine Sommerreise von Tieck, und u. A.
eine Novelle von Eduard Möricke. 183S „die Reise ins Blane" von Tieck. Seit
der Zeit beginnt die regelmäßige und sast ununterbrochene Theilnahme von A. v.
Sternberg und Emereutius Scävola. Bei dem erster» wird man bei dem
Durchblättern dieser Novellen doch gewahr, daß ein sehr bedeutendes Talent
vergeudet ist, wenn auch dieses Talent eigentlich mehr receptiver Natur war.
Gleich im folgenden Jahr haben wir von ihm e-me Kunstnovelle: „die Gebrüder


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/201>, abgerufen am 01.10.2024.